Eine Finca im Verfall

von miriam_12  

Fast ein Jahr habe ich gebraucht, um diesen Plan umzusetzen. Doch die ruhigen Tage um Weihnachten boten sich an, um endlich einmal meine Mitfreiwillige Manali zu besuchen. Von den paar Tagen, die ich dort war, verbrachten wir die meiste Zeit auf der Finca von ihrem Gastvater.

Dieser war bis vor einem halben Jahr im costaricanischen Netzwerk für Indigene und Campesinos (Coproalde) aktiv und beschäftigt sich schon lange mit nachhaltiger Landwirtschaft. Zusammen mit einem Freund besitzt er auch eine Finca in der Nähe von Río Claro. Dort wollen die beiden mal Kurse geben, und mit mehr Leuten zusammen wohnen und nachhaltig anbauen.

Entsprechend gespannt war ich, die Finca nun kennenzulernen. Doch ich wurde schon vorgewarnt – im letzten halben Jahr ist dort extrem wenig passiert. Osvaldo hat einen Vollzeitkurs im Bambusmöbelbauen gemacht, um den Bambus von der Finca nutzen zu können. Der andere Freund von ihm, Roberto, motiviert sich alleine nicht, auf die Finca zu gehen. Daher kann man schon, ohne zu übertreiben, von einem gewissen Verfall sprechen.


Nicht viel, was die Natur vom Schaf übrig lässt

Als wir nach stundenlangem Bergauf und Bergab durch die Sonne endlich auf der Finca ankamen, empfing uns kühle Frische. Ein großer Teil der Finca besteht nämlich aus wildem oder halbwildem Wald. Auf dem Weg zum Haus nach oben haben wir noch einen Abstecher zu den Schafen gemacht. Als meine Mitfreiwillige einen Monat zuvor auf der Finca war, lebten von den ehemals acht Schafen nur noch vier. Der Rest existierte nur noch in Form von Knochen – vermutlich ein Raubtier.

Wir kamen an dem Kompostdach (Bambuskontruktion, unter der Kompost aus Schafmist hergestellt wird) und der Baumschule vorbei. An sich sehr schön, nur war das Kompostdach halb eingestürzt und die paar Pflanzen in der Baumschule vertrocknet. Es lagen auch ein paar Samentütchen herum.

Der Wassertrog der Schafe war ziemlich veralgt und verdreckt, die Futterkrippe und das Dach sahen noch sehr solide aus. Wir kippten den Trog aus und reinigten ihn so gut es halt ging mit der bloßen Hand. Die beiden verbliebenen Schafe schauten uns scheu zu. Wo waren die beiden anderen geblieben? Das war einfach zu beantworten: Am Boden lagen verschiedenste Schafsknochen, darunter auch zwei Kiefer.


Typischer Stall und Schaf

Doch es gab auch eine positive Überraschung: unbemerkt von allen Menschen war ein Lamm zur Welt gekommen. Wir machten uns allerdings Sorgen – wenn hier ein Tier schon die großen Schafe fraß, wie lange würde das Kleine dann überleben? Das beste wäre es, die verbliebenden Schafe mit runter ins Dorf zu nehmen.

Endlich gingen wir zum Haus, um unser Gepäck – Kleidung, Bettlaken und -decken und Essen – abzustellen und einen Kaffee zu kochen. Doch wir konnten uns gar nicht richtig entspannen, zu sehr drängte sich die Arbeit auf. Denn scheinbar war der Zaun der Schafe undicht, zumindest lag überall Schafscheiße herum. Wir räumten auf, fegten, schrubbten den Boden und wuschen zwei Schaumstoffmatratzen, um zumindest frei von Dreck und undefinierbaren, aber stechenden und beißenden, Tierchen schlafen zu können.


Quelle

Eigentlich ist die Finca wunderschön. Zwischen wilden Waldflächen und Bambussen liegt ein rustikales Holzhaus mit Freiluftdusche (und eher unappetitlichem Freiluftklo). Das eiskalte Wasser kommt von einer Quelle, die auf der Finca entspringt und ist sauber. Etwa eine Viertelstunde zu Fuß vom Haus entfernt gibt es auch ein kleines natürliches Becken , in dem man sich einige Minuten baden kann – danach wird es zu kalt. Neben dem Haus waren einmal Beete mit medizinischen Pflanzen, doch der Nachbar, der die Finca freigeschnitten hatte, hat sie vermutlich mitgeschnitten. Osvaldo hatte ihn angeheuert, denn er und Roberto haben eine Abmachung: Beide arbeiten auf der Finca, und wenn einer nicht kann, dann bezahlt er jemanden, der ihn sozusagen ersetzt.

Die letztes Jahr gepflanzten Bäume waren ziemlich zugewuchert, an vielen der Markierungen fand man gar keine mehr. Gras und co. waren wohl zu dominant gewesen. Viele davon hatte auch meine Mitfreiwillige geholfen zu pflanzen, vor zwei Monaten hatte sie hier auch mit einem Freund freigeschnitten. Doch im regenreichen Süden hält das nicht lange an.

Auf der Fincaerkundung kamen wir auch an der kleinen ökologischen Kakaoplantage an. Zwischen Bananos und anderen Pflanzen wachsen hier Kakaobäume, die dringend beschnitten und gepflegt werden müssten. Vertrocknete und verfaulte Kakaoschoten hingen teilweise an den Ästen, so hoch, dass man sie schon nicht mehr erreichen konnte. Normalerweise werden Kakaobäume niedrig geschnitten, damit man sie ohne Probleme abernten kann.

Was dieser Finca fehlt, ist nicht das Wissen oder die Kreativität. Osvaldo und Roberto haben viele Kenntnisse in der ökologischen Landwirtschaft und an manchen Orten kann man auch schöne Ideen sehen: Der Rauch vom Herd kann durch ein Fass geleitet werden, in dem man Essen räuchern kann. Der Boden der Dusche ist eine Art Mosaik.

Es fehlt aber nach wie vor ein wenig Liebe zum Detail. Einen Balken zum dauerhaften Schließen der Haustür kostet ein bisschen Holz, ein paar Nägel und vielleicht eine halbe Stunde. Dafür müsste man nie wieder Schafmist vom Boden putzen.

Das wichtigste aber – es müsste einfach jemand dauerhaft oder zumindest regelmäßig auf der Finca arbeiten, um das Haus reparieren (eine Wand fällt fast um), die Bäume zu pflegen, die Finca weiterzuentwickeln.

Osvaldo ist jetzt fertig mit seinem Kurs und will sich eine Bambusmöbelwerkstatt auf der Finca aufbauen. Mal sehen, was dann aus der Finca wird.

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1 Kommentar

Kommentar von: Sarah [Besucher]

Es ist sehr schade, dass ein Projekt oder in dem Fall der Erhalt von der Finca oft von einer Person abhängt und wenn diese dann verhindert ist, läuft garnichts mehr :(
Gibt es denn einen oder mehrere Leute (mal von Roberto abgesehen, der das ja offenbar alleine nicht so hinbekommt), in Osvaldos Verwandt - oder Bekanntschaft, dem er da was beibringen könnte, sodass nicht aller nur von ihm abhängt?


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