Gewohnheiten

von 21 nathalie  

Ich trage sie mit mir rum. Internalisiert, mir inhärent. Bewusst werde ich mir ihrer erst, wenn das ihrige Nachgehen in einer Weise gestört wird, dass ich meinen Takt verliere. Persönlich gestehe ich mir diesen Takt wirklich nur sehr ungern ein. Behaupten tue ich, ich würde Routinen hassen – die Gewohnheit sich auf gebahntem Weg zu halten - besonders vor mir selbst. Irgendwo stimmt das auch. Dass ich sie dennoch verfolge, ist das Paradoxon.

Dass es sich dabei um ein Paradoxon handelt, ist noch so eine Geschichte, die ich mir gern erzähle. Tatsächlich ist es doch so, dass wir ohne Routinen nicht funktionieren. Das Leben ist eine einzige Routine: Schlafen, Essen, Aufstehen, Arbeiten plus im Idealfall etwas das uns Spaß bereitet. Dieser Idealfall* bietet Platz für Varianz. Wir mögen vielleicht nicht immer das Gleiche essen, insofern besteht auch hier Abwechslung, aber dass sich die Dinge wiederholen, wir Vorlieben haben oder dass wir im Supermarkt immer zur gleichen Butter greifen, müssen wir uns wohl alle eingestehen. Ich probiere dem zu trotzen. Kerrygold kaufe ich trotzdem ohne Ausnahme.

Wenn man sich nicht angewöhnt, unerwünschte Insassen vorher aus dem Gummistiefel zu schütteln, tritt man auf so etwas
Hier, in San José geraten meine Gewohnheiten aus dem Takt, gerate ich aus dem Takt. Nach fünf Tagen Reis und Bohnen auf meinem Teller ist diese Umstellung auch in meiner Hülle namens Körper angekommen. Die Anpassung geschieht autark. Sogar das Klopapier wird von meiner Hand gedankenlos in den Eimer statt in die Toilette geschmissen. Wäre meine Entscheidung, ein Jahr in Costa Rica zu verbringen, nicht dermaßen geflissentlich gewesen, sondern eher so daher wie die eines Malle Urlaubs, hätte sich dieser Anpassungsprozess vielleicht sogar an meinem Bewusstsein vorbeigeschlichen. So aber liege ich auf der Lauer nach Dingen, die sich in meinem Leben verändern, eventuell mich?
Ureigentlich die Routine verachtend, beobachte ich natürlich voller Freude jegliche Folgen des Umbruchs. In Berlin fällt es mir ja immer so schwer solche an mich ranzulassen. Dort lege ich Steine immer noch in der gleichen Weise aufeinander. Vielleicht ist auch das Heimat. Dort, wo man eine Routine hat. Vielleicht ist das Wort an dieser Stelle noch in den Mund zu nehmen, aber auch komplett übertrieben.

*Es kann Lesen, der Kino- oder Theaterbesuch, Tanzen sein. Schon beim Aufzählen dieser Möglichkeiten, kommt es mir so vor, als ob der Varietät Grenzen meiner Person gesetzt sind. Macht jedoch die Tatsache, dass ich dazu neige, immer wieder dieselben Dinge zur Vergnügung zutun, sie zur Gewohnheit? Ab wann zählt etwas als Gewohnheit, als Teil einer Routine. Wenn ich jeden Freitag Tanzen gehe, ist das dann eine Gewohnheit? Spielt es dabei eine Rolle, dass ich in verschiedene Clubs mit verschiedenen Leuten um verschiedene Uhrzeiten komme und gehe, obgleich immer freitags? Angenommen ich würde nacheinander meine Freitage mit Lesen, Kino, Theater und Tanzen füllen und das nicht mal wiederkehrend in derselben Reihenfolge, ist dem Ganzen nicht doch bis zu einem gewissen Grad eine Routine an zuschulden, weil es sich um dieselben Tätigkeiten handelt oder ändert die Tatsache, dass in der Ausführung der Tätigkeiten Varianz steckt, den Umstand?

BlogNo:03

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