Piñas – Costa Ricas stiller Tod

von chris_11  

Ananas, Ananas, Ananas. Links und rechts der Straße erstrecken sich endlose Weiten. Wir durchfahren die Plantagen von Pital, die Piñeras. Dicht an dicht wachsen hier die saftigen Exportschlager. Dabei zieht sich deren Anbaugebiet über gewaltige Flächen, von der Grenze zu Nicaragua über fast die gesamte Zona Norte, die Küstenregionen am Pazifik und der Karibik hinab bis weit in den Süden.

Das es sich bei Plantagen und Monokulturen um alles andere als die ideale Anbauweise handelt, steht schon lange nicht mehr zur Diskussion. Doch besonders bei diesen Dimensionen ist es nicht verwunderlich, dass sich die ohnehin dramatischen Folgen dieser Bewirtschaftung ins beinah grenzenlose steigern. Um eben diese Probleme drehte sich die Versammlung („Reunión“), der wir in Veracruz, wenige Kilometer von Pital entfernt am vergangenen Samstag beiwohnten.

Unter der Leitung von Grace (Coecoceiba) berieten sich verschiedenste Gruppen, Familien und Vereinigungen darüber, wie man gegen den Übeltäter Piña vorgehen kann. In der Vorstellungsrunde lernte ich Rafael kennen, der mir gleich erzählte, dass sein Dorf nur noch durch Trinkwasserlieferungen in Tanks am Leben gehalten wird. Denn durch den enormen Pestizid- und Herbizideinsatz – unter anderem die höchstgiftige und kaum abbaubare Chemikalie Bromacil – sind in den Plantagenregionen das Grundwasser und sämtliche Flüsse verseucht und somit völlig ungenießbar. Selbst der äußere Kontakt mit dem kontaminierten Wasser führt immer wieder zu schweren Ausschlägen, Hauterkrankungen und Geschwüren.

Auch im weiteren Verlauf der Veranstaltung wurden die schweren Konsequenzen des exzessiven Ananas-Anbaus erörtert. Hierunter fallen zum einen Probleme, welche die Menschen hier ganz konkret und direkt bedrohen. So zum Beispiel, dass die Campesinos, vor allem die kleineren Bauern dem wirtschaftlichen Druck durch die billigst produzierenden Plantagenbetreibern einfach nicht gewachsen sind. Sie wandern schließlich auf Arbeit hoffend in die Städte ab, verkaufen ihr Land für einen Spotpreis an die Plantagenbetreiber und landen schließlich oftmals selbst auf dem Ananasfeld, wo sie sich für Hungerlöhne krank und bucklig schuften. Ein Teufelskreis. Somit bedrohen die Plantagen die Existenz großer Teile der Bevölkerung und tragen massiv zu deren Verelendung bei.

Zum anderen sprach man neben der „contaminación del agua y de la tiera“ (der Wasser- und Bodenverseuchung) Probleme an, wie die Veränderung des regionalen Klimas und die extreme Erosion, welche die Plantagen verursachen. So hat es in diesem Jahr beispielsweise ganze 70 Prozent weniger Niederschläge gegeben als es in der Region normal der Fall wäre. Durch die Trockenheit, plötzlich auftretende Starkregen und die Schutzlosigkeit der baumlosen Felder und Plantagen, wird die generell sehr dünne Erdschicht einfach davongeweht oder in die Flüsse gewaschen, was die Plantagenbetreiber zu starkem Düngereinsatz treibt und den Bauern schwere Schäden verursacht.

Angesichts all dieser Bedrohungen waren knapp 80 Ticos da, die nicht zum Spielball dieser wirtschaftlichen und zerstörerischen Gewalten werden wollen und somit natürlich nach Lösungen suchen. Dies gestaltete sich in kleinen Gruppen, in denen sich Teilnehmer aus dem ganzen Land darüber austauschten, erstens: was die Leute im Moment unternehmen; zweitens: was sie gerne tun würden; und drittens: wie man das umsetzen könnte. Nach dieser Runde, einem zwischenzeitlichen gemeinsamen Mittagessen und einer Besprechung der gesammelten Ideen und Meinungen, stellten wir unter Grace’s Gesprächsleitung eine Liste von 10 Punkten zusammen, die die konkreten Ziele und Pläne festsetzten, und die es nun zu realisieren gilt. Darunter:

  • Selbstversorgung und Produktion für Eigenbedarf
  • Korruption von Unternehmen und Institutionen aufdecken
  • Auf Internationaler Ebene anprangern / anzeigen
  • Gegen die Arbeiterausbeutung vorgehen
  • Verbände und Komitees ausbauen und organisieren
  • Moratorien für die lokale Regierung setzen

zusammenschreiben, welches von jedem der Teilnehmer unterschrieben, die allgemeine Meinung und die Forderungen widerspiegelt.

Das nächste Treffen wird dann Anfang November in der Karibik stattfinden. Mal sehen, ob wir dort auch dabei sein werden. Auf jeden Fall bleiben wir an der Sache dran und wünschen allen, die in die Heimat zurückgekehrt sind, viel Erfolg bei ihren Vorhaben.

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1 Kommentar

Kommentar von: irene [Besucher]

Das ist der Kampf David gegen Goliat, trotzdem haben sie schon die Initiative genommen: verbinden sich und kampfen für was ihnen gehört.
Viel erfolg!


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