Eine erste Reise im Süden - auf dem Weg nach Las Vegas.

von manali_12  

Am 19. Oktober breche ich, nach wochenlangem Warten und komplizierten Vorbereitungen zum ersten Mal in das Dorf Las Vegas auf. In diesem Dorf (das auf der Karte auch unter dem Namen Caracol de la Vaca zu finden ist), leben sehr abgelegen etwa 600 Menschen, die sich der Gemeinschaft der Ngäbe zurechnen.

Sehr abgelegen bedeutet, dass ich zwar nicht einmal 100 km zurücklegen werde, aber dennoch einen halben Tag für meine Reise benötige: Ich starte in Río Claro, einem kleinen Städtchen, das sich wie so viele Orte in Costa Rica links und rechts an die Panamericana schmiegt, die Straße, die Alaska mit Feuerland verbindet. (Dieses Río Claro de Golfito ist aber nicht das gleiche wie das im indigenen Territorium auf der Karte gelegene Río Claro de Conte.) Mit meinem Rucksack auf den Schultern, im dem ich das notwendige persönliche Hab und Gut sowie Gastgeschenke in Form von Bohnen, Kaffee, Zucker und Keksen, aufbewahre, marschiere ich gegen mittag im Sonnenschein von meiner Unterkunft los zur Bushaltestelle. Ca. 20 Minuten später sitze ich im Bus, mit dem ich ca. 30 km bis Paso Canos zurücklege.

Neben einem Busbahnhof befindet sich in Paso Canoas vor allen auch ein Grenzübergang zu Panama. Wie die meisten Grenzübergänge zeichnet sich der Ort nicht durch seine Schönheit aus, sondern durch die Menge an Geschäften und ambulanten Verkäufern, die die Straßen erfüllen. Ich beobachte das Wirrwarr, während ich auf den nächsten Bus warte, der mich um 13:30 ins nahegelegene Laurel bringen soll. Hängematten gibt es hier, Gummistiefel, aber auch Kosmetik und Kleidung oder einfach nur Snacks und Getränke für hungrige Reisende.

Wie die zurückgelegte Strecke reduziert sich auch die Fahrtzeit auf der nächsten Etappe der Reise, umgekehrt proportional verhält es sich allerdings mit dem Kosten. Geschwindigkeit scheint ihren Preis zu haben. Bald erreiche ich Laurel, wo ich direkt in ein Taxi umsteige, das mich erstaunlich schnell nach Naranjo fährt. Während den ca. 15 Minuten, die ich aus dem Taxifenster auf die vorbeiziehende Landschaft schauen, zeigt sich mir ein recht eintöniges Bild: ich sehe erstaunlich Palmen. Palmen, die in Reih und Glied nebeneinander aus dem Boden ragen, nur unterbrochen von einigen wenigen Häusern und Hütten und einer Palmölfabrik von Coopeagropal. Es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich eine so große Fläche Land gesehen habe, die so monoton war. Ich habe große Lust, das Taxi anzuhalten, um durch die militärisch angeordneten Palmreihen zu gehen, will dieses ungute Gefühl, das sich in mir drin aufstaut, irgendwie greifbar machen. Gleichzeitig möchte ich mich aber auch voll auf meinen ersten Besuch in Las Vegas konzentrieren und so verschiebe ich die Palmöl-Erlebnistour in die ungewisse Zukunft.

Kurz darauf, so gegen 15h, steige ich in Naranjo aus dem Taxi aus. Auf den ersten Blick ist nicht viel mehr zu sehen als eine Straße, eine handvoll Häuser, ein kleiner Supermarkt, ein Werkzeugladen und ein Wellblechdach mit Sitzgelegenheiten als Bushaltestelle. Hier soll es um 16h mit einem "Gemeinschaftstaxi" weitergehen nach Santa Rosa, und so setze ich mich an die Haltestelle und stelle mich auf Warten ein. Nur wenige Momente später aber kommt ein junger Mann auf mich zu, der sich als Marcos vorstellt. Marcos und seine Familie werden in den nächsten Tagen in Las Vegas meine Gastgeber sein. Da das Wetter am Vortag schlecht war, hatte er keinen Handyempfang gehabt, um mir Bescheid zu sagen, dass er mich schon hier, und nicht erst in Santa Rose erwarten würde.

Gemeinsam mit etwa 5 anderen Personen fahren wir also mit dem Taxi in Richtung Santa Rosa, der Endhaltestelle in der Regenzeit. Ich sitze mit den Frauen und Kindern in der Kabine, die Männer steigen mit den Einkäufen, dem Gepäck und den Hunden auf die Ladefläche des Pickups. Wir fahren bergauf und bergab, um Kurven, und langsam weichen die Palmen am Straßenrand einer etwas vielfältigeren Kulturlandschaft, teilweise auch ganz der Natur. Irgendwann erreichen wir Santa Rosa - vereinzelte Häuser, links und rechts des Schotterpfades, auf dem wir fahren. Hier endet die motorisierte Reise. Die Kraft des Wassers macht den weiteren Weg in der Regenzeit für ein Auto unpassierbar.

Wir werden den weiten Weg nehmen, der einfacher zu gehen ist, und auf dem man den Fluss nur wenige Male durchqueren muss. Ich ziehe die Flipflops aus und meine Gummistiefel an, und schnalle meinen kleinen, aber vollgepackten Rucksack fest. Marcos schultert seine etwa 3jährige Tochter. Sie kann hustend und schniefend nicht mit dem Tempo mithalten, das Marcos' Frau Cecila barfuß vorlegt.

Als die Dunkelheit schon über den Wald gesunken ist, und ich mich von den Gesängen der Zikaden und Frösche begleitet, nurmehr an den Füßen vor mir orientiere, erreichen wir Las Vegas. In der Dunkelheit, die die Abwesenheit von Elektrizität mit sich bringt, erkenne ich nur Schemen vom Dorf, konzentriere mich auf den schlammigen Weg, der vor meinen Füßen liegt. Bis wir Marcos' Haus erreichen und mir eine Schar neugierig aufgeregter Kinder in die Arme läuft.

In der Dunkelheit kann ich sie weder zählen noch auseinander halten und ich bin müde von der Reise. Nach einem heißen und stark gezuckerten Kaffee und einem ersten Gespräch mit Marcos falle ich erschöpft auf das für mich vorbereitete Holzbett und finde doch kaum Schlaf.

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1 Kommentar

Kommentar von: Gustav [Besucher]

Da werden Erinnerungen wach :) Grüß alle ganz lieb von mir und genieße die Zeit im Dorf.


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