La ruta de los conquistadores

von 16 lennard  

Etwas ist heute anders in El Sur. Die Einwohnerzahl hat sich mehr als verdoppelt und der Weg bis ins Dorf ist gesäumt von parkenden Autos, was sonst absolut nie der Fall ist.
Wir sitzen in der Pulperia und warten gespannt. Direkt vor der Pulperia ist ein Verpflegungsstand aufgebaut, wo Bananen, Äpfel, Isotonische Getränke und Wasser ausliegen.

Die ersten Anzeichen für dieses Event waren schon vor einer halben Woche zu beobachten, als uns auf dem Rückweg von der Arbeit auf der Finca Lalo ein Auto begegnete, das die Strecke eines Fahrradrennens markiert hat. Gestern erfuhren wir dann von Noemi, dass dieses Rennen morgen stattfinden würde und ich als Hobby Fahrradfahrer habe mich geärgert, dass ich hier kein Fahrrad habe. Wenn ich das früher gewusst hätte, hätte ich ebenfalls versuchen können mich anzumelden und ein kleines Mountainbikerennen mitzufahren.

Als ich jedoch erfuhr, was das für ein Rennen sein wird, verging dieser Ärger sofort, da ich wusste: Das hätte ich sowieso nicht geschafft. Es handelt sich bei diesem Rennen nämlich um die „Ruta de los conquistadores“, das angeblich älteste Mountainbike-Etappenrennen der Welt.

Es ist der wichtigste Mountainbikewettkampf Costa Ricas und gleichzeitig die einzige Strecke, die den amerikanischen Kontinent vom Pazifik bis zur Karibik durchquert. Heute Morgen am Donnerstag, dem 3. November, sind die etwa 400 Teilnehmer um 6 Uhr morgens an der Pazifikküste im Surferparadis Jacó gestartet. Am Samstag werden hoffentlich viele von ihnen wohlbehalten in Limón an der Karibikküste ankommen. Sie werden auf ihrem Weg dorthin 5 Bergketten überwinden und beinahe sämtliche Klimazonen Costa Ricas teils auf abenteuerlichen Single-Trails und teils auf gut befahrenen Straßen durchqueren.

Die heutige Strecke orientiert sich stark an den Wegen, auf denen die spanischen Eroberer unter Führung von Juan de Cavallón vor etwa 500 Jahren Costa Rica von Küste zu Küste durchwandert haben. Deshalb auch der Name „Route der Eroberer“. Brauchten die Spanier damals noch ca. 20 Jahre für diese Strecke, so spulen die Teilnehmer dasselbe Pensum in nur 3 Tagen ab.

Allein die rohen Daten dieses Rennens sind dabei für Normalsterbliche kaum nachzuvollziehen. Etwa 260km und 8700 Höhenmeter an nur drei Tagen zu bewältigen erscheint nahezu unvorstellbar. Nun muss man aber noch das Klima und die zu befahrenen Wege miteinbeziehen um zu verstehen, warum die „Ruta de los conquistadores“ als eine der härtesten athletischen Herausforderungen gilt, die man auf diesem Planeten finden kann. Die Athleten sind ständig einer Luftfeuchtigkeit von mehr als 80% ausgesetzt und müssen Temperaturen von nicht selten 30 Grad Celsius oder mehr ertragen. Außerdem ist zumindest der mir bekannte Teil der Strecke teilweise dermaßen steil und rutschig vom Schlamm, dass ich dort Schwierigkeiten habe mich zu Fuß fortzubewegen.


Die Fahrer kommen direkt an der Pulperia vorbei

Verpflegungsstand

Die Zuschauer freuen sich, dass mal was los ist im Dorf.

Das Rennen ist offensichtlich ein wahrer Publikumsmagnet und von internationaler Bedeutung. Sogar im kleinen Bergdorf El Sur de Turrubares haben sich bedruckte Mannschaftswagen versammelt, die Ersatzräder und Reifen dabei haben. Die Leute hier erzählen mir, dass die Teilnehmer aus „todo el mundo“ kommen. Besonders stark sind natürlich die süd- und mittelamerikanischen Staaten vertreten. Auch die Nationalauswahl Costa Ricas nimmt Teil. Viele der Zuschauer kennen einige Fahrer mit Namen und sind voller Spannung, wer gleich um die Kurve biegt und in unser Sichtfeld tritt.

Plötzlich ertönt ein Ruf: „Alla viene! (Da kommt er!)“. Ich stehe von meinem Stuhl auf und schaue den Weg entlang, der zur Finca Lalo hochführt. Dort nähert sich eine drahtige Gestalt auf einem teuer aussehenden Mountainbike, deren Gesicht, Fahrrad und Kleidung von oben bis unten mit Schlamm bedeckt ist. Wir bekommen sie nur kurz zu sehen, da sie nicht am Verpflegungsstand hält, sondern nur einem der Helfer im fahren einen Wasserbecher aus der Hand nimmt und in Richtung der Station davonrast. Die Leute sagen, dass es sich bei ihr um einen Kolumbianer gehandelt hat. Er führt das Feld mit deutlichem Abstand an.

Nach und nach träufeln die nächsten dieser Spitzenathleten ein, besonders bejubelt werden dabei natürlich die bekannteren Costaricaner und mit fortschreitender Zeit wird es immer voller am Verpflegungsstand, weil nun immer mehr gleichzeitig dort ankommen. Außerdem nehmen sich die Teilnehmer immer mehr Zeit am Stand, je weiter hinten sie sich im Feld befinden. Viele nutzen El Sur für eine kurze Pause, wechseln ein paar Worte miteinander oder mit den Zuschauern, essen und trinken ein wenig und ruhen die müden Beine aus bevor sie sich wieder auf ihr Fahrrad schwingen und das nächste Stück dieser unmenschlichen Herausforderung angehen. Das Ende der ersten Etappe liegt kurz vor San José, wohin wir mit dem Bus über zwei Stunden von der Küste aus brauchen.

Je später es wird desto weniger professionell lassen die Teilnehmer das Rennen angehen und man kann immer mehr Frauen unter ihnen ausmachen.

Aber egal wie viele Stunden die Mountainbiker brauchen werden, sie haben alle meinen größten Respekt dafür, dass sie diese Herausforderung angehen und ich wünsche jedem von ihnen, dass sie das Rennen unbeschadet überstehen und es schaffen im Ziel erschöpft aber glücklich anzukommen.

BlogNo:02

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