Mit dem Müll-Transporter in Chachagua...

von naja_12  

Seit Wochen habe ich mir vorgenommen mal anzufragen, ob es nicht die Möglichkeit gäbe einmal mit dem Müll-Wagen vor Ort mitzufahren. Um zu sehen, wie das „Abfall-Management“ hier so abläuft und was es für Unterschiede zum System in Deutschland gibt. Da mein Gastvater den Inhaber des „Müll-Betriebes“ im Dorf und Umgebung kennt, wurde mir das Kontakte knüpfen sehr einfach gemacht.

Nachdem einige Male nachgefragt wurde warum und wieso ich denn interessiert bin und für wen ich diese Informationen sammeln will, hatte ich dann an einem Montag im April die Gelegenheit mit dem Inhaber „Flaco“ im Laster mitzufahren. Nochmals hakte er nach was denn der Grund für mein Interesse sei und für wen ich das alles machen würde. Wirkte so als hätte er ein wenig Angst, dass ich eine riesige Reportage über das Müll-Problem in Costa Rica starten will und ihm dadurch seinen Job streitig mache oder so. Ich erklärte ihm daraufhin, dass es lediglich für meine privaten Zwecke gedacht ist und vielleicht für meine Organisation in Deutschland.

Flaco hat vor 15 Jahren den Mülltransport und die Mülltrennung in Chachagua und den kleinen Dörfern in der Umgebung selbst aufgebaut. Der Müll-Laster ist also sein privates Eigentum und wurde ihm nicht vom „Staat“ zur Verfügung gestellt. Warum Privat? Weil die Gemeindeverwaltung zu klein ist und es dadurch nie einen offiziellen Müll-Transport gegeben hat. Das Land konzentriert sich anscheinend mehr auf die größeren Städte und lässt dabei kleine Dörfer in der Umgebung völlig außeracht. Das sieht man schon allein an der unglaublich geringen Anzahl an Mülleimern, die im Dorf aufgestellt sind. In Städten, wie San José, San Ramon und San Carlos sieht das anders aus.

Flaco hat mir erzählt, dass er nie eine Erlaubnis gebraucht hat. Vor fünf Jahren hat er zwar in San Ramón angefragt, ob er eine offizielle Bestätigung benötige, weil Chachagua nun mal zur Gemeinde San Ramons zählt. Die Zuständigen konnten ihm jedoch nicht weiterhelfen.

Jeden Montag fährt er Chachagua und Umgebung ab und am Mittwoch im Dorf San Isidro. Von sechs Uhr in der Frühe bis um circa fünf Uhr am Nachmittag wird gearbeitet. Er fährt den Wagen und drei weitere Arbeiter sammeln die Müllsäcke vor den Häusern ein. Einige Säcke, die zu schwer sind, nimmt er jedoch gar nicht erst mit, da er den Müll einmal in der Woche in Florencia, in der offiziellen Ablade-Station wiegen lassen muss und dafür entsprechend bezahlt. Daher ist es Flaco auch nur möglich den Müll von offiziellen Gebäuden oder Familien aufzusammeln und nicht den in möglicherweise öffentlichen Mülleimern, da hier keiner für die Dienstleistung bezahlt.

Jedes Haus bezahlt einmal im Monat 3500 Colones für den Müll-Dienst an ihn. Das sind ca. 6 Euro. Manchmal kann es auch ein bisschen mehr werden, wenn die Familie im Monat mehr entsorgen musste. Jede Familie hat eine Liste, die dokumentiert, wann der Laster Müll einsammelt und ob der Monat schon bezahlt wurde oder nicht. Kann eine Familie mal nicht bezahlen wird einfach bis zum nächsten Monat abgewartet.

Auf seinem Müllwagen trennt Flaco die Müllsäcke erst einmal grob in Recycling-Müll, wie Plastikflaschen, Glas, Dosen, Papier etc. und in Müll, der nicht mehr weiterverwendet werden kann. Den Recycling-Müll sammelt er in seinem Haus und trennt ihn vor Ort. Wenn genug Recycling Material gesammelt ist, kommt ein Laster und bringt alles zum „Coca Cola“-Gewerbebetrieb nach San José und Cartago. Flaco wird nach der Menge an Recycling-Müll, den er sammelt, von dieser „Coca Cola“-Firma bezahlt. Aufgrund dessen gibt es auch sogenannte „Busos“, Leute die auf Müllabladestationen nach noch recycle-fähigem Müll suchen, um diesen dann an den „Coca Cola“-Betrieb zu verkaufen. Die Einwohner bittet Flaco anhand von kleinen Zetteln darum, den Müll doch bitte schon vorher in Recycle-fähigen und nicht fähigen zu trennen. Das machen jedoch die wenigsten der Gemeinde.

Den übrigen, zu nicht zu gebrauchenden Müll, bringt Flaco dann zur Müllabladestation nach Florencia, einem größeren Dorf in der Nähe. Hier wird der gesamte Müll dann gewogen und in ein gigantisches Erdloch abgeladen. Der Abfall wird danach mit einer Schicht Erde bedeckt um sich „besser“ zersetzen zu können. Verbrannt wird der Müll jedoch nicht. Bis jetzt hatte ich leider noch nicht die Möglichkeit mir diese Station anzuschauen. Bilder und Videos zu machen ist laut Aussage des „Chefs“ der Abladestation nicht erlaubt.

In San Carlos wird der Müll ebenfalls in ein riesen Erdloch geladen und nicht verbrannt. Es ist anscheinend geplant eine Müllverbrennungsanlage aufzubauen. Diese Idee besteht jedoch schon seit längerer Zeit und bis jetzt ist noch nicht viel passiert.

In Guanacaste gibt es Stationen auf denen der Müll, ohne Filtersystem, verbrannt wird. In San José gibt es einige Stationen. Hier wird der Müll, soweit ich weiß jedoch auch nicht verbrannt sondern ins Erdloch geschüttet. Da fragt sich wieso, ob nicht beides gleich „bescheiden“ ist.

Der Tag war sehr spannend und wir konnten viele Informationen austauschen, sowie auch über die Probleme vor Ort sprechen. In der Zukunft kann ich vielleicht nochmal zuschauen, wie er seinen Müll trennt und vielleicht kann ich mir die Station in Florencia ja sogar einmal ansehen. Ohne Fotos zu machen, natürlich.

Interessieren würde mich echt mal wie viel Geld die Personen, die den Recycling-Müll an die „Coca Cola“ Company verkaufen, so bekommen. Wer weiß, ob das nur eine Strategie ist, um sich billige Arbeitskräfte zu leisten, die keine andere Möglichkeit haben als vom Verkauf von Recycling-Müll zu leben, egal wie niedrig sie bezahlt werden.

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1 Kommentar

Kommentar von: Chris [Besucher]

Echt gut, dass du das nachrecherchiert hast! Hat mich auch schon ewig interessiert. Dass der Müll in nem großen Loch landet war ja aber irgendwie klar… :( Aber recyclet wird doch echt das wenigste. Man sollte auch meinen dass die 6Öken für den Müll nicht viel wären, aber viele in Chachagua meinten zu mir, dass es denen zu teuer sei. Naja, wenn man nur 1000 Colones die Stunde kriegt, muss man halt schauen dass man damit die Rechnungen bei der Pulperia vom letzten Monat halbwegs begleichen kann, ne? … Gute Arbeit!! Weiter so! Schön zu lesen, dass was geht.
Liebe Grüße, Chris


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