Sommer in Guanacaste - Warten auf Regen

von marcus_11  

Während Europa gerade wieder abkühlt und vielleicht noch einen Aprilschnee kriegt, herrschen hier im Nordwesten Costa Ricas ganz andere klimatische Verhältnisse vor. Warm und trocken, ausgedörrtes Land. Das gilt besonders für die Provinz Guanacaste im Nordwesten des Landes, die im Vergleich zum restlichen Teil des Landes seit Wochen und Monaten kaum Wolken am Himmel gesehen hat, indessen andere Regionen Costa Ricas regelmäßig vom Regen überschüttet werden. Im Gegensatz dazu kann ich mich schon gar nicht mehr daran erinnern, wann es hier das letzte Mal geregnet hat – wahrscheinlich Ende November.

Die Trockenzeit in Guanacaste dauert etwa von November bis April, in dieser Zeit gibt es Sonne satt und bis auf wenige Ausnahmen absolut keinen Niederschlag. Das ist natürlich sehr angenehm, besonders wenn man die freien Tage an Weihnachten oder den Jahreswechsel an den schönen Pazifikstränden verbringen möchte, so wie es viele Costaricaner und immer mehr auch Touristen genießen.

Doch wie so alles im Leben hat auch dies seine Schattenseiten, besonders für die Landwirtschaft. Mal abgesehen davon, dass es wirklich extrem beschwerlich sein kann, bei dieser Hitze in der drückenden Sonne zu arbeiten (ich spreche aus eigener Erfahrung, das kann jeder gerne mal an heißen Sommertagen ausprobieren), ist es vor allem problematisch für die Pflanzen, die im ausgetrockneten Boden kaum Nährstoffe finden.

Daher ist es umso wichtiger, ausreichend Wasserquellen und ein gut ausgebautes Bewässerungssystem zu haben. Wasser ist auch eine der wichtigsten Komponenten in der Permakultur, die Wilmar, meinem Gastvater und Besitzer der 2ha großen Öko-finca, als Leitbild dient. Als er das Grundstück vor knapp 20 Jahren gekauft hat, gab es hier keinen einzigen Baum und der Boden war dürr und öde. Angefangen hat auch er damit, seine Anpflanzungen ganz einfach mit einem Wassereimer zu gießen.

Doch das kostet viel Zeit und Mühe, je mehr man pflanzt, und da er als Anwalt und Politiker viel beschäftigt ist, konnte er das trotz seiner Leidenschaft für die Agrikultur, auch mit Hilfe seiner Frau Suray nicht bewältigen. Daher fing er an, einen Brunnen und eine Pumpe zu installieren und im Laufe der Zeit ein weitreichendes System von Wasserleitungen quer durch das Grundstück zu verlegen. Zuerst benutzte er viel so genannte „mariposas“ (= Schmetterlinge), die das Wasser im weiten Umkreis versprühen. Doch durch fortwährende Beobachtung (ein weiteres Leitprinzip der Permakultur) stellte er fest, dass diese Wasserverteiler nicht effektiv genug sind, sondern die Feuchtigkeit in erster Linie an der Oberfläche weitläufig verteilen, ohne dass es jedoch weit in den Boden gelangt und die Wurzeln erreicht, was für die kultivierten Pflanzen jedoch viel wichtiger wäre.

Daher änderten wir nach und nach das Bewässerungssystem und verwenden jetzt eine Technik, die Wilmar nicht ohne Stolz ‚sistema „double you emme“ (WM)’ nennt, wobei der Name für seine Initialen steht. Das System ist denkbar einfach, doch sehr effektiv. vom Wassertrank gehen normale starre Leitungen weg, die sich immer weiter verzweigen und die untergeordneten Arme jeweils einzeln geöffnet oder geschlossen werden können, sodass man nur gewisse Sektionen schalten und damit auch den Wasserdruck kontrollieren kann.

Neben den starren Leitungen, die (leider) meist aus Plastik sind und untereinander mit einer blauen klebrigen Masse (Spezialkleber) verbunden werden, gibt es auch noch flexible Schläuche aus einem gummiartigen Material, die günstiger und einfacher zu verlegen sind. >

Das ist nicht neu und kann man auch in einigen anderen Grundstücken sehen. Doch normalerweise münden die Leitungen in eben jene mariposas, die zwar sehr schön anzuschauen sind und eine angenehme Frische verbreiten, das Wasser jedoch mehr nur oberflächlich verteilen, anstatt in den Boden einzudringen.

Dies gelingt sehr viel besser mit der „Erfindung“ von Don Wilmar: dazu verlegen wir diese flexiblen Gummileitungen entlang der Pflanzen und machen mit einer Spitze – meist einem Dorn von einer Limonenbaum o.ä. – kleine Löcher in den Schlauch, sodass Wasser in kleinen feinen Strahlen herausströmt. Dadurch wird nicht nur die einzelne Pflanze, sondern auch der sie umgebende Boden gut durchwässert. Je mehr Wasser die Pflanzen brauchen, desto mehr Löcher muss man in die Wasserleitung pieksen. Dieses Bewässerungsssystem wurde noch effektiver, indem wir die Schläuche höher, etwa auf Kniehöhe befestigten, sodass die Wasserstrahlen gleichsam auf die Pflanzen herabregneten.

Anfangs war ich sehr skeptisch, ob dies effektiv funktionieren könne und der Wasserdruck aufrecht erhalten würde. Doch meine Zweifel waren unberechtigt und unser Grundstück ist dank der guten Bewässerung eines der wenigen, das auch im heißen Sommer (=Trockenzeit) Guanacastes in frischem Grün erstrahlt. Dennoch warten wir auf den „Winter“, der mit dem Regen eine willkommene Abkühlung für Mensch und Natur bringen wird und vor allem wichtig für den trotz allem ausgetrockneten Boden und das Aufblühen der noch jungen Neuanpflanzungen ist. Manchmal glaubt man schon, den aufkommenden Regen zu spüren, wenn starker Wind aufzieht oder sich doch mal einzelne Wolken bilden. Doch nur selten spürt man einige Regentropfen in der Luft, ohne dass das Wasser wirklich den Boden erreicht – ein leichter Sprühregen gleichsam den „mariposas“. Dieses Phänomen ist als „viento de agua“ bekannt: wie eine Andeutung von Regen, ja nur ein Hauch von Wasser in der Luft...

p.s. Das extreme Klima führt außerdem noch zu anderen Phänomenen: In Guanacaste gibt es in jedem Haus, auch in der kleinsten Hütten, mindestens einen Ventilator, der auch ständig läuft; in öffentlichen Gebäuden zudem Klimaanlagen, die meist extrem kalt eingestellt sind, so dass man gleichsam einen Kälteschock bekommt wenn man eintritt und der Hitzeschlag folgt beim Verlassen des Gebäudes. Selbst eine defekte Klimaanlage im Amtsgebäude von Abangares, welche das Kühlwasser im Raum verteilte, wurde nicht abgestellt, sondern lediglich von der Putzfrau der feuchte Boden trockengewischt. Dennoch bekam jeder, der eintrat/vorbeiging, eine unfreiwillige Dusche. – Auch wenn es für mich anfangs etwas ungewöhnlich war, dass ständig die Klimaanlage läuft, so kann ich es nunmehr besser nachvollziehen, denn zuweilen ist es wirklich sehr drückend heiß und gerade auch für „Kopfarbeit“ anstrengend. Leider lassen die meisten Leute hier aus dem gleichen Grund meist die Klimaanlage und den Motor des Autos laufen und sogar bei „Ökos“ wie meinem Chef Wilmar hat es einiges an Überredungskunst gebraucht, um ihm klar zu machen, dass es sehr viel ökologischer ist, zumindest bei längeren Aufenthalten, den Motor abzustellen und dafür vielleicht das Fenster zu öffnen.

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