Jahreszeitenwechsel oder: Wie kann man denn deutsches Wetter vermissen?

von 21 clara  

Ich habe vor ein paar Monaten, bevor die Regenzeit in Costa Rica begonnen hat, ein Buch gelesen. In Henry David Thoreaus Walden oder Leben in den Wäldern gibt es einen Part, in dem Thoreau den Übergang von Winter zu Frühling beschreibt.

Ab Seite 294 heißt es dort:

„Nicht gelb, sondern grün ist die Farbe der Flamme. Das Symbol der ewigen Jugend, der Grashalm, strebt wie ein langes grünes Band aus der Scholle hinaus in den Sommer, vom Frost zurückgehalten, aber immer wieder weitertreibend, und hebt seinen Schaft weg vom verdorrten Stengel des letzten Jahres mit dem jungen, frischen Leben, das unten nachdrängt. […] So stirbt unser Menschenleben nur bis zur Wurzel ab und streckt dann aufs Neue seinen grünen Schaft der Ewigkeit entgegen. […] Der Umschlag von Sturm und Winter zu heiterem, mildem Wetter, von trüben, trägen zu hellen, elastischen Stunden ist eine denkwürdige Wende, welche von allen Dingen verkündigt wird.“

Damals haben mich diese Worte ganz melancholisch gemacht und ich habe ehrlich die kälteren Zeiten daheim vermisst, besonders aber eben die Zwischentage. So habe ich begonnen, die Umschwünge hier näher zu beobachten, wie drückt sich hier also der Wechsel aus?

Hier in Lateinamerika gibt es vor allem zwei Zeiten, zwischen denen unterschieden wird, die Trocken- und die Regenzeit. Trockenzeit ist trocken, nicht überraschend, was? Das bedeutet in meiner Umgebung ziemlich stetig hohe Temperaturen um die 31 Grad und Staub von den Straßen in jeder noch so kleinen Ritze. Die Leute bewässern die Straße als krampfhaften Versuch, das Pulver nicht ins Haus zu lassen, jedoch lässt sich das kaum verhindern. Die Füße sind durchgängig schmutzig und Zimmer fegen ist fast täglich angesagt.

Dann beginnt der Übergang, die Temperaturen steigen und in der Sonne ist es kaum aushaltbar. Sonnenbrand wird eine Sache von Minuten, fast Sekunden. Keine zwei Minuten und dein T-Shirt ist durchnässt.

Am 4. April kam dann der erste Regen auf der Insel und ich weiß noch ziemlich gut, wie schnell es sich kühler angefühlt hat. Allerdings war es erst, als ich mit meinen Eltern unterwegs war und wiederkam, dass ich die Veränderungen mitbekam.

Innerhalb fast zwei Wochen wird *alles* grün. Die von Bäumen bewachsenen Berge, die sich in der Trockenzeit braun und ohne Blätter zeigen, färben sich komplett um. Der erdige Boden ist bewachsen von Gras und Unkraut, es regnet so gut wie jeden Abend und auch morgens und nachts kommt man nicht trocken von Haus zu Haus. Denn meistens nieselt es nicht, sondern das Wasser kommt in Kübeln vom Himmel. Die Wellblechdächer machen Unterhaltungen dabei schwer, es wird nur noch geschrien oder geschwiegen. Ist der Regen nicht da, also an manchem Morgen und mittags bzw. nachmittags, sind Mücken im Programm. Zu mancher Zeit kommt nicht einmal mein Mückenzeug gegen diese Viecher an, ich glaube, ich war auch noch nie so froh mein Mückennetz zu haben. In Sekunden sind deine Arme und Beine gepunktet.

In dieser Zeit ist also Planen noch weniger angesagt als sowieso schon, denn der Regen kann dir eigentlich so gut wie immer einen gehörigen Strich durch die Rechnung machen.

An manchem Tag, so neulich wieder, ist es durch den Regen allerdings auch angenehm kühl. Dann können sogar mal lange Klamotten getragen werden, ohne gleich sein Blut zum Kochen zu bringen.


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