Workshop: Einblick in die Agroökologie auf besetzter Finca

von 19 jana  

Was bedeutet eigentlich Agroökologie? Was ist eine Kommune? Wie strukturiere ich eine Selbstversorger-Finca? Wie stelle ich selber ökologischen Dünger her?


Die TeilnehmerInnen des Workshops

Mit diesen und vielen weiteren Fragen beschäftigten wir neuen weltwärts-Freiwilligen uns am Wochenende. Die Finca Crun Shurin, eine besetzte Finca im indigenen Territorium von Rey Curré, war Gastgeber für einen Workshop zum Thema Agroökologie von Marcos Jiménez Montezuma. Tatsächlich nahmen neben uns Freiwilligen nur wenige weitere Gäste aus der Umgebung teil, obwohl viele Einladungen an umliegende Eigentümer oder Besetzer von Fincas eingeladen waren.

Marcos stammt aus der indigenen Kommune Las Vegas im Süden Costa Ricas. Um eine zweijährige Weiterbildung im Bereich ökologische Landwirtschaft beim INA in der Provinz Cartago machen zu können, hat er seine Frau und acht Kindern für einige Zeit zurück gelassen. Heimatbesuche sind teuer wegen der umständlichen Anreise und somit recht selten. Neuerdings reist er an Wochenende durch das ganze Land, um Vorträge über Thematiken seines Studiums an die Menschen zu bringen, die das theoretische Wissen danach in die Praxis umsetzen könnten.

Ein Beispiel dafür sind die aktuellen Bewohner der Finca Crun Shurin. In den indigenen Gebieten Costa Ricas kommt es immer häufiger zu Finca-Besetzungen. Ursache ist der Konflikts zwischen Indigenen und Nicht-Indigenen. Das Land der Territorien steht offiziell den indigenen Völkern zu und der Staat hätte seit Jahrzehnten Umsiedelungen organisieren und finanzieren müssen. Dennoch sind auch heute noch viele Inhaber von Fincas auf diesen Ländereien nicht-indigener Herkunft. So auch in diesem Fall: die Finca Crun Shurin war unter Kontrolle eines Amerikaners, weshalb einige Indigene das Gelände vor einem Jahr besetzt und die Arbeiter des Amerikaners vertrieben haben.


Marcos erklärt die Kompostherstellung

Der Prozess ist allerdings noch nicht abgeschlossen, denn Finca-Besetzungen werden in Costa Rica vor Gericht auf Legalität überprüft. Im Fall von Crun Shurin sieht es gut aus: der Vorbesitzer hat vor wenigen Wochen all seine Geräte und (beweglichen) Investitionen abgezogen bzw. zurückgebaut, so beispielsweise auch die Stromleitung zu den Gebäuden. Deshalb leben die indigenen Besetzer momentan ohne Strom und fließend Wasser in einem der Häuser auf dem gut 1.000 Hektar großen Finca-Gelände, ohne jedoch den Platz schon richtig zu nutzen und beispielsweise Landwirtschaft zu betreiben.

Nach einem Vortrag über Begrifflichkeiten und Prinzipien der Agroökologie, den unsere Koordinatorin Jahel uns von Spanisch ins Englische übersetzte, durften wir in Gruppen unsere eigene Selbstversorgerfinca planen. Der Kreativität waren dabei keine Grenzen gesetzt, denn es gibt kein ultimatives Prinzip. So entwarfen wir imaginär Obstbaumgärten, in denen Kühe und Hühner frei herumlaufen können, Felder mit pflegeleichten Gemüsesorten, einen Kräutergarten, einen Regenwasserspeicher, Solarpanels auf dem Dach des Hauptgebäudes und vieles mehr.


Die TeilnehmerInnen planen ihre Selbstversorgerfinca

Nach dem Mittagessen wurde dann Hand angelegt: aus Kohle, Abfallprodukten aus der Reisherstellung, getrockneten Blättern, Hühnerexkrementen und Melasse stellte die Gruppe unter Marcos Anleitung selber Kompost her. Die Komponenten, die allesamt auf einer Selbstversorgerfinca erhältlich sein sollten, liefern Energie, Wasserhaltevermögen, Platz für Mikroorganismen, Nährstoffe und Temperaturhaltevermögen. Wichtig ist dabei vor allen Dingen, dass die festen Komponenten abwechselnd übereinander geschichtet und immer wieder mit Melasse versehen werden. So gehen die Nährstoffe aus der Melasse nicht sofort verloren und die Mikroorganismen können sich besser entwickeln.

Insgesamt haben wir Freiwilligen thematisch nicht viel Neues erfahren können, da wir Thematiken der Agroökologie bereits in der Schule in Deutschland durchgekaut haben. Eindrücklich war vielmehr das Drumherum: die indigenen Bewohner der Finca haben uns ein wenig über die Geschichte der Besetzung und die aktuelle Lage erzählt.


Praktische Anwendung: jetzt wird ein Komposthaufen angelegt

Für uns, die noch nie wirklich von Konflikten zwischen unterschiedlichen kulturellen Gruppen und den Kampf um eigene Rechte betroffen waren, sind solche Einblicke sehr wichtig. Schließlich wollen wir unsere neue Heimat für die nächsten Monate und ihre Bewohner möglichst authentisch kennen lernen!

Zustande gekommen ist der Workshop übrigens nur, weil die Freiwilligen aus dem Vorjahr und Pro REGENWALD kurzfristig die Übernahme der anfallenden Kosten ( Reise, Transport, Material ) zugesagt hatten.

BlogNo:02

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