Costa de Pájaros – Küste der Vögel

von 15 marie  

Ein erster Eindruck. Costa de Pájaros ist ein kleines Fischerdorf am Golf von Nicoya. Hier leben rund fünftausend Menschen in bunten Wellblechhütten. Die sie umgebenden Gärten sind karg und fruchtbar zugleich. Auf dem Lehmboden stehen viele verschiedene Pflanzen, die in den unterschiedlichsten Farben blühen. Es gibt sehr viele Hunde, Katzen und Hühner, die alle frei herumlaufen. Mindestens genauso viele Kinder leben hier.

Schnell wird auch klar, woher das Dorf seinen Namen hat. Viele Meeresvögel ziehen ihre Kreise hoch über den Dächern, und in den Bäumen hört man es zwitschern und zetern. Im Meer vor dem Ort liegen mehrere kleine Inseln. Die größte davon, die Isla de Pájaros, ist sogar ein Vogelreservat, was man zu hören, riechen und sehen bekommt.

Zwei Straßen führen die Einwohner raus aus ihrer Heimat. Eine geht in Richtung Limonal und die andere in Richtung Puntarenas.

Esther erzählt mir, dass die Bewohner des Dorfes sehr liebenswürdig sind. Ständig trifft man jemanden aus seinem Verwandten- oder Bekanntenkreis. Man begrüßt sich und erzählt die neuesten Neuigkeiten. Es gibt eine Schule mit fünfhundert Schülern und neun Kirchen. Die Familie und der Glaube scheinen das wichtigste für die Menschen hier zu sein.

Es ist immer Zeit, um seine Familie zu besuchen. Egal, ob es fünf Minuten oder Stunden sind und ob die Großmutter zweihundert Meter oder zwanzig Kilometer weit weg wohnt. Mindestens drei mal in der Woche sieht man sich. Anders als die meisten Familien in Deutschland, ist der Verwandtenkreis riesig. Man hat ungefähr zwanzig Tanten und Onkel, mindestens fünfzig Nichten und Neffen und gefühlt hundert Cousinen und Cousins. Gastfreundschaft wird hier großgeschrieben, immer wird einem etwas zu essen oder ein Refresco angeboten, ein Stuhl steht schon bereit, bevor man überhaupt das Grundstück betreten hat. Die Zufriedenheit des Gastes scheint auch wichtiger zu sein als das eigene Wohlbefinden. Selbst auf ein „Nein, Danke“ wird dem Gast etwas zu Essen gebracht.

Vor jedem Essen wird gebetet, man hört christliche Musik - in voller Lautstärke – schaut christliche Fernsehsendungen und in der Kirche explodieren die Gefühle. Es wird gelacht, Beifall geklatscht, gesungen, geweint, lauthals zugestimmt, getanzt, geliebt, gespendet, gebetet... Selbst ein Außenstehender kann die Liebe in diesem Moment, im Gottesdienst, spüren.

An sich ist der Alltag aber eher eintönig. Man kann sich zwischen Fernschauen, arbeiten und essen entscheiden. Dementsprechend ist der Großteil hier übergewichtig. Einige Jugendliche nehmen Drogen. Arbeit findet man hier als Fischer oder als Verkäufer. Wenn einem ein anderer Beruf lieber ist, muss man Costa de Pájaros verlassen. Das ist vielen hier zuwider, denn sie können es sich nicht vorstellen, ohne ihre Familie zu leben.

Eins ist auf jeden Fall klar: Dieses Jahr wird mir die einzigartige Möglichkeit geben, die Welt von einem anderen Blickwinkel, aus der Sicht einer anderen Kultur zu sehen. Costa de Pájaros stellt einen riesigen Kontrast zu meiner Heimatstadt in Deutschland dar. Ich werde sehr viel von den Menschen und über sie lernen. Eine unglaubliche und einzigartige Möglichkeit, die ich von Tag zu Tag mehr zu schätzen weiß. Denn die Erfahrungen und Erinnerungen werden mir für immer bleiben.

BlogNo:02

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