Fieste de los diablitos

von 18 sinan  


Diese Maske wurde gebrannt, nicht bemalt

So wie die liebe Julia die Chance hatte, der Fiesta de los Diablitos in Boruca bei zu wohnen (siehe: Silvester mal anders), bot sich mir die Möglichkeit, der gleichen Feierlichkeit in Rey Curré, einem anderen Dorf im gleichen Indigenen Territorium beizuwohnen.

Erstmal zur Bedeutung der Fiesta: Die Boruca (Name des Indigenen Volkes) feiern an der Fiesta de los Diablitos den Sieg der Indigenen über die Spanischen Conquistadores im 17. und 18. Jahrhundert. Meiner Meinung nach ist mit Sieg vor allem das weiter Bestehen als Kultur gemeint, da wie wir alle wissen, Costa Rica natürlich trotzdem von den Spaniern besiedelt und lange auch regiert wurde.

Die Feier begann um Mitternacht vom 31. Januar auf den ersten Februar mit der Geburt der Diablitos (=Teufelchen). Auf einem nahe gelegenen Hügel versammelten sich die Schaulustigen, zu diesem Zeitpunkt fast nur andere Dorfbewohner. Um Punkt Mitternacht explodierte die erste Rakete mit einem ohrenbetäubenden Knall, kurz darauf noch eine. Dies sollte sich die folgenden Tage noch öfters wiederholen um verschiedene Dinge anzukündigen (z.B. den Start der Spiele morgens oder die Zeit fürs Mittagessen). Jetzt war es aber der Startschuss für die Diablitos, die nach und nach aus der Dunkelheit durch ein großes Metalltor kamen.


Gruppe Diabolitos

Dabei machten sie allerlei Krach von Schreien über Tiergeräusche und sprangen auf und ab oder torkelten hin und her. Von diesem Hügel ging es mitsamt Zuschauern die nächsten 2 bis 3 Stunden von Haus zu Haus im Dorf. An jedem Haus gab es dann Chicha (ein alkoholhaltiges Getränk aus vergorenem Mais) und dies nicht nur für die Teufelchen sondern auch für die Zuschauer, sofern sie denn ein Trinkgefäß hatten. Wie sich die folgenden Tage rausstellte reichten diese Trinkgefäße von Kunstvoll geschnitzten Jicara-Fläschchen mit samt Korken über einfache Plastikbecher bis hin zu auf geschnittenen Flaschen oder wiederverwerteten Plastikschalen.

Am nächsten Morgen ging es um 9 Uhr für die Diablitos weiter, davor gab es Frühstück, wieder auch für alle Gäste und Zuschauer die wollten. Der Unterschied zum "Umzug" der Diablitos heute war, dass sie von einem "Stier", der die Spanier symbolisiert, begleitet wurden. So wurde vor jedem Haus, an dem die Diablitos hielten, ein Kampf zwischen Teufelchen und Stier ausgetragen. Dieser hatte etwas von den spanischen Stierkämpfen. Teufelchen verspotteten den Stier und versuchten seinen Hörnern im möglichst letztem Moment auszuweichen um den Stier so zu Fall zu bringen.


Eine meiner Lieblingsmasken

Dieses Schauspiel sollte sich die nächsten drei Tage immer wieder wiederholen, wobei jeden Tag die Kostüme und Masken prächtiger und kreativer wurden. So begann das ganze Donnerstagnacht mit einfachen, oft nur grob geschnitzten, unbemalten Masken und einfachen Leinensäcken als Gewand und endete mit ausgefallenen, bunten, teilweise mit Federn oder Baumwolle beklebten Masken und Gewändern aus Bananenblättern.

Sonntagnachmittag tötete der Stier dann alle Teufelchen und flüchtete. Die Teufelchen standen von den Toten auf und nahmen die Verfolgung/Suche auf. Sie nahmen den Stier gefangen. Die Feier endete mit dem Tod/der Verbrennung des Stiers und somit mit dem Sieg der Indigenen über die Spanier.


Stier in Angriffstellung

Nach dieser kurzen Schilderung des Geschehenes (ich bin der Meinung, dass die Fotos das ganze viel besser erklären) möchte ich noch von einigen Gesprächen berichten.

Die Dorfbewohner waren in der Regel unglaublich freundlich zu uns, so dass wir die Möglichkeit hatten, viele interessante Gespräche zu führen, um zu verstehen was denn an diesem Fest wirklich passiert und quasi hinter die Masken und den Chicha zu gucken.

Eine der wichtigen Botschaften die uns in einem dieser Gespräche vermittelt wurde ist, dass heute natürlich keine Wut/Hass gegenüber Spaniern oder generell Weißen besteht, sondern der Stier übertragen auf die heutige Zeit viel mehr den Staat und (korrupte) Regierungen darstellt, die die Indigenen immer noch diskriminieren und ihnen nicht die Rechte gibt, die ihnen zustehen.

Im Zusammenhang damit hat es mich sehr verwundert als uns ein Mann ansprach und sich dafür bedankte, dass wir Touristen aus Europa da seien. Dieser Dank war uns total unverständlich, da wir sehr dankbar waren für die Gastfreundschaft und die Einblicke in die Kultur, die uns gewöhrt wurden. Gerade Donnerstags und Freitags waren kaum Touristen da, und schon gar nicht europäische/ weiße, dies änderte sich aber, so dass Curré sonntags vor Touristen überlief (die meisten Ticos). Dementsprechend gefielen mir die ersten Tage besser. Es ergaben sich mehr Möglichkeiten Leute kennen zu lernen und nicht nur das Fest zu genießen, sondern auch wirklich dem Interesse an der Kultur nach zu gehen.

Diese Interesse an der Kultur brachten leider nicht alle Besucher mit. Meiner Meinung nach wurde uns gedankt, weil Interesse (vor allem von Weißen) an der indigenen Kultur, dazu beiträgt, sie zu erhalten, da leider ein Großteil der Erhaltungsmaßnahmen aus finanziellen Gründen motiviert sind und oftmals leider nicht aus Stolz oder Interesse an der eigenen Kultur.

Ein weiteres wirklich Interessantes Gespräch hatten wir mit einer Dame, die Chicha ausschenkte. Wir fragten, nach etwas oberflächlicher Plauderei und anderem darüber wie man Chicha macht, nach wie sie die Rolle der Frau in dem Ganzen sieht, denn Frauen spielen keine Diablitos und nehmen nur als Zuschauer oder zum Chicha ausschenken an den Spielen teil. Sie antwortete uns sehr reflektiert, dass die Spiele eine Tradition sind und die Vergangenheit darstellen sollen, und damals haben ebene keine Frauen gekämpft, deswegen habe sie kein Problem damit, im normalen Alltag wäre das ja anders.

Für uns Europäer wäre es wahrscheinlich diskussionswürdig, ob die Frauen in Curré gleichberechtigt sind, aber darauf kommt es hier ja nicht an. Die Dame differenzierte sehr genau zwischen Tradition und Alltag und fühlte sich im Alltag allem Anschein nach gleichberechtigt. Dies war für uns mal wieder eine gute Erinnerung daran, dass nur weil unsere europäische Standards anders sind, das nicht heißt, dass die Menschen hier nicht anders empfinden.

Eine letzte Beobachtung von der ich berichten möchte ist die Folgende: Wenn man es genau nimmt, finden die Spiele aus der Sicht der Conquistadores statt, denn die indigenen stellen sich als das dar, was die Conquistadores vor hunderten Jahren wohl gedacht haben müssen: "hässliche", teuflische, wilde Naturgestalten und die Spanier als den stolzen Stier. Wäre es nicht irgendwie selbstverständlicher gewesen, sich als schöne, edle, gute Helden darzustellen und die Conquistadores als das Böse? Leider kam mir dieser Gedanke erst sehr spät und ich hatte nicht die Chance mit Einheimischen darüber zu reden.

Nach diesem tollen Wochenende würde ich die folgenden zwei Tage dann, nachdem ich nun die schöne Seite des indigenen Lebens gesehen hatte, auch die hässliche Seite kennen lernen: LINK EINFÜGEN ODHAIN

BlogNo:09

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