Von Pausen und Bildungswegen
Du hast also 2 Jahre Pause gemacht nach deinem Abitur?
Was für eine Pause? Wovon denn?
Na, halt, dass du nicht direkt eine Ausbildung oder Studium gemacht hast.
Meinst du etwa eine Pause vom Lernen? Ich glaube da läufst du noch mit einem ziemlich veralteten Bildungsbegriff durch die Welt: Bildung sei nur in Einrichtungen, wie der Uni oder Berufsschule möglich. Sorry, aber ich denke, das ist totaler Quatsch, denn: Bildung kann man nicht machen, man kann nicht “aus“ – gebildet werden, das Gehirn kein Muskel und ich kein Kopf, der gefüllt werden muss…
Ja, aber du musst ja was tun für deinen Berufsweg!
Du siehst mich vielleicht als Träumerin, aber ich bin mir da drüber schon sehr bewusst. Nur verstehe ich da runter etwas anderes, als du. Dass ich - wie du meinst- mir 2 Jahre “Pause“ genommen habe, heißt nicht, dass ich faul war. Lernen findet überall statt, hört nie auf und ist ganz bestimmt nicht auf Lehrpläne und Klassenräume beschränkt. Es funktioniert nur mit der eigenen Begeisterung.
Schon, aber ins unserer Welt läuft das nun mal anders. Du hättest jetzt schon fast fertig sein können mit deinem Bachelor! Du hast doch so ein gutes Abi! Die 2 Jahre sind ja dann doch irgendwie verlorene Zeit…
Was bedeutet verlorene Zeit?
Wenn ich dich jetzt frage, was du alles in den unzähligen Stunden auf dem Gymnasium gelernt hast und du dich nicht mehr an den Stoff der 8. Klasse erinnern kannst, dann sage bitte nochmal ich hätte 2 Jahre verloren.
Ganz im Gegenteil ich bin froh darüber, dass ich nicht die ausgetretene Schnellstraße auf der Karriereleiter genommen habe. So habe ich die Möglichkeit vom Leben zu lernen außerhalb von institutionellen Rahmen. Und arbeiten werde ich doch sowieso noch mein ganzes Leben lang. Was machen da schon 2 Jahre aus?
In Wirklichkeit sagt ein gutes Abitur doch kaum etwas über mich aus. Es bestätigt nur, dass ich gut auswendig lernen kann und verstanden habe, wie ich Erwartungen erfülle, um eine gute Bewertung zu bekommen. Aber im Leben gibt es noch so viel mehr als die Beschränkung auf die Schulfächer. Was ist mit all den Kindern, dessen Begabungen außerhalb des 0815 Stundenplans liegen? Beispielsweise ein medizinfasziniertes Kind, das sehr feinmotorisch und sozial ist, aber es schwer hat Medizin zu studieren, wegen einer 5 in Mathe?
Vom Boulemielernen, das mir in der Schule an trainiert wurde, blieb sowieso nicht mehr so viel übrig, nach dem ich das für die Prüfung Gelernte wieder ausgekotzt hatte. Die Gehirnforschung erkannte doch schon längst, dass Lernen ohne Begeisterung, Emotionen und Einbezug des Körpers nicht sehr nachhaltig sein kann.
Ich bin – genau wie jeder andere auch- ein einzigartiges Menschenwesen mit Talenten, Begabungen, Kreativität und dem Wunsch mein Potential zu entfalten.
Lernten wir das in der Schule?
Wurden wir in der Schule auf das Leben vorbereitet?
Haben wir dort gelernt, wie wir unsere eigene Kreativität entfalten und nutzen können?
Haben wir gelernt, wie wir zu aktiven Gestaltern dieser Gesellschaft werden?
Haben wir Werkzeuge an die Hand bekommen, Lösungswege für die Probleme unserer heutigen Welt zu erfinden?
Wurden wir darin bestärkt unsere Individualität zu leben?
Haben wir gelernt auf unsere innere Stimme zu hören?
Haben wir gelernt, wie wir ein glückliches Leben führen können?
Haben wir gelernt uns selbst zu lieben?
Haben wir soziale Kompetenzen und gewaltfreie Konfliktlösungswege gelernt?
Haben wir Freude am Lernen bekommen und Interesse uns selbstständig mit Themen zu befassen, die uns begeistern?
Haben wir in der Schule mit Begeisterung gelernt?
Haben wir durch die Schule Lust auf das Leben bekommen?
Ich hole das jetzt einfach nach und nehme mir die Zeit dafür. Für mich ist es ein Geschenk, dies tun zu können. Ich weiß es zu schätzen. Es ist die beste “Pause“ meines bisherigen Lebens.
1 Kommentar
Ich hatte auch 2 Jahre andere Dingen gemacht in der Welt nach dem Abitur. Danach als Pause in 3 Jahren meinen Bachelor gemacht und bin jetzt wieder unterwegs mit Pro Regenald… Weiter so Marleen, du bist nicht allein! :)
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