Meine Arbeit in Potenciana

von 19 johann  


Bergnest Potenciana

Seit dem 4. Dezember ist es auch bei mir endlich soweit: nach über einem Monat Vorbereitungszeit in Curre und in San Jose bin ich endlich in meinem Projekt in Potenciana angekommen. Der kleine Ort liegt mitten in den Bergen im Westen des Landes. Zu erreichen ist es nur über eine zweistündige Motorradfahrt auf einer steilen Gebirgsstraße.


Aufgrund des weiten Anfahrtsweges, können sich die Fahrtkosten auf bis zu 30.000 COL belaufen, wenn es einem nicht gelingt mit dem Motorrad eines der Anwohner mitgenommen zu werden. Potenciana ist sehr klein und verfügt gerade einmal über einhundert Einwohner. Von ihnen besitzen die meisten eine kleine Cafeplantage an einem der zahlreichen Steilhänge. Zur Erntezeit bringen sie ihre Ernte in großen weißen Säcken zur örtlichen Kaffee-Fabrik, in der die kleinen Früchte weiterverarbeitet werden.


Ich bin in einer freundlichen Familie mit drei quirligen Kindern untergekommen. Während Joel (12) zusammen mit mir im Wald arbeitet, scheint es, als würde sein kleiner Bruder Kendel (8) versuchen, den Disney-Channel auswendig zu lernen. Der Sonnenschein der Familie ist die drei-jährige Amber. Seit sie, als Vorweihnachtsgeschenk ein „Vier gewinnt- Spiel“ bekommen hat, bin ich dabei, ihr die Regeln zu erklären, während sie es aufs Beste versteht, neue hinzuzufügen, um sich den einen oder anderen Vorteil zu verschaffen. Die Eltern meiner Gastmutter Olga wohnen direkt im Nachbarhaus mit einer atemberaubenden Aussicht auf das davor liegende Tal. Beide Häuser verfügen über einen kleinen Garten, auf dem neben Kürbissen und Bohnen vor allem Kaffee angebaut wird.


Vor Jahren gepflanzt: allmählich wird's wieder Wald


Meine Arbeit in Potenciana erstreckt sich im Wesentlichen auf drei Bereiche. Den Vormittag über bin ich gemeinsam mit den Mitarbeitern des Arbofila-Projekts im Wald unterwegs, wo wir mit unseren Macheten dafür sorgen, dass kleine Bäume genügend Licht bekommen, in dem wir das umliegende Blätterwerk stutzen. Gleichzeitig verwenden wir das abgeschlagene Laub um die zarten Stämmchen der nachkommenden Bäume zu bedecken und sie auf diese Weise vor Insektenbefall und Pilzen zu schützen. Die Arbeit wird nur durch den Aspekt aufregend, dass sich im dichten Gestrüpp wohl die eine oder andere Schlange verbergen soll.


Die zweite Aufgabe wird langfristig darin bestehen, eine ehemalige Arbofila-Außenstelle wieder aufzubauen. Das kleine Holzhäuschen liegt mitten im umliegenden Wald und ist dementsprechend zurzeit noch von allerlei Gestrüpp umgeben. Nachdem ich dieses entfernt habe, werde ich mich daran machen zunächst ein paar Wände zu erneuern und anschließend versuchen die Tür des Hauses zu erneuern. Da die Hütte mitten im Wald liegt wird die größte Herausforderung darin bestehen, ein Kabel zu verlegen, um elektrische Handmaschinen vor Ort verwenden zu können.


Am größten Befriedigung verschafft mir aber die Tätigkeit als Lehrer. Dreimal die Woche unterrichte ich immer im Wechsel zwei Klassen mit jeweils etwa 12 Einheimischen. Dabei variiert das Alter der Zuhörer zwischen 8 und 38. Um den Unterricht anschaulicher zu gestalten, habe ich mir aus der örtlichen Grundschule eine Tafel und dazugehöriges Schreibequipment besorgt. Eine besondere Herausforderung ist der Umstand, dass meine eigenen Spanichkenntnisse noch sehr ausbaufähig sind, was bereits des Öfteren zu der ein oder anderen amüsanten Situation geführt hat.


Um dem Problem entgegen zu wirken, habe ich mir eine kleine Liste mit wichtigem Vokabular zusammengestellt. Dabei ist von „Silencio!“ (Ruhe!) über „Uno nada más?“ (Nur einer?) bis hin zu „Las ollas huecas tienen el sonido más fuerte.“ (Die hohlsten Töpfe haben den lautesten Klang.) die wichtigsten Sprüche des Lehreralltags enthalten. Derzeit arbeite ich an einem logischen Lehrplan der langsam an Schwierigkeit zunimmt.


Trotz der in Alter und Vorkenntnissen stark durchmischten Klasse, kommen wir gut voran. Neben einer kurzen Selbstvorstellung beherrschen die Schüler bereits die Zahlen bis 30, die Farben und einen Großteil der verschiedenen Körperteile. Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, haben sie mich in ein paar Monaten eingeholt ;-)


Leider bietet Potenciana kaum Möglichkeiten, sich neben der Arbeit zu beschäftigen, weshalb ich einen Großteil meiner Freizeit mit lesen und spanisch lernen verbringe. Darüber hinaus versuche ich einen Großteil der langen bergigen Gebirgswege zu Fuß joggen, um dem reichhaltigen Essen meiner Gastmutter etwas entgegen zu setzen.


Insgesamt bin ich recht zufrieden mit der Situation in Potenciana, auch wenn ich es mir zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorstellen kann das gesamte restliche Jahr dort zu verbringen.

BlogNo:03

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