Kranke Gedanken

von 15 eike  

Es ist mitten in der Nacht, ich bin krank und damit ich nicht die ganze Zeit nur im Bett liege, habe ich mich für ein paar Stunden auf die Couch gelegt. Zum Einem um ein anderes Liegegefühl zu haben und zum anderen um die angesammelte Hitze der Körperwärme, die sich im Bett angesammelt hat, loszuwerden und das Bett wieder auskühlen zu lassen. Ich will eigentlich noch Zähne putzen, bin allerdings sehr schwach und gerade ziemlich müde, weil es 4 Uhr morgens ist und ich nur von 20-22 Uhr so wie die letzten Nächte also nur 2 Stunden schlafen konnte. Also setze ich mich für einen Moment einfach auf die Bettkante und gucke mal, ob ich es noch schaffe, etwas länger in der senkrechten zu bleiben oder ob ich mich sofort wieder hinlege. Da habe ich mich doch noch am Riemen gerissen und habe die Zahnbürste rausgeholt und losgelegt und habe mich dabei wieder auf die Bettkante gesetzt.

Plötzlich war was anders, was es war, kann ich nicht beschreiben. Ich fühlte nicht mehr meine Trägheit und Müdigkeit, ich wusste dass mein Körper es eigentlich spürt aber ab diesen Moment hat sich mein Kopf mit meinen tieferen Gedanken von meinem Körper und besonders von den Gefühlen und Empfindungen meines schlappen Körpers abgetrennt und sich selbstständig gemacht. Mein Körper verfolgte einfach nur meinen Reflexen, Instinkten und Gewohnheiten und ich putze mein Zimmer, räumte noch die letzten Sachen weg und waschte noch das restliche Geschirr ab, denn ich hatte ohne meine eigentlich körperlichen Gefühle zu hören viel mehr Energie und weniger Hindernisse zu überqueren, um die Sachen zu machen die ich eigentlich schon lange machen wollte.

Ich habe ab und zu versucht, wieder in meinen Körper reinzuhören und meine eigentlichen Gefühle wieder wahrzunehmen, aber über alles lief ein Dialog in meinem Kopf ab und ich kam nicht mehr zurück. Also beobachte ich wie eine zweite Person über meinen Körper mein Verhalten und mir kamen ein Haufen Gedanken, Fragen, Ideen und Phantasien in den Kopf. „Was wenn mein Körper die letzte Zeit auch einfach nicht vereint mit meinem „Kopf“, meinem „Über-Ich“ verbunden war und ich habe einfach nur meine Reflexen, Instinkten und Gewohnheiten verfolgt, habe ohne darüber nachzudenken und in der Gewohnheit gar nicht gemerkt habe, dass ich nicht ganz da bin mit meinem Kopf?“

„Puh, haha kann sein, ich war krank und liege seit einigen Tagen nur im Bett, da konnte ich kaum was machen.“

„Oder was ist, wenn das nicht nur seit kurzem so ist, sondern schon länger in gewisser Weise, vielleicht schon mein ganzes Leben lang?“

„Kann manchmal sein, weil das meiste, was wir machen quasi vorbestimmt ist, wir müssen lediglich ein paar kleine Entscheidungen treffen, nur ist das wirklich aktiv? Unsere Eltern erziehen uns, zeigen uns, was richtig und was falsch sein soll, was gut, was schlecht ist. Jeder geht zur Schule, den Unterricht habe ich meistens mehr passiv als aktiv wahrgenommen. Es war nicht direkt meine Entscheidung, mich in einen Raum mit Menschen zu setzen und mich berieseln zu lassen, das wurde für mich entschieden. Dann nach der Schule „Muss ich an meine Zukunft denken“ und am besten bald eine Ausbildung machen, um bald Geld zu verdienen und mir mein Leben absichern können, aber wer sagt das eigentlich: „Ich muss an meine Zukunft denken“? Ich habe es gesagt, aber war das wirklich mein Gedanke, der da aus mir sprach oder mehr der Druck des Mainstreams, der Eltern und der Gesellschaft der mir diesen Gedanken eingeflößt hat? Ich muss ehrlich sagen, ich habe bis jetzt noch relativ wenig und überaus ungern an meine „Zukunft“ gedacht. Wieso soll ich an meine Zukunft denken, wenn ich doch jetzt lebe?“

„Verrückt an was denke ich gerade, dabei fühle ich mich doch eigentlich krank mit Schmerzen überall im Körper verteilt? Oder vielleicht sagt mir da mein Unterbewusstsein gerade was? Ok, ich versuche es einfach mal nicht diesen Zustand loszuwerden und ich lass mich noch mal drauf ein. Ich werde im Nachhinein noch mal darüber nachdenken und ein Fazit darüber ziehen, dass mir vielleicht doch was sagt.“

„Also wo war ich? was mache ich hier eigentlich gerade? Ich räume meine Sachen in seinen Ort, putze meine Zähne, trinke was, wasche ab, aber warum? Warum mache ich das? Naja, also quasi aus Gewohnheit, „Gewohnheit“. Wir sind doch alle irgendwie Gewohnheitstiere!? Aber verlieren wir nicht dadurch sogar unseren kritischen Blick über Dinge, vielleicht? Ich hinterfrage es nicht, weil es schon immer so war, alle es so machen und es immer so gemacht wurde. Ich arbeite weil, alle arbeiten, weil ich das Geld brauche und mich eine gute Arbeit weit im Leben bringen soll, aber wer sagt das alles?

Ich habe es nie aus tiefster Überzeugung gesagt, also warum soll ich dem folgen? Bitte Gesellschaft, lass mich los mit deinen Tentakeln der Beeinflussung, ich will sagen was ich will, tun was ich will und meine Gedanken sollen frei sein von deinem Druck. Alles ist zur Gewohnheit hier geworden, aber ich darf nicht vergessen, dass mir die Gewohnheit nicht sagt, dass es ok ist, was ich mache, ich will es hinterfragen, ich will es ändern und so machen wie ich will.

Es fühlt sich an als ob ich mich abhängig gemacht habe von dem was man mir sagt, was Gewohnheit ist und wie Dinge immer gemacht wurden. Ich habe mich in einem Käfig von der Norm der Gesellschaft einsperren lassen und meinem Körper nur machen lassen, was dieser Käfig erlaubt. Ich muss da raus. Wenn ich will, brauche ich kein Geld, wenn ich will, muss ich nicht studieren, was die anderen mir sagen, ist nicht unbedingt was ich sage - Ich will wieder mehr Akteur über meine eigenen Handlungen sein, ich will wieder mehr ich selbst sein.“

Nur warum kommen mir alle diese Gedanken gerade jetzt, ich bin krank und liege mittlerweile im Bett, Fieber habe ich gerade nicht, wieso komme ich nicht wieder zu mir, mein Körper ist immer noch getrennt von mir - ich schlafe lieber mal und hoffe dass ich morgen wieder vereint bin…

BlogNo:05

5 Kommentare

Kommentar von: Marleen [Besucher]  

Liebe Eike,
Danke für deine Offenheit! Dein ehrlicher Text, erlaubt einen Einblick in deine Gedankenwelt. Vielleicht wirkt es verwirrend für dich, chaotisch, schwierig zu fassen, aber ich bin mir sicher: Du bist nicht alleine mit diesen Gedanken! Du hast Worte für etwas gefunden, das einige empfinden.

Von der Passivität zum Gestalter des eigenen Lebens werden, bedeutet seinem Leben mehr Freude und Lebendigkeit zu verleihen und zu lernen auf seine innere Stimme zu hören.

Gar nicht so leicht, da sie oft von vielen anderen Stimmen übertönt wird.
Das kritische “Infragestellen” ist Teil davon seinen eigenen Weg zu finden.

Danke, dass du uns an deiner Gedankenwelt teilnehmen lassen hast!

Kommentar von: Andi [Besucher]

Diese Gedanken sind ganz und gar nicht krank, ich würde sie als die gesündesten Überhaupt bezeichnen!
Zumindest solange man auch Konsequenzen aus ihnen zieht. :)

Kommentar von: Jeanne [Besucher]

Wow Eike! das ist ein wirklich verdammt guter BLogeintrag! Herzlichen Glückwunsch!

Kommentar von: Marie [Besucher]

Hey Eike
wie schön, so freie Gedanken zu lesen. Beflügelt die eigenen!

Kommentar von: larissa [Besucher]  

Ich weiß ganz genau, was du meinst! Schön, dass jemand mal dieses Gefühl in Worte fasst :) ich möchte im September wie ihr nach costa rica ausreisen und würde gerne eure Meinung zu ProRegenwald wissen… wäre jemand von euch so nett und würde mit mir kontakt aufnehmen?


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