Fiesta-Erfahrungen

von 15 eike  

Santa Cruz: 14.-19. Januar, ganz Costa Rica weiß was das bedeuted: „Fiestas tipicas nacionales“. Die ganze Stadt steht Kopf. Ich habe das Glück dass ich auch zu dem Zeitpunkt in Santa Cruz wohnte. Fiesta heißt übersetzt Feier, aber was ich in Santa Cruz erlebt habe, würde ich eher als Festival betrachten, das für jeden geöffnet ist und eine ganze Stadt einnimmt. Hier wurde für fast jeden Geschmack was angeboten, das Programm ist voll!

Es herrscht ein Ausnahmezustand auf den Straßen und der Innenstadt, dort wo normalerweise reger Autoverkehr herrschte, haben sich die Straßen mit Menschenmassen gefüllt. Die ganze Innenstadt wurde für die Fiestas hergerichtet und dazu kommen noch ein paar Felder die als Tanzfläche oder für Marktstände herhalten mussten. Ab 5 Uhr morgens bis 12 Uhr abends gibt es die Bomben, die man noch in 10 km Entfernung hört, teilweise 100 Stück in einer Stunde. Die typische Guanacastekischen Fiestarufe sind unüberhörbar und in jeder Ecke, sie drücken die Freude der Menschen aus und ähnelnd der eines Vogels.


Kirchlicher Umzug in der früh.


FolkloretänzerInnen begleiten den Umzug.


Der ganze Stolz der Region: die Fiestaköniginnen.


Mindestens so wichtig wie die Stiere: die Pferde.


In der Arena ist dann viel los.

Leute kommen von weit weg hergereist, um Stolz ihre Pferde zu präsentieren. Mitten in den Straßen oder vor einer Bar sitzen oder sogar tanzen sie auf ihren hohen Rössern, währenddessen trinken oder duschen sie sich mit einem Bier, um sie herum Menschenmassen, Musikanten und Lautsprecher. Überall gibt es Essensstände und aufgebaute Bars. Und wenn der Tag nicht schon genug Feier war, wird die Nacht halt auch noch zum Tag gemacht. Es gibt Konzerte oder einen DJ und immer eine Gelegenheit zum Tanzen, Feuerwerke verschönern so einige Nächte den Sternenhimmel, es werden Freundschaften geschlossen, auch wenn es nur für eine Nacht ist. „Die Fiestas“, man erlebt sie mit allen 5 Sinnen: man hört, sieht, riecht, schmeckt und fühlt sie und von jung bis alt ist jeder dabei.

Kaum zu glauben dass der Ursprung dieser Events ein religiöser ist. Auch wenn er etwas religiös angefangen hat: 5 Uhr morgens am ersten Tag wurde sich für den halben Tag ein Fußmarsch vorgenommen mit mehreren Gebeten und Gottesdiensten, traditionellen Tanzvorführungen und einen Musikumzug. Das war aber auch schon fast alles an Religion was ich mitbekommen habe, außer dass die Gottesdienste manchmal noch mehr besucht wurden als sonst. Hierfür wurden ursprünglich Feiertage in Santa Cruz eingerichtet, um offiziell den schwarzen Santo von Santa Cruz zu ehren.

„Habe ich Spaß wegen Stieren oder habe ich Spaß trotz Stieren?“ Und jetzt zu einen der Hauptattraktionen dieser Fiestas, den „Toros“, den Stieren. Jetzt denkt ihr wahrscheinlich so wie ich zuerst, dass es sich um die traditionellen spanischen Tierkämpfe handelt, wo dem Menschen zugejubelt wird, der mehrmals mit einem langen scharfen Messer in einen Stier einsticht bis das Tier stirbt, aber nein hier ist das noch etwas anders.

Als ich gefragt wurde, ob ich mitkommen möchte um mir die Toros anzugucken, war ich erst ziemlich abgeneigt und habe viel nachgefragt. Schnell wurde mir erklärt, dass es hier keine traditionellen spanischen Stierkämpfe gibt. Es wurden mir Videos gezeigt, aber ich war davon trotzdem nicht so beeindruckt und fand sie etwas sinnlos, fand die aber auch nicht so schlimm. Ich wollte allerdings auch nicht voreilig darüber urteilen, bis ich sie mir nicht selbst persönlich angeguckt habe. Also habe ich zugesagt und bin am Sonntag mit meiner Familie dort hingegangen, um mir davon einmal selbst ein Bild zu machen.

Stolze 10.000 CRC (ca.17€) hat der Eintritt gekostet für 4 Stunden Show. Ich war überrascht von wie sehr es mir doch gefallen hat. Ich habe insgesamt 20 Stiere wild in die Arena reinlaufen gesehen, die Arena war gefüllt von Menschen und damit meine ich nicht das Publikum. Beim Einlaufen wurden die wilden Tiere von einem Mann geritten und einmal sogar von zwei. Diese hielten allerdings meistens nicht länger als eine Minute aus und konnten entweder erfolgreich vom Tier abspringen oder wurden vom Tier geworfen. Das ganze Geschehen in der Arena ist nicht ungefährlich gewesen. Allerdings sind auf jeden Fall mehr Menschen als Tiere zu Schaden gekommen. Der Sinn darin liegt glaube ich darin, möglichst viel Nervenkitzel zu spüren und die Männer, die die Stiere reiten oder auch die die sich in der Arena befinden versuchen natürlich möglichst gut davon wegzukommen. Sobald der Stier dann „langweilig“ geworden ist und sich kaum mehr bewegt kommen Cowboys auf einem Pferd und fangen das Tier mit Lasso ein und führen es wieder zum Ausgang. Das ist jetzt erstmal trocken gesagt was dort in der Arena passiert, aber da gehört noch so viel mehr dazu: Musik, Moderation und die Fiestaköniginnen und andere wichtige Menschen kamen in den Pausen eingeritten und haben auch noch eine kleine Tanzshow eingelegt.

Das Publikum war immer voll dabei, zum Beispiel immer als es gefährlich wurde mit den Stieren, wurde aus jeder Ecke geschriehen, zwischendurch hat auch das Publikum zur Musik getanzt, Bier, Essen und Spielzeug wurde von einzelnen Personen verkauft, die sich durch die Sitzreihen quetschten. Es ist in gewisser Weise etwas vergleichbar mit einem Fußballspiel in Deutschland. Wegen der Stimmung, dem ganzen drum herum, dem Entertainment hat es mir letztendlich auch ziemlich gut gefallen und ich kann gut nachvollziehen warum die Tico ihre Stiershow so feiern.

Allerdings gibt es für fast alles zwei Seiten und wenn man genug Leute fragt, findet man heraus dass die Stiere nicht ohne Grund so wild sind. Von jemanden habe ich erfahren, dass die Stiere drei Tage vorher eingesperrt werden und nichts mehr zu fressen bekommen, was natürlich keine schöne Haltung von Tieren ist und was die Wut der Tiere begründet. Außerdem ist es für das Tier sicherlich eine Stresssituation, die es in dem Moment in der Arena ausgesetzt ist. Was danach mit dem Stier passiert weiß ich leider nicht.

Für mich als Fazit fand ich es schön, diese Erfahrung gemacht zu haben, aber ich werde auch diese Stierkämpfe in Zukunft allerdings nicht mehr mit meinen Besuch unterstützen, da sie auf mich trotzdem noch etwas sinnlos wirken. Ich finde sie jetzt allerdings auch noch nicht so groß kritisierenswert, aber falls das jemand anders sieht kann er mir gerne schreiben und ich setze mich gerne damit auseinander. Letztendlich ist es aber auch eine langgehütete Tradition, die in dieser Kultur hier fest verankert ist und damit auch bei Kritik wahrscheinlich nur sehr schwer abgeschafft werden würde.

Eine Sache gibt es dann noch worüber ich schon öfter nachgedacht habe und dass ist das domestizieren von Tieren (Tiere in Menschenhaltung), ich frage mich ganz oft wo es noch ok oder gut ist und wo es aufhört. Einer kauft Eier aus Käfighaltung, aber findet es grausam wenn ein Hund nicht genug Auslauf hat, eine andere ist Reiterin und hält ihr Pferd auch oft in einem kleinen Stall, isst aber trotzdem vegan aus dem Grund, Tiere nicht zum Nutzen der Menschen zu verwenden. Wieder eine andere findet es unmoralisch, die selbst gehaltenen Tiere zu essen, isst aber sonst gerne Fleisch. Vielleicht sind das nicht die besten Beispiele und alles kann man bestimmt irgendwie begründen, aber trotzdem bleibt mir manchmal die Frage, wie man das eine vom anderen unterscheidet.

Das war gerade mal wieder nur ein verwirrender Gedanke von mir, den ich mit euch mitteilen wollte, der wahrscheinlich zu nichts führt, außer vielleicht über manche Sachen nachzudenken und genau das ist mein Ziel. Wenn ihr noch Anmerkung, Kritik oder Inspirationen habt, schreibt mir gerne.

BlogNo:04

1 Kommentar

Kommentar von: Luisa [Besucher]

Hey Eike,

Seit ich hier bin, hat sich meine Einstellung zur Tierhaltung auch um einiges geaendert. Ich glaube, dass wir uns in Deutschland nicht mit dieser Arbeit auseinandersetzen muessen und deswegen vieles grausam oder abstossend finden. Fuer uns sind Tiere Lebewesen mit denen wir uns moralisch verbunden fuehlen, aber eben weil wir oft nur in einem “liebevollen Kontext” mit ihnen zu tun haben. Hier sind sie Nutztiere.

Alles Liebe,
Luisa


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