Die menschgemachte Plage der Aga-Kröte

von martin_10  

Wenn sich in den Abendstunden die Dunkelheit allmählich über die Station zu legen scheint und nach und nach die Gegenstände von einem leichten, silbernen Schimmer umhüllt werden, zeigt sich die eindringliche Gestalt der Aga- Kröte. Langsam kommen sie unter Steinen, Laub oder Brettern hervor und gehen in allen Winkeln der Station auf Beutejagd. Als eine der größten Kröten der Welt, die bis zu 28 cm groß und 2 kg schwer werden kann, isst sie alles was sie überwältigen und verschlingen kann, Insekten, Spinnen und auch junge Mäuse gehören zu ihrem Nahrungsspektrum.

Gleich am Anfang unsere Aufenthalts wurde uns mitgeteilt, dass die Kröte bei Bedrängnis giftige Sekrete versprüht, die zu extremen Schleimhaut- und Hautreizungen führen können. Ihre mystische Erscheinung, von großen, auffälligen Ohrdrüsen und einer mit Warzen übersäten Haut geprägt, veranlasste schon die Mayas ihnen eine göttliche Bedeutung beizumessen. Als Boten der Regengötter verehrt, wurde aus ihrem Hautsekret ein Absud hergestellt, das durch seine Bufotenine eine halluzinogene Wirkung entfaltete.

Die Fähigkeit der Kröten auch kleinere Amphibienarten zu überwältigen sorgte dafür, dass sie im 19. Jahrhundert als vermeintliche Schädlingsbekämpfer unter anderem gegen Rattenplagen auf Zuckerrohrplantagen eingesetzt wurden. Daher rührt der in der englischen Sprache gebräuchliche Name „cane toad“ (cane – Zuckerrohr). Wie am australischen Beispiel zu sehen ist, scheiterten die meisten dieser Versuche jedoch kläglich. In den 1930ern in Australien ausgesetzt, wird heute immer noch mit allen Mitteln versucht die Ausbreitung der Aga-Kröten einzudämmen (Zäune sollen Krötenplage eindämmen).

Dies scheint eine nicht zu bewältigende Aufgabe wenn man bedenkt, dass ihr Bestand um jährliche 25 % zunimmt und die Geschwindigkeit mit der sie neue Gebiete einnehmen auf 40 Kilometer pro Jahr geschätzt wird. Besonders in Australien hätte man damals in Betracht ziehen müssen, dass dieses isolierte Ökosystem sensibel auf Eindringlinge reagieren könnte. Parasiten, die die Populationszahlen der Kröten in ihrer natürlichen Umgebung normalerweise niedrig halten, sind dort nicht vorhanden. Ihre giftigen Sekrete, die hohe Vermehrungsrate und ein anpassungsfähiges, breites Nahrungsspektrum sind alles Faktoren, die eine schnelle Verbreitung begünstigten und zum Verschwinden zahlreicher endemischer Arten geführt haben.

Es gibt sogar Berichte von Schlangen wie die Todesotter und Rautenpython, die mit einer Aga-Kröte im Mund oder Darm tot aufgefunden wurden. Auch der Kontakt der Kröten mit Haustieren endete schon oft tödlich und führte vor allem in Australien zu einem öffentlichen Diskurs über die Problematik ihrer zunehmenden Verbreitung (sogar in einer Simpsons-Folge wurde dieses Thema behandelt). Derzeit liegt der Fokus auf dem bedeutenden Kakadu-Nationalpark, der wohl zunehmend in Reichweite der Kröten gelangt und mit seiner Biodiversität ein kostbares Opfer darstellen würde, besonders wenn man die Gefährdung der dortigen endemischen Tierarten in Betracht zieht.

Nicht nur ihre giftigen Sekrete können für Irritationen führen, auch ihre Darmausscheidungen waren für uns auf der Station ein alltägliches Ärgernis. Nähere Beschreibungen sollen hier nicht angeführt werden, jedoch war es an Geruch und Umfang nicht zu ignorieren. Noemi, die Frau unseres lokalen Arbeiters Geovanni, schlug uns vor, die Kröten in einen Müllsäck zu stecken, diesen zu verschließen und mit Steinen beschwert in den Fluss zu werfen. Die Handlung erschien uns dann doch eher grausam, ja wir konnten uns sogar nach einer gewissen Zeit an ihre Anwesenheit gewöhnen.

BlogNo:

Noch kein Feedback


Formular wird geladen...