Allet Müll!

von 19 lisa  

Warmer Wind weht einem um die Nase, die tropische Landschaft ist vom abendlichen Dämmerungslicht in ein warmes Gelb-orange getaucht, und nach einem weiterem Tag im Paradies ist einem ein Lächeln ins Gesicht gebrannt.

Bis einem der Geruch von verbrannten Übels und Bächen gefüttert von Abwässern das Gesicht angewidert verzerren lässt. Denn auch im Paradies ist Müll und Abwasser existent, und leider zu größtem Teil noch ein ungeregeltes Problem.

Doch zum Glück stand heute ein Meeting im Gesundheitsministerium an, wo das neueste Projekt als Lösung für das Abwasserproblem von zumindest einigen Häusern meines kleinen Städtchens Hojancha verkündet wurde: ein „Biojardinera“ (=biologischer Garten), der von den Abwässern leben und jene dann von Schadstoffen gefiltert in die Natur entlassen soll. So der Plan, und am Freitag und Samstag begannen einige freiwillige Bürger, samt mir und meiner Projektleiterin, den Garten zu konstruieren.

Reichlich unorganisiert dehnte sich das Projekt leider auf mehr als nur ein paar Wochen aus. Vom Material beschaffen, übers Ausbaggern der Gruben bis hin zur Arbeitseinteilung war noch nichts vorbereitet, und so standen viele leider nur rum und warteten und waren am nächsten Tag zu unmotiviert, wiederzukommen.

Dennoch stellte für mich das Projekt eine gelungene Idee dar, wie eine Gemeinschaft ein Problem kreativ lösen und sich somit selbstständig helfen kann. In der Municipalidad (=Rathaus) die Woche darauf ging es dann organisierter zu: es wurde ein 5-Jahres Plan für das Abfallmanagement des Cantons Hojanchas erstellt, namens GIRS, welcher eine Vorgabe der Regierung ist. Somit hat sich also gesetzlich jedes Canton schonmal irgendwie um seinen Müll zu kümmern. Ja, irgendwie...

So sieht es zwar in meinem Ort mit dem Müllservice recht gut aus, in anderen Cantons kann hingegen von einem Service noch längst nicht die Rede sein. Service bedeutet in unserem Fall (Canton Hojancha) ein Truck, der 2x die Woche eine Route abfährt und alles mitnimmt, was eben auf dem Weg liegt. Da es sich aber um einen freiwilligen Service handelt, muss natürlich bezahlt werden: etwa 45 € pro Monat. Dabei tun sich schon mal 2 Probleme auf: 1. alles was nicht auf dem Weg liegt, muss selber schaun, wo ihr Müll bleibt, und 2. selbst wenn man auf der Route liegt, kann oder will sich den Service nicht jeder leisten.

Daraus ergeben sich dann im Groben 2 Optionen: die zwar illegale aber kostenlose und wie oben veranschaulichte immer noch sehr beliebte Müllverbrennung; oder, um den Service ohne Bezahlung dennoch in Anspruch zu nehmen, marschieren Familien mit ihren Müllbeuteln zu öffentlichen Mülleimern wie etwa im Park und überfluten jene regelrecht. Das ist dann auch der Grund für die geringe Anzahl an öffentlichen Mülleimern, um diese Art der Erschleichung von Dienstleistungen zu minimieren. So ist es also nicht unüblich, dass es in einem Ort nur einen einzigen gut versteckten öffentlichen Mülleimer gibt.

Trotz dessen ist durchaus positiv anzumerken, dass der Müll nicht in die Öffentlichkeit geschmissen, sondern eher mit nach Hause genommen wird. Sauber sehen die Orte hier also zum Großteil zumindest aus. Aber das ist noch längst nicht das Ende der Probleme. Im 5-Jahres Plan stellt ein Ziel den Ausbau der Route dar, u.a. das indigene Dorf Matambu, das bis jetzt noch gar keinen Service erfahren hat. Da indigene Gemeinden aber Sonderrechten unterliegen, ist das ganze leider viel komplizierter als gesagt.

Und selbst wenn dann alles reibungslos mit dem Service klappt: der Müll verschwindet ja leider nicht vom Truck einfach von der Bildfläche. Transportiert wird er ins Nachbarcanton, wo er in großen Gruben gesammelt und „kontrolliert“ wird, ähnlich wie in einigen Regionen Deutschlands. Und Mülltrennung ist auch eher ein Mythos, von dem der Großteil mal gehört hat, mehr aber auch nicht: Biomüll wird zum Beispiel aufgrund der Hitze und hohen Luftfeuchtigkeit einfach über den Zaun geschmissen, wo es dann unter den beschriebenen Bedingungen in wenigen Tagen verrottet. Ein Schritt in die richtige Richtung im Punkto recyclebarem Abfall sind die sogenannten „ECOins“ (ooder „ECOlones“, Colones ist die einheimische Währung) - eine Währung, die im Sammelzentrum deinem Müll seinen Recyclewert zuschreibt.

Wie mein Canton des weiteren all die Probleme in nächster Zeit lösen möchte und um euch eine genauere Idee vom GIRS zu geben, hier ein Ausschnitt der (von mir übersetzten) ausgearbeiteten Version:

„Mission: Entwicklung eines progressiven und ganzheitlichen Abfallmanagements, das durch Bildung und die Integration sozialer Akteure als auch der Zivilbevölkerung die Bewusstsein letzterer bezüglich einer angemessenen Handhabung von jeder Art von Müll entwickelt, um letztendlich erfolgreich zur Entwicklung und Erhaltung einer sauberen und gesunden Umwelt beizutragen.
Vision: Bis 2025 sei Hojancha ein sauberes und gesundes Canton, das durch aktive Teilhabe vorbildlich im Umgang mit der Umwelt sei als auch seiner Verantwortung der Involvierung aller Teile des Cantons gerecht werde.
Allgemeines Ziel: Die Umsetzung von Aktionsreihen bezüglich des Abfallmanagements im gesamten Canton Hojancha.
Konkrete Ziele: Entwicklung eines Umweltbildungprogrammes;
Formulierung und Ausführung eines Konzeptes der richtigen Handhabung mit Müll;
Sicherstellung eines 100%igen Müllabfuhrservices im gesamten Canton;
Bereitstellung der Implementation und Funktionalität der Sammelzentren und Ökologischen Hauptpunkten der einzelnen Komunen;
Entwicklung und Umsetzung eines Konzeptes für Organischen Müll ...“

Für mich persönlich ist immer noch die beste Lösung für Müll KEIN Müll. Zerowaste klingt jedoch ohne Bulkstores (Unverpacktläden) und in einer plastiktütenfanatischen Gesellschaft fast utopisch. Ein interessantes Experiment wäre, es trotzdem ganz ohne zu versuchen - ob’s klappt oder nicht, lest ihr dann in einem meiner nächsten Blogeinträge... Bis dahin, genießt die Möglichkeiten zum müllfrei Leben in Deutschland! Müllige Grüße!

BlogNo:05

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