Kühe melken und was man dazu so denken könnte

von 22 johanna_f  

Es gibt nach etwa zweieinhalb Wochen, die ich nun in diesem wunderschönen Dorf in den Bergen namens Bijagual bin, bereits so viel zu berichten und Themen, mit dessen Auseinandersetzung ich das Internet vollschreiben könnte, dass ich zunächst nur von einem Erlebnis und meinen Gedanken dazu berichten will.

Meine Einsatzstelle besteht zum überwiegenden Teil aus der Asociación de Mujeres. Die Frauen, die zu dieser Gruppe gehören, bauen in sogenannten casa sombres jeweils bei sich Zuhause Gemüse und Kräuter an. Dabei erhalten sie Schulungen zu organischen Düngern, wie man Umfragen macht und vielem mehr von Mitarbeitern des Ministerios de Agricultura y Ganaderia.

Vor Kurzem durfte ich eine der Frauen dabei begleiten, wie sie mit ihrem Mann Kühe gemolken hat.


Die Mutterkühe werden durch den Bach getrieben

Beim Melken während das Kälbchen trinkt

Und hier wird gemolken und das Kälbchen schaut angebunden zu

Mutterkuh und Kälbchen schmusen am Zaun

Alles Handarbeit

Mit Gummistiefeln und verschiedenen Behältnissen ausgerüstet, sind wir mit dem Auto (hier sind die in der Stadt so fehl am Platz scheinenden Geländewagen wirklich notwendig) zu den Kühen (vacas) gefahren, und sind über die Weide zu der Stelle gestapft, wo gemolken werden sollte. In dem Moment habe ich mich gefragt, ob es hier überhaupt native, also „ursprünglich“ lebende vacas gibt, da es doch Menschen waren, die vor ein paar tausend Jahren auf die wundervolle Idee gekommen sind, (Regen-)Wälder für Tiere abzuholzen, die sie später essen oder melken wollen?

Auf der Weide leben mehrere junge Tiere, darunter ein Kälbchen, sowie dahinter, getrennt durch einen kleinen Fluss, der sich etwas milchig-trüb durch ganz Bijagual schlängelt, drei erwachsene Kühe, welche gemolken werden sollten. Es dauerte etwa eine Stunde bis ihr Mann diese drei Kühe gefunden und auf die vordere Wiese getrieben hatte. So lange unterhielt ich mich mit der Frau. Wenn ich sie mit meinen beschämend geringen Spanischkenntnissen richtig verstanden habe, dann gehören diese Weiden und Tiere nicht ihnen, sondern sie machen es für jemand anderes und das jeden Tag. Insgesamt würden sie sich um vier Weiden kümmern - sie hätten auch eine eigene Weide, aber die läge etwas entfernt von hier.

Dann ging es ans Melken. Zunächst wurden der ersten Kuh mit einem Seil die Hinterbeine eng zusammengebunden. Was mich zunächst schockierte, schien aber ertragbar für die Kühe zu sein und sie waren damit abgelenkt das concentrado zu schlemmen ­- es schien aufgrund der leicht rosanen Farbe eine Art mineralisiertes Futter zu sein ­- oder mit den Kälbchen zu schmusen. Eine der Kühe schaffte es auch, damit ein Stück mitten während des Melkens nach vorne zu gehen, was durchaus gefährlich für die beiden sein kann.

Dann desinfizierten sich die beiden ihre Hände, reinigten den Euter, setzten bzw. hockten sich jeweils auf eine Seite und melkten in einer beeindruckenden Schnelligkeit die Kuh. Es sah sehr einfach aus, wie die Milch zielsicher in die Milchkanne spritzte. Als ich jedoch versuchte, ihnen dies gleichzutun, gelang es mir nicht einmal einen Tropfen der Zitze zu entlocken. Bei der ersten Kuh bin ich mir recht sicher, dass im Vergleich zu den anderen Kühen, mehr zurückgelassen wurde und so hatte das Kälbchen noch etwas zum Trinken.

Bis zum Abschied, nachdem auch den anderen Kühe die Milch entlockt wurde, saugte es an den Zitzen und stieß gegen Ende immer stärker gegen den Euter, um auch noch an die letzten Tropfen dieser wertvollen Nahrung zu gelangen. Da wurde mir wieder offensichtlich vor Augen geführt wie absurd es eigentlich ist, das wir Kühen ihre Milch stehlen. Ich bin „nur“ Vegetarierin (was für die Menschen hier aus nachvollziehbaren Gründen schwer genug zu verstehen ist), aber sich vorzustellen, dass wir als so ziemlich einziges Säugetier noch im Erwachsenenalter Milch trinken und dann auch noch von anderen Tieren, sodass deren Kinder weniger haben, ist einfach echt absurd.

Und trotzdem ­ in diesem Kontext und dort wirkte alles sehr ursprünglich und nicht so industriell-maschinell, was bei mir irgendwie eine positive Stimmung erzeugte. Vielleicht ist dort die Vorstellung , dass Welt in Kreisläufen funktioniert und wir mit der Teil der Welt sind noch eher zu erkennen.











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