Bildung für die Landsleute

von 16 hanna  

Schon bei meiner Ankunft war ich interessiert, wie die akademische Ausbildung (natürlich besonders im Zusammenhang mit ökologischer Aufklärung) hier auf dem Land funktioniert. Zunächst muss ich sagen, dass ich bis dato noch wenig Vergleichsmöglichkeiten zu der Qualität der Schulen in einer größeren Stadt wie San Jose sammeln konnte.

Zuallerst fiel mir auf, wie gut das Angebot hier doch ist und mir fiel positiv auf, dass sich die Regierung Mühe gibt, eben auch die abgeschiedenen Dörfer mit guter Infrastruktur zu versorgen. Die Straßen werden halbwegs regelmäßig verbessert, die Müllabfuhr kommt regelmäßig (von Mülltrennung wird an dieser Stelle erstmal abgesehen) und auch nach einem Sturm wie “Nate” vor ein paar Wochen gab es schnell wieder Elektrizität für die hiesige Bevölkerung.

In El Sur gibt es eine Grundschule, die zurzeit drei Schüler verschiedenen Alters besuchen. Die Schüler bekommen vom Staat jeweils einen Computer zum Arbeiten und eine Lehrerin kümmert sich um die Vermittlung der Inhalte. Regelmäßig werden Examen geschrieben und Schulmaterial wird dem Anschein nach auch genügend zur Verfügung gestellt.

Die älteren Schüler werden jeden Tag per Schulbus in das nächstgrößere Dorf, Bijagual, gefahren (etwa 30 Minuten), um dort das “Colegio” zu besuchen. Dort bekommen sie sowohl Frühstück als auch Mittagessen. Sie haben viele Fächer (zwischen 12 und 15), die alles von Kunst über Wissenschaften zu Sprachen abdecken: Es wird Spanisch, Französisch und Englisch gelehrt. Außerdem gibt es mehrere Schulformen und die Jugendlichen haben theoretisch die Möglichkeit auszuwählen, welche sie besuchen wollen.

Es gibt das Äquivalent zu einer Hauptschule hier (Der Name ist mir leider entfallen), das “Colegio rural”, für Leute die noch weiter außerhalb wollen, und noch eine technische Schule, die vermutlich “höchste” Schulform. Das nächste zu El Sur liegt in dem Ferienort Jacó, etwa 1h 30 Fahrzeit entfernt. Die Regierung legt Wert auf eine gute, solide Grundausbildung der jungen Generation, so scheint es. Zu der Qualität des Unterrichts habe ich leider keine persönlichen Erfahrungsberichte. Neben den Klassen gibt es noch zwei weitere Schulstunden: Einmal die “Orientación”, in der über Weiterbildung nach der Schule aufgeklärt wird und noch ein Fach, in dem Probleme zwischen den Schülern und Lehrern thematisiert werden, um eine gemeinsame Lösung zu finden. Gar nicht so schlecht eigentlich!

Was also gibt mir das Gefühl, dass die Wichtigkeit so einer Bildung hier überhaupt nicht geschätzt wird? Ein ökologisches Bewusstsein herrscht bei der Dorfjugend jedenfalls nicht, dabei sind genau sie es, die in dieser wunderschönen und erhaltenswerten Natur groß werden und sie direkte Konsequenzen ihrer Abnutzung tragen müssen.

Die Grundschule im Dorf hat gefühlt mindestens einen Tag die Woche frei, ein wirklicher Grund ist mir nicht ersichtlich. Zwei der drei Schüler sind schon mindestens einmal sitzen geblieben und haben immer noch Mühe, die Prüfungen zu bestehen. Das gilt aber auch für das Colegio, dessen Betrieb auch öfter Mal liegen bleibt. Es werden viele Examen geschrieben, mündlich und schriftlich, und besteht man ein Fach nicht, so muss man das ganze Jahr wiederholen – aber nur um den Unterricht dieses Faches zu besuchen, viel Freizeit ist also mit einprogrammiert. Trotzdem schaffen es viele nicht und müssen mehrmals wiederholen. Die Eltern sind oft nicht interessiert an der Weiterbildung ihrer Kinder, da sie selber solche Erfahrungen nie machen konnten und daher vielleicht den Zweck dahinter nicht verstehen.

Nach weiteren Fragen erfahre ich von meinem Chef und unserer Freiwilligenkoordinatorin, das Costa Rica vor allem ein Ziel hat: Raus aus der Agrargesellschaft und rein ins Wirtschaftswachstum. Ein “Entwicklungsland” sind wir hier schon lange nicht mehr, stattdessen boomt der Tourismus. Es sollen neue Flughäfen gebaut werden, mehr Hotels, mehr Konsum. Dafür braucht es ausgebildete Arbeiter, die diese Art von Jobs verantwortungsvoll übernehmen können. Dabei bleiben die Errungenschaften der letzten Jahrzehnte in Bezug auf ökologisches und soziales Bewusstsein leider etwas auf der Strecke.

Die Folgen davon sind auch schon länger erkennbar: Weltweit hat Costa Rica den höchsten Pestizideinsatz pro Hektar, die Wasserverschmutzung ist ein riesiges Problem vor allem bei der indigenen Bevölkerung, die kaum eine Stimme hat. Diese Probleme verdienen alle einen eigenen Blog, sie haben aber alle eines gemeinsam: Mit der Aufklärung von Kind auf zu beginnen, sodass die Bevölkerung überhaupt die Möglichkeit bekommt, diese Thematiken mitzubestimmen und in das Wachstum zu integrieren. Die “Schweiz Mittelamerikas” vertut hier eine Chance, ihr Land von Anfang nachhaltig zu gestalten und aufzubauen und wiederholt somit nur die Fehler der westlichen Welt.

BlogNo:03

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