Wasserkraft in Costa Rica - die scheinbar saubere Energie

von chris_10  

Costa Rica scheint umweltpolitisch ein echtes Vorbild zu sein. Mehr als ein Viertel seiner Wälder stehen in Schutzgebieten, es produziert über 90% seines Strommixes aus erneuerbaren Energiequellen und strebt für das Jahr 2020 gar eine neutral CO₂ - Bilanz an.

Kein Wunder also, dass auch Bundespräsident Wulff Costa Rica in einer ökologischen Vorbild-Rolle sieht (siehe Kaffeekranz mit Bundespräsident Wulff.

st die hier generierte Energie wirklich so sauber wie es scheint? Otto Mendez, ein Umweltaktivist aus La Tigra, sieht das anders. Deshalb ist er extra für einen Abend nach Chachagua gekommen, um uns die andere Seite der Wasserkraft zu präsentieren. Seitdem vor einigen Jahren der Fluss Peñas Blancas quasi vor seiner Haustür aufgestaut wurde, ist Otto aktiv und besucht privat Stauanlagen und dokumentiert seine Beobachtungen auf zahlreichen Fotos und Videos.

Vom Peñas Blancas ist kaum noch was übrig. Oberhalb der Stauanlage sehen die etwa 15 erschienenen Gäste einen reißenden Strom, während auf der anderen Seite der Staumauer ein mickriges “Flüsschen” zwischen den Steinen herfließt. Wie soll das ein Fisch überleben?

Danach folgen weitere Bilder von anderen Projekten. Das staatliche Energieversorger ICE (Instituto Costarricense de Electricidad) besitzt insgesamt 12 große Stauanlagen. Darüber hinaus gibt es viele weitere in privater Hand. In Costa Rica gibt es jedoch ein Gesetz, dass vorschreibt, dass zumindest 10% eines fliessenden Gewässers nicht aufgestaut werden. Am Beispiel des Flusses San Lorenzo sieht man, wie das hierzulande gehandhabt wird. Ein Rohr leitet die restlichen 10% des Flusses um und führt direkt in ein kleines Haus (ironischerweise heißt es “casa ecològica”) mit Turbine. Dort wird also letztendlich doch der ganze Fluss genutzt, um Energie zu gewinnen.

Einen steigenden Energiebedarf hat Costa Rica nicht, doch es gibt schon weitere Pläne für neue Großanlagen. “El Diquis” wäre nach seiner Fertigstellung mit 680 MW das größte Wasserkraftwerk in Mittelamerika. Doch es wird nur gebaut, um Strom in die Nachbarländer zu verkaufen. Hier hat man ja schließlich genug. Im Moment befindet sich das Project im Baustopp, weil das ICE ohne Erlaubnis auf Gebiet von Indianern gebaut hat. Laut einem Nachrichtenbericht scheint es jedoch nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis es eine Einigung beider Seiten gibt.

Doch was spricht eigentlich gegen die Wasserkraft, außer der Einschränkung der Fischwanderung? Beim angestrebten Diquis müssten zunächst erstmal 2200 ha Regenwald weichen. Dazu kommt eine Überflutung im Bereich oberhalb des Damms. Dies führt zur Freisetzung von Methan einem, wie wir längst wissen, viel wirksameren Treibhausgas als CO2. Außerdem geht bei der Aufstauung eines Flusses stets auch ein Wasserverlust mit einher, da bei geringerer Fließgeschwindigkeit mehr Wasser verdunstet. Und schließlich ist durch den Anstieg der Wassertemperatur auch eine Abnahme des Sauerstoffgehaltes zu verzeichnen.

Mit anderen Worten, große Wasserkraftanlagen verändern die lokalen Ökosysteme massiv. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass jeder Staudamm auch eine schleichende Gefahr darstellt, ähnlich wie ein Atomkraftwerk. Bisher gab es kaum Unfälle, aber die Wartung in immer schwierigeren Wetterextremen wird nicht einfacher. Und wenn mal ein Damm brechen sollte, kennt das Wasser keine Gnade, wie in China im Jahre 1975, als 100.000 Menschen ihr Leben verloren.

Man sollte diese Zeilen nicht falsch verstehen. Wasserkraft ist nicht etwas grundsätzlich Schlechtes. Der Vorteil der emissionfreien Stromprodukten soll auch nicht ausgeblendet werden. Aber über die Art und Weise der Nutzung von Wasserkraft sollte vielerorts nochmal nachgedacht werden. Viele kleine Tropfen machen auch einen großen Fluss.

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