Guanacaste

von marcus_11  

Auf dem Weg nach Guanacaste: vorbei an Stadtpark und Stadion im schickeren Stadteil Sabana, weiter Richtung Santa Ana; die Autobahn (Pista) ist umgeben von Hügeln, diese wiederum eingehüllt in feinen Nebel und Wolken; schöne grüne Landschaften dazwischen...

Guanacaste.

Endlich angekommen. In Guanacaste. In Costa Rica. Im Dschungel. Und der ist lebendig! Eine Riesenameise krabbelt mir gerade übers Kopfkissen, mehrere andere im Zimmer umher. Der Dschungel ist auch laut. Draußen hört man ständiges Zirpen, Summen und Krächzen; zwischendurch noch andere Laute. Doch dies sind dennoch beruhigende Geräusche – wenn auch gewöhnungsbedürftig, so doch wesentlich angenehmer (zu ertragen), als in der lärmigen Stadt San José. Und von der Pflanzenwelt bin ich schon jetzt beeindruckt; bin mal gespannt auf morgen. Don Wilmar, unser Gastgeber, lässt uns an seinem Wissen teilhaben und erzählt viel über Land und Leute, die Kultur und vor allem Natur.

Im Haus kann man indigenes Kunsthandwerk (Keramik) neben archäologischen Funden aus der Region entdecken: kleine Steintischchen, auf denen Mörser und ‚medizinische Pflanzen’ aus Wilmars Garten liegen: so eine Art Lemon/Minze. In seinem großen Grundstück – gepflegt nach den Leitsätzen der Permakultur – finden sich über 70 Pflanzen mit medizinischer Wirkung. Davon probiere ich eine, die ein wenig meine Zunge betäubt. Seine Frau bezeichnet Don Wilmar als ‚bruja’ – Hexe – da sie Kräuter für Medizin sammle und verwende. Dies ist also durchaus positiv gemeint und hat keineswegs diesen etwas negativen Beiklang durch der mittelalterlichen Inquisition. So fragt er uns auch arglos interessiert, ob es in Deutschland auch ‚brujas’ gebe? Wir sind verunsichert, verneinen aber schließlich, um die Sache nicht zu kompliziert zu machen. Inmitten der grünen Idylle und den wertvollen Kulturgütern der große Fernseher, der das romantische Bild etwas trübt – oder auch authentischer macht, denn schließlich sind wir ja im 21. Jahrhundert. Dieser läuft dann auch den ganzen Abend und auch am nächsten Morgen, nachdem ich von dem erwachenden Dschungel sehr früh geweckt worden bin.

Frisch geduscht sitz ich im hölzernen, aber doch bequemen Schaukelstuhl im Wohnzimmer des Hauses. Die Frau von Wilmar bereitet nebenan Kaffee und Frühstück; auf der anderen Seite des Raumes dröhnt billige Latino-Pop-Musik der schlechtesten Sorte aus dem Fernseher. Das stört etwas das Gesamtbild oder macht es vielleicht gerade authentisch, denn schließlich sind wir ja im 21. Jahrhundert. Doch wir sind im Regenwald: sobald ich aus dem Fenster schau, sehe ich Grün: eine Menge interessante Pflanzen mit riesigen Blättern, dazwischen kommt die Sonne durch. Zum Frühstück gibt es das ‚Nationalgericht’von Costa Rica: Arroz con frijoles y huevos (Reis, Bohnnen und Eier). Dazu natürlich Café, aber auch ein sehr bekömmlicher Tee von ‚bruja’ Soraya und die ‚Medizinfrau’ verrät mir sogar ihre Zutaten: Anis, Oregano, Huanilana und Menta. Sehr erfrischend! Das macht müde Geister munter! Dazu noch ein Glas Wasser mit Limon. Don Wilmar beteuert, dass das Wasser in Costa Rica sehr gut und ausreichend sei, jedoch nur wenn es nicht durch Plantagen-Pestizide verpestet oder durch Erosion und/oder Staudämme beeinträchtigt würde.

Nach dem reichhaltigen Frühstück bekommen wir endlich etwas Natur zu sehen – direkt vor der Haustür! Don Wilmar zeigt uns sein Reich, nennt viele Pflanzennamen und erklärt nützliche Zusammenhänge in der Natur, z.B. nimmt er die Termiden vom Baum als Proteine für seinen Fischteich. Dann geht’s los, mit der Machete in die Wildnis. Auf dem Weg treffen wir Jungen auf Pferden, die Vieh den Weg entlang treiben. Der Weg ist schlammig und teils auch völlig von Wasser überflutet. Obwohl ich keine Gummistiefel trage, muss ich da durch. Doch nicht nur junge Leute sind unterwegs; kurz darauf kommt uns ein etwa 90-Jähriger auf dem Pferds entgegen. Wilmar stellt ihn uns vor und erklärt nicht ohne stolz, dass die Gegend um Nicoya eines der besten Gebiete auf der Erde sei und nennt sie ‚zona azul’ (blaue Zone), wo die Menschen besonders gesund leben und daher auch sehr alt würden. Und Wilmar nennt uns auch sogleich die Gründe dafür: gute Ernährung, viel Bewegung und Verbundenheit mit der Natur. Er selbst ist ein sehr gutes Beispiel dafür, indem er seine fundierten Kenntnisse der Natur und Permakultur in der Praxis auf seinem Grundstück anwendet.

Mehrmals erwähnt er die Bedeutung der Machete, deren Einsatz den ganzen Körper aktiviere und der Schlüssel für die Vitalität der Menschen sei. Die Machete ist daher auch immer im Einsatz – besonders effektiv bei der Maisernte, wobei die einzelnen Schoten einfach mit der Machete abgeschlagen, und gleich geschält werden. Die Maisschoten werden wir später noch gemeinsam zu Tortillas verarbeiten. Auf dem Weg zum Maisfeld sehen wir noch viele Pflanzen und Tiere, besonders eindrucksvoll sind die kleinen schwarzen Affen (Capuchin), die sich auf einem Baum tummeln und sich gut beobachten lassen. Solche schönen Erlebnisse sind die Strapazen und die nassen Füße wert und ich freue mich darauf, bald noch mehr in der Natur zu entdecken und zu verstehen.

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