Ländliche Idylle zerstören?

von 13 josina  

Für viele von uns geht es in der heutigen Welt lediglich um eines: um das ständige Streben nach „Mehr“. In allen Lebensbereichen ist dieses Denken zu finden. Die Kindergartenkinder sollen schon zweisprachig erzogen werden, in der Schule soll möglichst effizient gelernt werden und der neue Job soll mehr Geld abwerfen, damit das neueste Smartphone als erstes auf dem eigenen Schreibtisch bewundert oder die langersehnte Luxuskreuzfahrt gebucht werden kann.

Das ist der Alltag in der „westlichen Welt“ – ob das nun gut oder schlecht ist, muss jeder für sich selbst entscheiden.

Aber auch in Costa Rica und vermutlich in allen anderen Gebieten der Erde wird dieser Gedankenansatz zunehmend in das tägliche eingebettet. Und so sind mein Mitfreiwilliger vor einigen Tagen zu einem campesino (Kleinbauern) aufgebrochen mit der Mission im Hinterkopf: Wie können wir ihm dabei helfen sein sistema agroforestal (Anbaumethode) zu verbessern?

Wir führten mit ihm ein Gespräch über die Produktionsfähigkeit seines Systems, wie viel er und seine Familie davon für den Eigenverbrauch und die Fütterung der Tiere nutzen, wie viel verkauft wird und wie groß der Anteil ist, der der Natur überlassen bleibt?

Immer wieder bekamen wir auf die Frage, wie viel er von dem Überschuss verkaufe, folgende Antworten: entweder „wenig“ oder „ich verschenke es“.

Mit unserer westlichen Prägung fragten wir uns, warum es ihn nicht reizt, mehr zu verkaufen, da seine Produktion den eigenen Bedarf weit übersteigt und somit Geld in die Haushaltskasse bringen könnte – und das nahezu ohne Mehraufwand.

Es war nicht leicht nachzuvollziehen, dass ihm das nicht wichtig zu sein scheint – vor allem angesichts der Tatsache, dass man hier ständig Leute trifft, die arbeitsuchend zwischen Guanacaste und Limón hin und her pendeln.

Aber das Geld scheint ihm nicht wichtig zu sein. Wir erinnerten uns an einen Besuch vor wenigen Monaten, bei dem er uns frische Milch zu einem Spottpreis verkauft hatte. Auf die Nachfrage, warum die Milch so billig sei, antwortete er, wir seien doch alle arm.

Als wir abends den Tag reflektierten und die Antworten nochmal durchgingen, fragten wir uns, ob es überhaupt nötig und erstrebenswert sei, dem campesino zur Verbesserung der Produktion zu verhelfen, wenn er rundum zufrieden und sein Bedarf mehr als gedeckt ist.

Mit welchem Recht versuchen wir ihn der westlichen Mentalität anzupassen?


Sollte er nicht lieber inmitten der traumhaften Berglandschaft zwischen Nicoya und Santa Cruz so weiter leben, wie er es bisher getan hat?





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1 Kommentar

Kommentar von: Sarah [Besucher]

Schade ist, dass man diese Einstellung nicht öfter in der westlichen Welt findet..


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