[Wahl] Kurz vor den Wahlen - Die Repräsentation der Indigenen in der nationalen Politik

von manali_12  

Am 2. Februar sind Präsidentschaftswahlen. Zum ersten Mal überhaupt in Costa Rica hat dabei eine „linksgerichtete“ Partei Aussichten auf Erfolg, zumindest eine Stichwahl zwischen dem Kandidaten der aktuellen Regierungspartei der Nationalen Befreiung (Partido Liberación Nacional, PLN) und dem der „linken“ Frente Amplio (FA) ist wahrscheinlich (siehe auch hier: Die Linken auf Siegeszug). Neben den beiden treten zwar noch eine Vielzahl weiterer Kandidaten an, aber nur etwa insgesamt fünf spielen im Wahlkampf eine größere Rolle. Ihre jeweiligen Programme setzen sich mehr oder weniger intensiv mit dem Thema auseinander, das mich persönlich hier in Costa Rica am meisten interessiert: die Belange der indigenen Bevölkerung des Landes.

Die acht indigenen Gruppierungen Costa Ricas machen etwa 2,4% der Gesamtbevölkerung des Landes aus, und allein schon diese Zahl gibt viel Aufschluss über den politischen Einfluss, den die acht indigenen Gruppierungen auf nationaler Ebene ausüben (können): Er ist verschwindend gering.

Die indigenen Territorien, die theoretisch als unveräußerliches Eigentum der jeweiligen Gruppierungen angesehen werden, sind faktisch zu einem Großteil im Besitz von Nicht-Indigenen. Nur zwei Parteien unterstützen in ihrem Wahlkampf die Forderung dieses besetzte Land für die Indigenen zurückzugewinnen: Zum einen FA und zum anderen die Partei für Bürgerliches Engagement, (Partido Acción Ciudadana, PAC), die einen klaren Entwurf dazu vorlegt, wie der Rückgewinn des Landes erreicht werden soll.

Diese beiden Parteien sprechen sich insgesamt am stärksten zugunsten der indigenen Belange aus. Der Gesetzentwurf zur indigenen Autonomie, bzw. zur autonomen Entwicklung der indigenen Völker, wird seit über zwanzig Jahren diskutiert – und von den Regierenden blockiert, da er ihren Interessen an wirtschaftlichen Großprojekten wie dem Wasserstaukraftwerk Diquis entgegensteht. In ihren Regierungsplänen unterstützen nur FA und PAC eine Bestätigung und Implementierung des Gesetzes. FA möchte dem Gesetzentwurf eine hohe Priorität einräumen und ihn in den ersten 100 Tagen seiner möglichen Regierung bestätigen.

Nur bezüglich des Wasserstaukraftwerk-Großprojekts Diquis ifinden die Indigenen auch im Regierungsprogramm der Freiheitlichen Bewegung (Movimiento Libertario, ML) Erwähnung: Die vom Bau des Staudamms betroffenen indigenen Gemeinschaften, die einen Teil ihres Territoriums durch den entstehenden Stausee verlieren würden, sollen mit einem kleinen Prozentsatz der möglichen Gewinne des Projekts entlohnt werden. Dabei hatten sich die betroffenen Indigenen Gruppierungen komplett gegen einen Bau des Staudamms ausgesprochen und forderten, dass ihr Menschenrecht auf Konsultation eingehalten werde. Sie stoppten damit nicht nur vorläufig das Bauprojekt, sondern brachten auch eine UN-Beobachtungsmission ins Land, die die aktuelle Regierung dazu aufrief, geltendes Recht einzuhalten. (vergleiche: Die Menschenrechte der Indigenen in Costa Rica) Dies interessiert aber scheinbar weder ML noch die aktuell regierende PLN, die weiter an dem Prestigeprojekt festhält. Letztere geht nur in zwei Aspekten ihres Regierungsprogramms auf die Situation der Indigenen ein: Sie möchten sich, wie alle Parteien, an bereits bestehende Gesetze halten und die Bildungsituation der indigenen Bevölkerung verbessern. Zu allen weiteren Punkten werden keine konkreten Vorschläge gemacht.

Und worin unterscheiden sich FA und PAC, die beiden Parteien mit den umfassendsten Vorschlägen bezüglich der indigenen Bevölkerung? Im Gegensatz zu FA sieht PAC ein Programm bezüglich der Wohnungsproblematik der Indigenen vor. Ein solches ist als einziger Punkt neben der Verbesserung der Bildung auch im Programm der Partei der christlich sozialen Einheit (Partido Unidad Social Cristiana, PUSC) bezüglich der indigenen Bevölkerung Costa Ricas angedacht. FA schlägt dagegen als einzige Partei vor, den ersten Artikel der Verfassung zu ändern und den plurikulturellen und multiethnischen Charakter des Landes hier schriftlich zu verankern. Dies ist ein wichtiger Ansatz, um ethnischer Diskriminierung vorzubeugen und im Gegensatz die indigenen Gemeinschaften gleichberechtigt und in ihrer Vielfalt zu integrieren. Darüberhinaus will die Gruppierung das Recht auf Konsultation zu stärken. Ansonsten berücksichtigen die beiden Parteien weitgehend die gleichen Themen: Sie möchten die politische Repräsentation der Indigenen ausbauen, ihre Territorien stärken, die Bildung verbessern und traditionelle Medizin anerkennen.


Was davon letztendlich umgesetzt werden wird, ist eine andere Frage – denn die Indigenen repräsentieren nur einen kleinen Anteil an der Bevölkerung und es gibt viele andere Projekte und Probleme im Land, die die meisten Bürger des Landes betreffen und die die zukünftige Regierung anpacken sollte.

Ebenso unklar ist der Ausgang der Wahl, die Werte der letzten beiden Umfragen der beiden großen Meinungsforschungsinstitute im Lande unterscheiden sich stark:
Bei UNIMER (Quelle: http://www.nacion.com/nacional/elecciones2014/Nueva-encuesta-agita-lucha-punteros_0_1391060924.html) erhielten gut zwei Wochen vor der Wahl
- José María Villalta (FA) 22,2%
- Johnny Araya (PLN) 20,3%
- Otto Guevara (ML) 20,2%.


Bei CID GALLUP (Quelle: http://www.repretel.com/nueva-encuesta-anticipa-lucha-cerrada-por-la-presidencia-del-pa%C3%ADs) sahen einige Tage vorher die Wahlabsichten allerdings etwas anders aus:
- Johnny Araya (PLN) 39%
- José María Villalta (FA) 26%
- Otto Guevara (ML) 18%.

Erreicht keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang 40% der Stimmen, wird es im April zu einer Stichwahl zwischen den beiden bestplatzierten Kandidaten kommen. Dies scheint wahrscheinlich. Zunächst mal warte ich aber gespannt auf den 2. Februar.

Quelle und weitere Infos (spanisch):
- www.revistapaquidermo.com/archives/9750#comments
- 1.bp.blogspot.com/-GaJpM5siEno/UtgCD-yU7JI/AAAAAAAAAZk/qJumULo5W2o/s1600/ca%2Bnd.jpg
- www.elpais.cr/files/news/image/detail/encuestadecidgalluppararepretel.jpg

BlogNo:

Noch kein Feedback


Formular wird geladen...