Within the dusk, the shadows rise

von fabian_11  

Erneut San José, diesmal bei Nacht. Wenn die Nacht ihren schwarzen Schleier über die Straßen der Hauptstadt senkt, erheben sich jene, die bei Tag ruhen. Diejenigen, die beim wirtschaftlichen Aufschwung abgestoßen wurden. Die, auf die man beim Laufen achtgeben muss, die am Straßenrand liegen, in sich versenkt. Als Tourist bemerkt man sie häufig nicht, sie schmiegen sich an die Häuserwände oder kauern in Hauseingängen. Nachts beginnt ihr Tag, erheben sie sich und fordern ihr Recht.

Selbstverständlich sind auch normal situierte Bürger anzutreffen, aber mehr vereinzelt und es scheint so, als ob sie die Dunkelheit meiden. Fern der Innenstadt empfiehlt es sich jedenfalls, die Straßenseite zu wechseln, wenn man in der Ferne eine Gestalt ausmacht, besonders, wenn diese einem langsam entgegentorkelt. Im Zentrum finden sich mehr Menschen, jedoch auch mehr Verruchte. Die Massage-Salons haben Stoßverkehr, die dubiosen Theaterschuppen Rush-Hour. Schummrige Bars öffnen ihre Pforten und verschlucken dunkle Gestalten in ihrem Inneren. Grob kann man fünf Gruppen unterscheiden: die gewöhnlichen Bürger, die auf dem Heimweg für ein McDonalds-Eis angehalten haben, die Jugendlichen, die Dealer, die Betreiber und Angestellte der erwähnten Etablissements und die ordinären Penner, die mit ihnen kollaborieren. Offenbar erhalten jene eine Art Prämie, wenn sie Kunden werben. Tagsüber präsentieren sie sich als aufdringliche Taxi-Zuweiser, die Touristen bestürmen und versuchen, sie mit übermäßigen Gesten, einem geröteten Gesicht und einer gehörigen Portion Hektik in die Taxen zu buxieren. Nächtens erproben sie ebenjene Taktik besonders an Bars, wohl um, ohne sie verurteilen oder stigmatisieren zu wollen, ihren Erlös ohne besondere Umstände ihre Kehlen hinabschütten zu können. Später sieht man sie am Bordstein lungern, hier verweilen sie mehrheitlich apathisch, hin und wieder belustigen sie sich aber darüber, Touristen mit ihrem Elend zu erschrecken oder Almosen von den Passanten zu erbitten. Die letzte Gruppe, die Interesse am dummdreisten Touri in Sandalen und kurzen Hosen Interesse zeigt, ist die Gemeinschaft der Dealer. Sie stehen im halblichten Dunkel oder an erleuchteten Kreuzungen an der Hauptstraße und preisen in gebrochenem Englisch flüsternd ihre Ware an. Offenbar besteht ein großer Absatzmarkt dafür und sie müssen keine Sanktionen fürchten, denn wenn man sich widerstrebend gibt, tönen sie durchaus auch lautstark von ihrem ‚Coca,white like snow’. Die Szenerie wird von außenstehenden Taxifahrern mit Desinteresse oder einem konspirativen Wissen kommentiert, die Vorgehensweise ist wohl erprobt und etabliert. Insgesamt ist festzuhalten, dass das nächtliche Geschehen von Leid geprägt und auf den erwarteten Tourismus zugeschnitten ist, die Jugendlichen, die sich auf Plätzen treffen und trinken oder Trommel spielen, einmal außen vorgelassen. Nicht weiter verwunderlich, stellt dieser doch mit 6,6% des Bruttoinlandsproduktes die stärkste Wirtschaftskraft dar. Das ergibt eine kontroverse Situation: die Costaricaner sind auf den Tourismus angewiesen, andererseits zerstört dieser durch gigantische Hotelanlagen die Natur, speziell in der nordwestlichen Provinz Guanacaste, ebenso wie die Kultur und fördert Kriminalität, dies konzentriert in der Hauptstadt. Nach childhood.com belaufen sich Schätzungen über Straßenkinder in San José auf etwa 8000, dort wird ebenfalls erwähnt, dass jene oft durch Menschenhandel dorthin gelangen und dann in diversen Massagesalons oder ähnlichen Einrichtungen kommerziell sexuell ausgebeutet werden. Ein weiteres Übel, welches der Gringo gefördert hat und wofür er von den Einheimischen verachtet wird, ist der Drogenhandel. Nicht nur, dass Costa Rica als Transitland für Kokain aus den südamerikanischen Anbaugebieten zu den USA fungiert, es findet sich auch in Costa Rica ein Markt. Wobei man anmerken muss, dass Einheimische wenig konsumieren, vielleicht in höheren Kreisen, in der breiten Masse ist es als teuflische Erfindung der Weißen verpönt, die mafiöse Strukturen und Gewaltausbreitung evoziert...
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