Tipps zum Spanisch lernen als Freiwilliger

von 16 tim  

Neben der Motivation, etwas Gutes zu tun als Freiwilliger und dazu eine andere Kultur kennen zu lernen, hatte jeder Freiwillige aus unserer Gruppe noch ein weiteres Ziel: In diesem Jahr Spanisch zu lernen. Wo kann man sich auch besser eine Sprache aneignen, als ein Jahr in dem Land zu leben, wo es gesprochen wird? Dort einzutauchen. Gezwungen sein, zu kommunizieren in dieser neuen Welt, um sich auszutauschen. Und alles an Sprache aufnehmen, was um einen herum so passiert. Bewusst und auch viel unbewusst.

Vor meiner Bewerbung bei Pro Regenwald hatte ich Angst, sie würden nur Personen mit bereits sehr ausgereiften Spanischkenntnissen auswählen. Denn diese hatte ich nicht vorzuweisen. Während meiner Bewerbung konnte ich noch kein Wort Spanisch. Einzig durch den geplanten einmonatigen Besuch einer Sprachschule vor der möglichen Ausreise nach Costa Rica konnte ich mich hervortun.

Meine Befürchtungen schwanden, als ich die anderen Freiwilligen kennen lernte. Nur Lukas konnte bereits fließend Spanisch sprechen, da er bereits ein paar Monate in Argentinien gelebt hatte. Daneben hatten einige Spanisch in der Schule gehabt und kannten die grammatischen Grundzüge. Wieder andere jedoch standen genau an der gleichen Stelle wie ich: Ganz am Anfang. Während des Vorseminars wurde uns Mut gemacht, dass man die Sprache mit der Zeit lernen Würde, wenn man erst einmal dort wär. Doch dies erfordert Mut, Motivation und Durchhaltevermoegen, wie sich später rausstellen solllte.

Wie kann man also in dieser Zeit hier als Freiwilliger am besten Spanisch lernen? Natürlich findet da jeder seinen eigenen Weg. Ich möchte hier nur meinen eigenen Hilfen mitteilen und was sie mir gebracht haben. Vielleicht bekommt dadurch der ein oder andere Inspiration oder neue Ideen für sich selber.

Zum Glücke hatte ich in Sprachen lernen schon Erfahrung. Während meines Work&Travel Aufenthaltes in Neuseeland und Australien konnte ich mein Schulenglisch auf ein richtiges fließendes Englisch verbessern. Und während meines Bachelorstudiums in Holland habe ich Niederländisch gelernt, da das erste Jahr des Studiums in dieser Sprache stattfand. Auch dort hatte ich vor dem Studium nur einen einmonatigen Sprachkurs und habe dann während des Studiums die Sprache erlernt.

Vor dem Anfang des Freiwilligenjahres in Costa Rica habe ich dann noch mit Freunden gesprochen, die schon einmal in Südamerika waren und dort Spanisch gelernt haben. Zwei unorthodoxe Tipps bzw. Erfahrungen sind mir dann im Kopf hängen geblieben. Ein Freund von mir hatte in Mexiko seinen Master gemacht. Er erzählte mir, dass er seine meisten Spanischkenntnisse nicht am Schreibtisch, sondern abends bzw. nachts mit Freunden in Bars erworben hatte. Alkohol lockert die Verkrampftet des Sprechens und gibt einem Selbstwertgefühl. Es wird weniger wichtig, dass man etwas korrekt ausspricht, sondern einfach, dass man kommuniziert. Und auf einmal funktioniert es viel einfacher. Dies ist natürlich keine Aufforderung, jeden Abend geplant etwas trinken zu gehen, um sich so die Sprache anzueignen. Es ist mehr eine Möglichkeit, etwas lockerer mit der Sprache umzugehen und mehr Selbstvertrauen zu bekommen. Auch ich selbst habe die Erfahrung gemacht, dass es einen motivieren kann, wie gut man doch Spanisch sprechen kann, wenn man es einfach fließen lässt und nicht so verkrampft nachdenkt. So dass man generell einfacher ein Gefühl für die Sprache bekommt.

Ein Tipp von einem anderen Freund war, sich den Mut zu nehmen, Kontakt mit dem anderen Geschlecht herzustellen. Wenn man jemanden kennen lernt, der einem gefällt, gibt es keinen besseren Sprechpartner. Denn die andere Person hat Interesse daran, einem zuzuhören und zu verstehen. Sie kann einem die ganze Aufmerksamkeit geben, die man vor allen Dingen am Anfang braucht, um sich gut auszudrücken zu können. Diese Personen sind oft am geduldigsten und am motiviertesten, einem zu helfen. Generell spielen Gefühle und Motivation von einem selbst eine große Rolle beim Lernen einer Sprache. Und beides entsteht nun mal wenn man sich einer interessanten Person trifft. Auch hier konnte ich selbst die Erfahrung machen, wie gut mein Spanisch auf einmal wurde, wenn ich jemandem Interessantes gegenüber saß, der mir aufmerksam zuhört und dem ich viel Erzählen kann.

Daneben lerne ich persönlich sehr gerne Sprache über die verschiedenen Arten der Kunst. Da ich gerne singe und Musik mag, habe ich mir früher auch schon viel Englisch über die Musik beigebracht. Dabei ging es weniger um die Vokabeln als um die Aussprache und das Gefühl für die Sprache. Also habe ich mich seit dem Anfang des Spanischlernens mit spanischsprachiger Musik beschäftigt. Im Internet habe ich nach den bekanntesten Sängern und Gruppen Spaniens und Südamerikas gesucht. Und immer wieder lokalen Leute gefragt, ob sie mir eine Band empfehlen können. So habe ich bereits in Spanien einige Gruppen kennen gelernt aus dem Bereich des Hip-Hop und Indie Rock, die ich bis heute sehr gerne höre (besonders: Vetusta Morla). Auch hier ist natürlich der individuelle Geschmack am wichtigsten. Andere Leute würden wahrscheinlich lieber mehr über bekannte Reggaeton Sänger erfahren wollen. Auch hier in Südamerika habe ich bereits viele Bands kennen gelernt, aus Costa Rica und anderen südamerikanischen Ländern. Das schön an Musik ist auch, dass sie einem nicht nur ein Gefühl für die Sprache gibt, sondern auch für die Kulturen und Lebensgefühle der verschiedenen Länder. Das bekannteste Beispiel in Europa ist sicher Mano Chao. Durch seine Musik haben tausende Leute, die nie in Südamerika waren, einen Eindruck in die Kultur und das Lebensgefühl bekommen. Indem man versucht, die Liedtexte zu verstehen, kann man dazu auch gut Vokabeln lernen.

Eine weitere Möglichkeit der Sprache näher zu kommen öffnet sich über Filme in spanischer Sprache oder nur mit Spanischen Untertiteln. Auch hier habe ich nach den bekanntesten Filmen gesucht und einige davon angeschaut. Jedes Mal lernt man nicht nur die Sprache besser, sondern auch hier einen Aspekt der Kultur und der Menschen, egal ob es von Beziehungsprobleme in Spanien oder indigene Völker in Lateinamerika handelt. Und auch wenn ich englische Filme schaue, blende ich spanische Untertitel ein wie z.B. bei Netflix. Auch so lerne ich spanische Wörter, die ich mit dem gesprochenen Englischen verknüpfen kann.

Weil ich vor Aufbruch der Reise nur einen Teil der spanischen Grammatik beherrschte, habe ich mir für das Jahr dazu noch ein Grammatikbuch gekauft: “Gramatica de uso del Espanol - Teoria y Practica”, komplett auf Spanisch, wurde es mir als Geheimtipp von einem Australier empfohlen, der den Tipp von einem Oxford Professor bekommen hatte. Ich mag dieses Buch sehr, da es in kleinen Kapiteln von je 2 Seiten einen Teil der Grammatik erklärt und Übungsaufgaben dazu gibt. Ein Kapitel dauert um die 30 Minuten, man kann es also perfekt zwischendurch machen. Das Buch hat dabei über 200 Kapitel, weswegen ich nach einem halben Jahr auch erst die Hälfte durch habe. Jedoch habe ich dadurch schon eine Menge dazugelertn. Denn die Grammatische Basis vereinfacht im Endeffekt alle anderen Teile des Lernens. Das schöne im Gegensatz zu langweiligen Grammatikstunden in der Schule ist, dass man dies auch sofort im Alltag merkt, wenn man mit der jeweiligen Grammatikkonstruktion wie z.B. dem Imperativ konfrontiert wird, und ihn nun versteht.

Vor allen Dingen am Anfang fehlen einem dazu noch viele viele Vokabeln. Um diese zu lernen hat jeder sicher auch seine eigene Methode. Empfehlen kann ich auf jeden Fall jeder Person mit Smartphone die App dict.cc, ein Offline Wörterbuch. So kann ich in jedem Moment ohne Internet Wörter nachschauen, die ich nicht verstehe. Das Wörterbuch hat einen großen Umfang, so das am Anfang des Lernens alle Wörter auch gefunden werden. Später, wenn einige speziellere Wörter in der App nicht existieren, benutze ich die LEO Wörterbuch App, die sich mit dem Internet verbindet und so zu 100 % alle Wörter findet.
Neue Vokabeln schreibe ich mir dann in meinen Notizblock. Die Dict.cc App hat den Vorteil, dass sie die Historie der Vokabeln speichert. So kann ich in Ruhe später zu Hause alle Vokabeln aufschreiben. Später schaue ich mir die Listen wieder an und lerne die Vokabeln. Der wichtigste erste Lernprozess ist jedoch schon mal das aufschreiben. Denn ich notiere mir immer das Datum dazu. So entsteht nicht nur eine Vokabelliste, sondern auch eine Art Tagebuch. Die neuen Wörter erklären, was ich in der Zeit gemacht bzw. gedacht habe. Dazu kann ich viele Vokabeln mit dem Moment verbinden, als ich sie gesucht habe. Die Vokabel verbindet sich also mit einem Erlebnis. Dieser Lernprozess ist viel stärker und spaßiger als einfach irgendeine beliebige Vokabelliste runter zu rattern.

All die oben beschriebenen Lernformen nutze ich nicht als Drill wie in der Schule, sondern wie ich Lust habe. Das wichtigste ist, Spaß an der Sache zu haben. Ich merke jedoch auch, wie ich mich manchmal ein wenig motivieren muss, wieder Grammatik zu lernen. Das Lernen selber macht jedoch immer Spaß und ich bin danach froh darüber, dass ich etwas Neues gelernt habe.

Alle diese Arten des Lernens sind jedoch nur Zusätze zu der wichtigste Form: Der direkten Kommunikation mit den Menschen. Am Anfang braucht es viel Mut und Beharrlichkeit, wenn man versucht, ein Gespräch aufzubauen. Ganz wichtig ist, dass es okay ist, wenn man nichts versteht. Es ist immer okay, auch noch nach einigen Monaten. Das wichtigste ist, nachzufragen oder die Person darauf hinzuweisen, ob sie bitte etwas langsamer sprechen kann. Ich selber musste nicht nur in der Arbeit lernen zu kommunizieren, sondern auch zuhause, da ich bei einer Gastfamilie wohne. Was einen dabei motiviert sind die vielen kleinen Erfolgserlebnisse, wenn man etwas verstanden hat und man sich so austauschen kann. Dazu ist es schön zu sehen, wenn man nach einiger Zeit merkt, wie man sich verbessert hat. Verstand ich in den ersten Tagen kaum ein Wort meiner Gastmutter, konnte ich mich nach einigen Wochen schon gut mit ihr über einfache Dinge unterhalten. Da das Lernen der Sprache unbewusst passiert, merkt man solche Erkenntnisse zufällig und freut sich dann umso mehr.

Ich selbst stehe noch vor einer langen Reise, die Sprache weiter zu lernen. Und ich freue mich darauf. Denn was man bekommt, ist viel mehr als ein weiterer Soft Skill auf seinem CV. Man erreicht neue Verbindungen zu Menschen und Sichtweisen, die einem sonst völlig fremd geblieben wären. Ein neues Lebensgefühl, dass mit der jeweiligen Sprache einhergeht. Eine neue Welt, in die man eintauchen kann.

Ich wünsch allen zukünftigen Freiwilligen und allen anderen Personen, die eine neue Sprache lernen wollen, viel Erfolg und Motivation auf ihrer Reise. Glaubt mir, es lohnt sich :)

BlogNo:06

1 Kommentar

Kommentar von: Noah [Besucher]  

Hallo Tim!

ich bin Noah, vorab mal: die Beiträge sind wirklich illustrativ und gut zu lesen, es kommt einiges an von der Lebensart da drüben!

Ich fand deinen Text sehr aufschlussreich. Kann viele deiner Tipps und vor der Reise- Bedenken gut nachvollziehen. Ich war einen Monat in Chile und hatte davor (und jetzt auch noch) absolut keine Spanisch Kenntnisse. Habe dann aber einige Brocken aufgeschnappt und lerne jetzt täglich über eine App und einige Musik Spanisch. Hat dir der 1- monatige Sprachkurs davor was gebracht?
Was hast du denn so an HipHop und vor allem Indie Musik in Costa Rica aufgeschnappt, was du empfehlen könntest? Bin da sehr interessiert und aufgeschlossen.
Wie lange dauert es bei dir, bzw. hat es gedauert, ordentlich Spanisch sprechen zu lernen? Bzw. bist du schon so weit? ;) Wie regelmäßig machst du das Vokabeln und Grammatik Lernen und Aufschreiben? Weil ich mich dazu nicht allzu oft durchringen konnte in letzter Zeit und allgemein.
Dass man Menschen, die die Sprache sprechen um sich braucht, um es ernsthaft zu lernen, macht Sinn. In ein Land zu gehen, wo Spanisch gesprochen wird, ist sicher der beste Weg, die Sprache zu lernen. Das werde ich sicherlich noch einmal länger machen in meinem Leben. Hast du bestimmte Personen gefunden, die dir wirklich gerne neue Sachen beibringen?
Fandest du Niederländisch lernen schwierig, oder ist es wirklich nur ein sonderbarer Deutsch- Abklatsch, der leicht ins Hirn reingeht, wenn man Deutsch kann?

Wünsche dir noch einen guten, intellektuell und kulturell ertragreichen Aufenthalt und viel Spaß!

Grüße, Noah


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