Barfuss

von carla_11  

Die Hängematte schwingt sanft unter mir hin und her. Der Regen tropft aus dem graubewölkten Himmel, kommt lautlos auf dem blättergedeckten Haupthausdach auf, prallt klopfend auf die Wellblechplatten der Schlafbauten.

Die eierschalengelben Entenküken liegen zusammengekuschelt an einem der Hauspfosten, die den Boden der Gebäude gut anderthalb Meter vom Erdgrund erheben. Diese Bauweise rührt von den Afrocaribeños der Atlantikküste her und schützt nicht nur bei Überschwemmungen, sondern auch vor in der Küche herumspazierendem Federvieh.

Der große Truthahn der mit seinem grauschwarzen Bart pickend auf der Wiese herumstolziert, meckert gerne vor sich hin, seine Federn so aufgeplustert, dass er doch irgendwie einem pelzbemantelten König gleicht. Das, wie Gummi aussehende, Gehänge an seinem Hals ist mal von einem intensiven Rot, mal von einem blassen Weiß. „Wenn er seine Farbe ändert“, sagt mein Gastvater, „bedeutet es, dass er betet.“

Heute ist ein kalter Morgen, ich habe vergessen, wie kalt die Winter in Deutschland sein können. Der Wind durchwühlt die Blätter in den Baumkronen und singt sein Lied, während er durch die Bananenstauden fährt.

Der Donner beginnt zu dröhnen. Gewitter sind die Beschützer der Menschen, denn sie fahren um die Häuser, unter ihnen hindurch, über sie hinüber und vertreiben die bösen Geister. Der Meleruk, der Berg von dem das kleine indigene Dorf seinen Namen hat, ist im nebligen Dunst verschwunden. Es ist der Berg der bösen Geister. Eine Mauer soll es dort geben, erbaut von niemandem, die, so sagt man, die bösen Geister hinter sich einschließt.

Der Meleruk ist von ungewöhnlich runder Form, gleicht einem Maulwurfshügel.

Der Regen füllt die blauen Wassertanks und die Regentonnen am Haus. Wasser hat hier noch eine andere Bedeutung. Regnet ist, so ist Wasser da, regnet es nicht und ist der Vorrat des letzten Gusses aufgebraucht, so muss mühsam Wasser aus dem Fluss, aus dem Bach, hochgetragen werden. Auf der Schulter, im Korb am Kopf und mit dem Pferd. Das Leben der Menschen hier ist einfach, aber nicht leicht.

Sich abends im Fluss waschen zu gehen, mit wie Sternen glitzernden Glühwürmchen in der Dunkelheit ist jedoch noch schöner, als sich in der einfachen Dusche Wasser über den Kopf zu gießen. Ein Glühwürmchen kommt auf mich zugebrummt und verläuft sich zwischen meinen Haaren.

Wenn ich nachts barfuß über das feuchte Gras laufe, tausende von leuchtenden Sternen über mir, wie eine Decke über die Welt gelegt, dann ist da dieser Zauber.

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