Hammertime

von gustav_11  

18 Freiwillige, 14 Tage, eine Mission. Der Bau eines neuen Gemeindezentrums für das kleine und sehr abgelegene Indianerdorf Las Vegas im Süden Costa Ricas, kurz vor der Grenze Panamas. Ich habe meine Hilfe angeboten, auch um endlich mal für längere Zeit das Indianergebiet besuchen zu können und einen Eindruck der dortigen Situation zu bekommen. Um bei den Vorbereitungen zu helfen, letzte Fragen zu klären und nochmal in Ruhe mit den Indianern zu sprechen, ohne dass der Haufen kanadischer Freiwilliger dazwischenfunkt, reise schon einen Tag früher an.

Am nächsten Mittag ist es dann so weit, getrennt in zwei Autofuhren kommen die 17 Kanadier und ihr costa-ricanischer Begleiter im Dorf an. Die Dorfgemeinde hat sich extra für den Anlass mit traditionellen Gewändern und kompliziert geflochtenen Haaren herausgeputzt, eine Maßnahme die sich angesichts der eher praktischen Kleidung der Freiwilligen als überflüssig herausstellt.

Die Kinder, die mich bei meinem ersten Besuch sofort umarmten und meine ungewohnt weiße Haut betatschten, verstecken sich angesichts der Übermacht und vor allem der Größe der Freiwilligen, die mit ihren 1,60 bis 1,90 Meter in Mitten der Dorfgemeinschaft als wahre Riesen herausstechen.

Eine kleine Einführungszeremonie mit traditionellen Tänzen (siehe Kulturerosion) und der Vorstellung der Kontaktpersonen und meiner Wenigkeit geht schnell vorüber und den Kanadiern wird etwas Ruhe gegönnt, die sich nach ihrer knapp 10stündigen Fahrt erst einmal in ihrer Unterkunft einrichten.

Am nächsten Tag geht es dann los. Bewaffnet mit Hammer, Säge und robuster Baukleidung geht es an die Arbeit, doch schon bald kapitulieren die ersten Hämmer und Sägen, was einem Teil der Gruppe eine kleine Atempause gönnt. In die Knie gezwungen von der prallen Sonne und der tropischen Hitze geben sie schon bald auf und entledigen sich der von ihrer Organisation vorgeschriebenen Sicherheitskleidung, um dann mit neuem Elan an die Arbeit zu gehen. Es folgen 12 Tage der harten Arbeit mit viel Gefluche über:

  • costa-ricanische Nägel, die sich beim kleinsten Hammerschlag in die seltsamsten Formen verbiegen, aber nur selten in das vorgesehen Holz getrieben werden können
  • das Werkzeug, das abgesehen von der Kettensäge nicht elektrisch ist und somit ein hohes Maß an Körperkraft fordert, von der aber nur ein kleiner Teil dann tatsächlich im zu bearbeitenden Holz landet, während der Rest in Verbiegungen der Handsäge oder in demolierten Hammerhälsen versickert
  • das tropische Klima, das selbst die leichteste Arbeit zu einer schweißtreibenden Herausforderung hochstuft

Doch trotz all dieser und noch mehr Misere schafft es die Gruppe eine gute Grundstimmung zu behalten und es wird viel gelacht und gescherzt. Ich selber bin nur wenig am „richtigen“ arbeiten, zu sehr damit beschäftigt von einer Seite zur nächsten zu hetzen, um die Kommunikation zwischen den Indianern und den Kanadiern zu ermöglichen. Mit der Zeit wird es leichter und gewisse Abläufe lassen sich mit Zeichensprachen und den hastig gelernten Brocken Spanisch bewältigen, was mir etwas Freiraum gewährt, den ich dazu nutze, verschiedene Gemeindemitglieder aufzusuchen und zu überzeugen, sich die Baustelle zumindest einmal anzuschauen. Das Ziel ist nämlich nicht nur ein Gemeindezentrum, sondern auch ein stärkeres Gemeinschaftsgefühl innerhalb der Indianer zu erwecken.

Gegen Ende der zwei Wochen habe ich bei immer mehr Indianern das Interesse für die Baustelle wecken können und zwischen den Kanadiern und ein paar Indigenen ist sogar so etwas, wie eine zarte Freundschaft entstanden. Leider reicht die Zeit nicht aus, das Gemeindezentrum fertig zu stellen, da das Klima und der Mangel an guten Werkzeugen die Arbeiten extrem ausbremsen. Wir schaffen es, den Boden zu verlegen und die Dachstützen zu errichten, doch die restliche Arbeit bleibt noch offen. Vielleicht ist das unsere Gelegenheit, die Arbeit mit den Indianern zu vertiefen, in dem wir mit ihrer Zusammenarbeit das Haus fertigstellen.

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