Aus den Augen, aus dem Sinn

von 17 jana  


Zerstörungswut bei den Freiwilligen

„Qué rica sombra, amo los árboles“ – „Wie schön der Schatten ist, ich liebe die Bäume“ Das kleine bunte Schild am Baum begrüßt jeden, der die Schule Rey Currés betritt. Wir betreten den langen, offenen Gang, der zu mehreren Bungalows führt. Das „Lyceo Rural Yimba Cajc“ ist die schönste Schule, die ich je gesehen habe. Die einzelnen Gebäude, komplett auf Stelzen gebaut, sind um den Fußballplatz angeordnet und liegen mitten im Grünen.

Die Gänge sind von Blumen und kleinen Bäumchen gesäumt und zu unserer Rechten hängen bunt bemalte und zu Blumentöpfen umfunktionierte Gummistiefel. Ich freue mich darüber, dass sich die Leute hier Gedanken über die Umwelt machen. Ganz so optimistisch war ich dann am Abend nicht mehr.

Morgens um acht rücken Anna, Marvin, Simon und ich (Freiwillige, die alle mehr oder weniger in Rey Curré gestrandet sind) mit unseren Arbeitsgeräten am Colegio an. Wir wurden gebeten, dabei zu helfen die Schule nach der Flut (genaueres dazu in meinem Blogeintrag „Ein Bild der Zerstörung“) wieder auf Vordermann zu bringen und als Freiwillige sind wir natürlich mit Feuereifer dabei. Die Gebäude stehen in direkter Nähe zum Fluss und wurden schwer getroffen. Bis unter das Dach stand das Wasser und hat ein mächtiges Chaos angerichtet, Stühle hängen zwischen den Dachbalken, die Wände sind aufgequollen und das komplette Inventar wurde einmal durcheinander gewirbelt.


Geschäftiges Treiben in der Schule, das halbe Dorf packt mit an

Wir beginnen damit, herumliegenden Müll und zerstörte Möbel aufzusammeln und auf einen großen Müllberg, der bereits neben der Schule liegt, zu werfen. Wir trennen die Metallteile vom Rest und achten darauf, die Leuchtstoffröhren aus den Deckenlampen zu drehen, bevor sie weggeworfen werden. Schließlich gehören die Röhren mit ihrem hochgiftigen Quecksilber in den Sondermüll, weiß der vorbildliche Deutsche.

Aufgrund der Erfahrungen, die ich in den letzten Wochen hier gemacht habe, macht sich in mir das ungute Gefühl breit, dass unsere Bemühungen für die Katz sind. Alle Menschen in Curré verbrennen ihren Müll im Garten oder schmeißen ihn einfach in die Natur, da es keine Müllabfuhr gibt. Zudem wird das Plastik gerne verwendet, um die Feuer, auf denen hier fast überall gekocht wird, anzuzünden, da es so wunderbar brennt.

Auf meine vorsichtige Nachfrage, ob der Müll verbrannt oder abtransportiert wird, bekomme ich allerdings eine vorsichtig positiv stimmende Antwort. Der Müll werde getrennt abtransportiert und recycelt, sagt man mir. Wie viel davon stimmt und inwiefern der Müll recycelt werden kann, weiß ich leider nicht.

Zum krönenden Abschluss des Tages finden wir auf dem Flur einen Drucker, der bereits einen großen, giftigen Farbfleck auf dem Boden hinterlassen hat. Wir erwähnen, dass die Druckerfarbe gefährlich ist, wenn sie z.B. in den Fluss gespült wird und entfernen die Farbeinheit. Da wir nicht wissen, wo man solchen Müll hier verantwortungsvoll abgeben kann, stellen wir die Farbe erst an die Seite und werfen den Drucker auf die Müllkippe. Als wir ein paar Stunden später wiederkommen und die Tinte mitnehmen wollen, um sie das nächste Mal in der Stadt ordnungsgemäß zu entsorgen, ist sie verschwunden und wir sind frustriert.


Kaputt und chaotisch gibt die Schule ein trauriges Bild ab

Das Thema sorgt für Gesprächsstoff und wir fragen uns, warum wir so über den Umgang mit dem Müll hier urteilen. Ist die Situation in Deutschland denn so viel besser? Wir trennen brav und artig unseren Müll und er wird von den netten Menschen in Orange eingesammelt. Aus den Augen, aus dem Sinn. „Es wird schon alles recycelt und verwertet“, beruhigen wir unser Gewissen. Tatsächlich liegt die Recyclingquote in Deutschland bei 47%. Das ist zwar besser, als das Verbrennen des Mülls im Garten, allerdings auch noch deutlich ausbaufähig. Was man auch nicht außer Acht lassen sollte ist, dass in Deutschland mit 611 Kilo Müll pro Kopf im Jahr fast drei Mal so viel Abfall produziert wird, wie in Mittelamerika. Dort sind es „nur“ 230 Kilo pro Jahr.

Da können wir Freiwilligen also noch so viel Umweltbildung betreiben, wie wir wollen oder sogar eine Müllabfuhr für Rey Curré organisieren. Es bringt alles nichts, wenn wir uns nicht an die eigene Nase fassen und unsere Konsumgewohnheiten aus Good-old-Germany nochmal überdenken.

Quellen: www.welt.de/wirtschaft/article129715822/Bruessel-will-noch-mehr-Muelltrennung-von-Deutschen.html http://www.nacion.com/opinion/editorial/la-basura-un-problema-que-se-acumula/TYJ5XZZONJC6ZF3BXQTYOCQRBE/story/

BlogNo:04

Noch kein Feedback


Formular wird geladen...