PESTIZIDE

von 17 radka  

In Europa steht eine Entscheidung an. Eine der wohl spannendsten und wichtigsten in Sachen nachhaltige Landwirtschaft. Thema: Glyphosat-Ausstieg. Glyphosat ist hoch umstritten. Das laut Weltgesundheitsorganisation "wahrscheinlich krebserregend(e)" Herbizid spaltet die Meinungen und die sich ständig ändernden Aussagen führen zu einer hochgradigen Verunsicherung.

Manipulierte Studienergebnisse lassen das Vertrauen in das Mittel, sowie in den Konzern der dahinter steht und mittlerweile so gut wie den gesamten Markt beherrscht -Monsanto- immer weiter sinken.

Aber egal ob krebserregend oder nicht - Glyphosat (auch bekannt als RoundUp) zerstört die Vielfältigkeit des Ökosystems, darüber lässt sich schlecht streiten. Das Herbizid wird von Bauern eingesetzt um Unkraut zu bekämpfen.

Die Proteste im Jahr 2016 - ausgelöst von der Vereinigung zwischen Bayer und Monsanto sowie den kontroversen Studienergebnissen- führte dazu, dass keine erneute Genehmigung für das Mittel ausgestellt wurde, sondern lediglich eine 18-monatige Verlängerung.
Nun ist damit die Gefahr noch nicht gebannt, gerade hat sich das europäische Parlament endgültig gegen eine Verlängerung der europäischen Zulassung von RoundUp ausgesprochen. Die letzte Entscheidung hängt nun aber von den europäischen Landesregierungen ab. Deutschland trägt maßgeblich zu dieser Entscheidung bei.

Nun hat mich das erneute Aufflammen dieser Debatte in Europa dazu inspiriert die Lage in Costa Rica näher zu beleuchten.

Costa Rica-Das Land des Umweltschutzes-Nationalparks-endlose Wälder-weiße palmengesäumte Strände-Artenvielfalt...
Dieses Image genießt Costa Rica in großen Teilen Europas. Naturliebhaber und Öko-Touristen zu beherbergen ist für das Land eine der größten Einnahmenquellen. Deshalb wird das Image gepflegt und geschmückt. Am Flughafen erwarten den Reisenden aus fernen Kontinenten die Bilder bunter Frösche, die frisch-grünen Baumwipfel des Monte Verde Nationalparks, das typische Motiv der Lederschildkröten die an den Pazifikstränden ihre Eier ablegen, der Chirripo als höchster Vulkan des Landes. So wird man begrüßt von einer Regierung, die genau weiß wie sie sich darstellen möchte.
Wo das Land so viele Naturschätze birgt, lauert aber auch eine traurige Wahrheit.

  • Costa Rica ist der größte Verbraucher von Pestiziden relativ zur Nutzfläche
  • Seit 2007 ist der Import von Herbiziden um 312% gestiegen (von ca. 2000 auf 7000 Tonnen), ohne einen merklichen Anwachs der landwirtschaftlich genutzten Flächen (IRET-Instituto Regional de Estudios en Substancias Toxicas)
  • Costa Rica nutzt ca. 24 kg/ha/Jahr Pestizide - im Vergleich: Deutschland (ca. 3kg) und China (ca. 17kg)

Die Entsorgung der Behälter verläuft mangelhaft, man sieht Kinder an der Straße mit leeren Pestizid-Kanistern spielen. Riesige Plantagen liegen direkt neben besiedelten Gebieten. Vergiftungen machen immer wieder Schlagzeilen, wie "28 Frauen vergiftet in Bagaces" 10.06.2010, Julio Seguraingrid Morales - "Pestizid vergiftet 48 Baumwollarbeiter" Chomes, 14.10.2010 Sucesos y Judiciales

Die Plantagenbewirtschaftung ist der Kern des Problems. Dole, Chiquita, Delmonte. Von diesen drei Konzernen wird jeder gehört haben, der schonmal vor der Obstabteilung im Supermarkt stand. Die kleinen Aufkleber mit den blauen und roten Aufklebern hatte wahrscheinlich auch jeder schonmal in seinem Einkaufskorb liegen. Und man kann es noch so oft sagen, noch so oft heuchlerisch den Konsum anprangern noch so oft vor sich hin schwadronieren: Bananen gehören nun mal genau so auf jeden Einkaufszettel wie Äpfel. Es wird kein Unterschied mehr gemacht zwischen regionalem Obst und solchem dass tausende Kilometer zu uns reist. Besonders der Preis lädt dazu ein über ein Detail, wie die Entfernung, getrost hinweg zu sehen. Und wie könnte ich mich aus dieser Beschreibung ausnehmen. In Deutschland habe ich fast ohne Ausnahme jeden Tag Bananen gegessen. Man versucht darauf zu achten dass sie Fairtrade und Bio sind aber so wirklich richtig interessieren tut uns das nicht.

Man muss sich einmal ganz objektiv vor Augen halten WAS hinter der gelben Frucht steckt. Auf welche Verbrechen man stößt wenn man den Weg zurück geht. Wenn man in den LKW steigt, der die Bananen zum Supermarkt gefahren hat, sich hinten in dem Container versteckt der über den riesigen Ozean zwischen uns und Lateinamerika reist, wenn man umsteigt in den letzten Lastwagen und über die jetzt holprigeren Straßen Richtung Plantage fährt.

Was würde man da sehen?

Man würde ein Konzept, komplett entkoppelt von jedem natürlichen Prozess vorfinden. Denn im Laufe ihres Lebens durchläuft eine Plantagenbanane keinen einzigen Schritt mehr natürlich. Beginnen tut dies schon mit der Fortpflanzung, da die Stauden in Monokulturen steril sind. Sobald sich die Blüte gebildet hat, wird sie auch wieder abgetrennt, damit die Pflanze alle Energie in die Produktion perfekter Bananen investiert, welche mit einer Insektizid behandelten Plane umhüllt werden. Im Laufe des Wachstumsprozesses werden die Plantagen großflächig mit Pestiziden begossen, möchte man fast meinen. Flugzeuge versprühen Gifte, während unter ihnen Menschen ihren Alltag ausleben. Noch grün geht die Reise der Bananen über den Atlantik. Aber nicht alle dürfen mit, nein alles muss perfekt der Norm entsprechen. Länge, Breite, Krümmung. Sogar der Reifungsprozess geschieht nicht natürlich sondern in riesigen Lagerhallen mit Hilfe eines Gases. (Sehr gut zu sehen im Video "The journey of bananas. From land to your hand." Der Titel ist irgendwie seltsam gewählt.).

Wenn ich mir jetzt noch einreden kann, Bananen gehören in meine vegetarische, "natürliche" Diät, dann muss ich schon ein Künstler in Sachen Selbstbetrug und Scheinheiligkeit sein.

Und genau das sind wir alle. Protestieren gegen Glyphosat aber Ananas oder Bananen, die aus hochgradig Pestizid-belastetem Anbau stammen, kaufen und essen ohne bedenken. Wir sind Künstler darin, uns ein gutes Gewissen einzureden, Künstler im uns selbst belügen und besser fühlen als "die die gar nichts machen".

Gebt zu, habt ihr euch nicht auch kurz besser gefühlt als ihr den Vergleichswert zwischen Costa Ricas und Deutschlands Verwendung von Pestiziden kg/ha/Jahr gesehen habt? Habt ihr kurz aufgeatmet und gedacht, gutes altes Deutschland...

Doch wer verwendet wirklich die Pestizide in denen die Plantagen Mittelamerikas ertrinken.

Ist es das Land Costa Rica? Sind es Unternehmen wie Dole oder Delmonte? Oder sind es nicht am Ende wir? Sind es nicht am Ende unsere Hände, die die Bananen aus dem Obstregal nehmen? Ist es nicht unser Stift der Tag ein Tag aus "Bananen" auf den Einkaufszettel schreibt?

-Wer zahlt und wer bezahlt-

BlogNo:03

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