„Homosexuell? – Fahr zur Hölle!“

von 16 sabrina  

Vor mir in der Schlange zum Geldautomaten steht ein lesbisches Pärchen. Sie umarmen sich, witzeln, lachen, wirken einfach glücklich. Ich staune. Eines der beiden Mädels bemerkt meinen Blick und schaut mir direkt in die Augen.

Es ist ein fragender Blick, der beinahe ein böses Funkeln in sich birgt, bereit für einen Verteidigungsangriff ihrer frei ausgelebten Liebe. Ich strahle sie an, versuche in dieses aufrichtige Grinsen all das zu stecken, was Worte in diesem Moment nicht ausdrücken könnten: Ermutigung, Bewunderung, Freude, ja und auch Liebe. Und in dem Bruchteil einer Sekunde geht in ihrem Gesicht die Sonne auf, sie lacht ein von Herzen kommendes, erleichtertes Lachen und gibt ihrer Partnerin einen Kuss. Ich werde sentimental und mir steigen vor Freude die Tränen in die Augen, die ich schnell wegblinzle.

Neben indigenen Bevölkerungsgruppen und Menschen nicaraguanischer Abstammung, sind es vor allem Homosexuelle, die in Costa Rica diskriminiert werden. Gleichgeschlechtliche Beziehungen werden in Costa Rica verachtet. Und genau aus diesem Grund bewundere ich die beiden Mädels für ihren Mut, sich so offen zu zeigen. Es ist selbst in der Hauptstadt San José, in der sich Pioniere, Künstler und Weltveränderer wohl fühlen, ein äußerst seltenes Bild. In der religiösen Starrheit vieler Ticos ist Homosexualität eine Totsünde.

Wenige Wochen zuvor hatte ich ein Gespräch mit einem 20-Jährigen Mädchen. Sie ist die Tochter einer guten Freundin meiner Gastoma. Obwohl ich sie wenige Stunden zuvor kennengelernt hatte, war ich beeindruckt von ihrer Weise wie sie über die Welt denkt. Wir unterhielten uns über Philosophie über Literatur von Hesse, Coehlo und Saint-Exupéry. Wir sprachen über Spiritualität, über Gott und auch über Religion. Und dann kam es wie eine Ohrfeige: „Ich habe meinen Eltern vor kurzem gesagt, dass ich Jungs und Mädchen gut finde. Meine Eltern konnten mir nicht mehr entgegnen als dass ich zur Hölle fahren solle.“ Seither akzeptierte ihr Vater sie nicht mehr. Sie träumt davon ganz bald auszuziehen und ihr eigenes Geld zu verdienen, um ihren Eltern entgehen zu können Aus ihrer Stimme sprach Hoffnung und ich bestärkte sie in ihrem Mut und ihrer Stärke. Ich nahm sie in den Arm und sagte ihr, dass sie perfekt ist, dass sie allen Grund hat, sich genauso zu lieben wie sie ist und dass ich für sie da bin, wenn sie einen Rat braucht.

Sie sehnt sich nach Freiheit und besonders danach, einfach sie selbst sein zu können. Warum ist das in den Augen der Kirche und vieler Menschen etwas, für das man in die Hölle fahren sollte? Warum sollte Liebe, das Reinste und Schönste dieser Welt jemals etwas Verachtenswertes sein?
Love & Peace

BlogNo:11

1 Kommentar

Kommentar von: Johanna [Besucher]

Da kann ich nur von ganzem Herzen zustimmen! Zwei Menschen die sich lieben, das ist doch wunderschön. Wie wichtig Respekt und Zuspruch- gerade in so einem homophoben Umfeld- sind, sieht man ja an der Reaktion der Frauen. Danke Sabrina! :)


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