Blattschneiderameisen

von arved_12  

Bereits in der ersten Woche meines Aufenthalts habe ich diese Tierchen entdeckt. Ihre langen Transportstraßen und die koordinierte Funktion haben mich überrascht. Beute, doppelt so schwer wie sie selbst, können die Blattschneiderameisen ohne Probleme transportieren, für mich eine sehr interessante Spezies.

Blattschneiderameisen nennt man ca. 40 Ameisenarten, welche mit ihrem Mundwerkzeug Blätter zerteilen, um diese dann in ihren Bau zu transportieren. Auf Gras spezialisierte Arten nennt man auch Grasschneiderameisen. Die Verbreitung reicht von den Tropen bis zu den Subtropen. Somit liegt Costa Rica mitten im Verbreitungsgebiet.

Wer nun erwartet, dass die abgeschnittenen Blätter zum bloßen Bau gedacht sind, denkt falsch, hinter diesem Verhalten steckt eine viel interessantere Geschichte. Thomas Belt, seinerzeit ein bekannter Naturforscher, entdeckte 1874 warum die Ameisen die Blätter abschneiden. Die Blätter werden nicht als einfache Nahrung sondern als Substrat genutzt. Hierzu werden die Blattstücken zerkaut, um darauf einen Pilz der Gattung der Engerschirmlinge wachsen zu lassen. Diese Pilzart dient dann als Nahrung.

Der Anbau dieses Pilzes erfolgt in großen Pilzfarmen. Dort ist die Arbeit den einzelnen Kasten zugeordnet. Jede Kaste übernimmt einen der insgesammt 29 Schritten.

Das von einer Erntearbeiterinnen abgelegte Blatt wird von einer kleineren Arbeiterin in 1 Milimeter kleine Stücke zerteilt. Diese Stücke werden von einer noch kleineren Kaste zerkaut und auf Haufen gelegt. Dieses Substrat wird dann gartenähnlich angelegt und gleicht vom Aufbau her einem Badeschwamm. Dieses angelegte Substrat dient dann dem Pilz als Nahrung und gibt ihm die nötige Basis. Durch die Tunnelröhren können die Ameisen den gesammten Garten bewirtschaften. Der Pilz braucht enorme Pflege und wird von mehreren Kasten kontrolliert. Das Auszupfen des Pilzrasens, das Neuanpflanzen von Pilzfäden, und das Abbeißen von Fruchtkörpern sind wichtige Arbeitsschritte. Nicht die Fruchtkörper sondern die eiweißhaltigen Verdickungen dienen als Nahrung und werden ausgezupft.

Diese Symbiose ist derart stark, dass die Arten ohne dem Gegenüber nicht überleben könnten. Die Blattschneiderameise braucht den Engerschirmling als Nahrung und der Pilz braucht die Ameise, da sie andere aggressive Pilzarten fernhält.

Insgesamt sind ca. 3-4 Millionen Ameisen in einem Bau. Dieser hat nicht nur Kammern für die Anlage von Gärten, sondern auch Entsorgungskammern in welche tote Ameisen oder Blätterreste entsorgt werden. Die Größe des Ameisennestes ist von Art zu Art unterschiedlich kann aber bis zu 50 m² umfassen.

Blattschneiderameisen sind meiner Meinung nach äußerst wichtige Teile des Ökosystems Wald. Die Wechselfunktionen sind schwer überschaubar und geben immer noch Rätsel auf. Der Nähstoffzufuhr in den Boden und die Unterstützung anderer Boden- und Erdbewohner sind nur zwei der wichtigsten Wechselbeziehungen.

Durch die hohe Produktivität dieser Symbiose ist der Verbrauch von Blattmaterial ähnlich hoch wie der einer Kuh. Dieser Faktor geht vor allem bei wirtschaftlichen Monokulturen hart zu Buche. Um dem entgegen zu wirken wird Chemie eingesetzt und die Ameise vernichtet. So gewinnt der Boden weniger Nähstoffe und es müssen chemische Dünger eingesetzt werden. Der natürliche Kreislauf gerät bereits bei der Vernichtung einer derart kleinen Art aus den Fugen.

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