Ausgeliefert

von 16 katharina  

Die Regentropfen fallen zuerst nur leise, vereinzelt, unscheinbar. Doch nach kurzer Zeit verwandeln sie sich in ein Prasseln, dessen Geräuschkulisse absolute Bedrohlichkeit vermittelt. Ich schrecke aus dem Schlaf.

Ich bin im Trockenen, in Sicherheit, wir haben nicht einmal Wasser im Haus. Dennoch spüre ich ein beklemmendes und beengendes Gefühl in mir aufsteigen, das ich nicht mehr los werde. An Schlaf kann ich nicht mehr denken. Mir geht es zwar gut, bei uns im Haus ist alles in Ordnung, doch ich weiß, dass es nicht überall so ist.

Die letzte Woche hat es hier – auf der Osa Península im Süden Costa Ricas - fast pausenlos stark geregnet. Flüsse sind über die Ufer getreten, Straßen überschwemmt, zerstört, Bäume umgerissen, Häuser überflutet und Gemeinden wurde der Weg zur Außenwelt versperrt.

In Puerto Jiménez ist es noch am besten, doch in der Umgebung ist die Situation prekär. Familien haben ihr Zuhause verloren, Menschen brauchen Nahrung und Kleidung und es hört nicht auf zu regnen.

Es ist eine Notsituation und sie wird nicht mit dem Ende des Regens aufhören. Die Armut hier ist groß. Familien, die vorher wenig hatten, haben jetzt nichts mehr. Wirkliche Perspektiven gibt es nicht.

Es wird leicht sein, diese Realität zu vergessen, wenn sich die Zustände wieder normalisiert haben. Wenn es nicht mehr den ganzen Tag regnet, wenn nicht mehr die ganze Zeit Warnungen über den möglichen Hurrikan im Fernsehen laufen, die Auswirkungen der Katastrophe nicht mehr direkt zu sehen sind und jeder wieder gewohnt seiner Arbeit nachgeht.

Das Prasseln der Regentropfen nimmt weiter zu, es ist richtig laut und beinahe ohrenbetäubend. Mir läuft ein Schauder über den Rücken. Unter den gegebenen Umständen wirkt dieser Rhythmus alptraumhaft. Zu kraftvoll. Alles vereinnahmend.

Ich fühle mich merkwürdig klein und hilflos. Eine Erkenntnis breitet sich in mir aus und sie wiegt unendlich schwer und niederschmetternd. Wenn die Natur all ihre Kräfte entfesselt, dann gibt es absolut nichts, was wir Menschen ihr entgegen setzen können. Dass solche extremen Wetterphänomene mit fortschreitendem Klimawandel eher häufiger und schlimmer auftreten werden, macht es nicht gerade besser.

Gegen Naturgewalten dieses Ausmaßes sind wir hilflos. Wir können nur abwarten und hoffen, dass wir es einigermaßen gut überstehen. Vielleicht können wir Präventionen treffen, doch wenn es hart auf hart kommt, gibt es absolut nichts, was wir machen können.

Wir sind ausgeliefert.

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