Junge Idealisten: Uber das Leben als ProREGENWALD Freiwillige oder Was Machen wir hier eigentlich?

von 17 radka  

"Ihr habt eine sehr klare Vorstellung davon was gut ist." Dieser Satz, den ich von einem Mitarbeiter eines Aufforstungsunternehmens gehört habe, hat mich nicht so ganz losgelassen. Er fiel in einer Diskussion über biologischen, organischen Anbau und Aufforstung als Geschäfft.

Wenn man mit ProREGENWALD Freiwilligen an einem Tisch sitzt, durch eine Stadt läuft, auf einer Finca arbeitet, in einem Bus sitzt... dann drehen sich die Gespräche primär um Themen wie: das Weltwirtschaftssystem, die Leistungsgesellschaft, Permakultur, Wurmkompost, Gartenanbeu, Kritik an konventioneller Landwirtschaft, wie man Umweltschutz gestalten kann, in wie weit man sein eigenes Leben ändern muss, was Nachhaltigkeit wirklich bedeutet, wonach der Mensch im Leben strebt, all die einfachen Themen eben.


Animierte Diskussionen bei denen einem regelmässig das Gehirn ausfällt und man um eine Pause bittet um geistig folgen zu können. So einen Zusammenschluss von Menschen habe ich noch nie erlebt. Es fasziniert und schockiert mich gleichzeitig. Ich durchforste die alten Blogbeiträge, bis hin zurück in das Jahr 2011 und sehe immer wieder die selben Muster: Junge Menschen voller Tatendrang, Frust, Ideen, Utopien, konkretem Handeln. Und oft voller Verurteilung Menschen gegenüber die andere, ¨schlechte¨ Lebensstile frönen. Dieses heftige und immer präsente Unverständnis und die damit unvermeitliche Urteilsbildung ist so stark vertreten, und ich spüre sie so oft in mir, dass ich nur verzweifelt den Kopf schütteln kann und mich selbst für mein Echokammerleben verurteile. Denn sich selbst verurteilt man immer noch am besten. Es ist eben so viel angenehmer in seinen Meinungen von seinem Umfeld bestätigt zu werden, so dass man dann einfach vergisst dass da draussen ja auch ANDERSDENKENDE, Gott bewahre, Menschen leben. Eine ganz klare Unterteilung der Welt in Schwarz und Weiss, die absolute und gefestigte Überzeugung dass WIR richtig leben und das Fehlen an dem Zugeständnis ¨Ich bin verdammt jung, und kann es da wirklich sein dass ich schon genau was was auf dieser Welt richtig ist?¨

Wir hatten oft die Debate ob der beste Weg zu helfen tatsächlich ein Weltwärts-Dienst im Ausland ist. Ob mit all dem Geld nicht besseres erreicht werden kann. So wie es die effektiven Altruisten sehen, eine junge Bewegung bei der diese Menschen genau bemessen wollen, wie gross der Effekt ihres Engagements ist und die dann anhand dieses Indikators entscheiden, wohin sie spenden, wo sie ehrenamtlich arbeiten. Höchst wissenschaftlich, vermeintlich effizient. Ich bin mir sicher, dass sie uns anschauen und zu einem sehr ernüchternden Schluss über unseren Einfluss, unsere Hilfe kommen werden. Sie würden die Gelder, die die Bundesregierung, die unsere Förderkreise in uns investieren, auseinandernehmen, zu dem effizienten Ergebnis kommen, dass das Geld sehr viel besser (aka effektiver) genutzt warden kann und würden Weltwärts abschaffen.

Daran herrscht kein Zweifel. Mit dem Geld kann eine ausgebildete Fachkraft an Stelle eines gerade mal volljährigen Abiturienten eingestellt werden. Damit unterstützt man den lokalen Arbeitsmarkt, verbessert nachhaltig.




Verbessern wir nachhaltig? Es gibt zu viele Projekte da kann man diese Frage klar und deutlich mit Nein! beantworten. Fehlende Strukturen, ein schwieriges Arbeitsumfeld, unsichere Zukunft .. all das verschmilzt zu einem undurchdringlichen Nebel, der wirkliches Vorrankommen behindert.

Frust, ein Gefühl der Sinnlosigkeit, das Ärgern über die eigene Unausgebildetheit, das fehlende Fachwissen, Ohnmacht gegenüber einer Verantwortung die man aufnimmt und der man nicht gerecht warden kann, ständige Zweifel an dem eigenen Nutzen.

Auch das sind Themen über die man als Freiwilliger all zu häufig redet. Immer wenn mich andere fragen, wieso macht ProREGENWALD das, wo sie selbst genau all diese Kritikpunkte kennen, wieso schicken sie Jahr um Jahr einen neuen Schwung junger, motivierter aber oft unausgebildeter Menschen um ein Jahr in Costa Rica und Nicaragua zu verbringen?

Ich habe immer die selbe Antwort.
Es geht darum was wir daraus machen. Und zwar nicht unbedingt in diesem Jahr. Sondern in unserem gesamten Leben. Das Ziel ist, uns all diesen Problemen auszusetzen, man muss sich damit beschäftigen, man muss eben jene ausschweifenden Diskussionen führen um die Zusammenhänge, die neue Ideen benötigen, als solche zu erkennen. Es geht um die Sensibilisierung des gesamten Wesens, um dann sein Leben weiterhin und dann auch irgendwann ausgebildet und effektiver, dem Naturschutz zu verschreiben. Das ist das Ziel. Es ist ein Bildungsprogramm, kein Entwicklungsprogramm. Oder naja, im Grunde ist es ein Entswicklungsprogramm für die Freiwilligen. Sie entwickeln sich.

Wir sind hier in erster Linie für uns, das ist nicht schlimm, das ist kein Grund sich zu verstecken. Alles macht man grundlegend für sich, für das bessere Gefühl oder den gestillten Tatendrang. Wir sind hier für uns! Hat man das verstanden und akzeptiert, tut man alles in seiner Macht stehende um sich selbst so reflektiert wie möglich zu beobachten, aus den Erfahrungen so viel wie möglich zu schöpfen. Und am Ende: so weit es geht zu wachsen, zu lernen, herauszufinden was seine ganz persönliche Art und Weise ist der Natur zu helfen, sei es am Ende auch aus eigenem, glückstrebendem Antrieb und eben nicht aus Selbstlosigkeit. Selbstlosigkeit an sich ist wie ich denke sowieso ein nicht existentes Konzept, jedenfalls ist es nie der Grundantrieb.

Manchmal muss es nicht das Weltretten sein. Manchmal reicht es auch das zu tun, was für einen selbst möglich ist, als unausgebildeter junger Mensch, und seinem Umfeld so zu helfen wie man es eben am besten vermag.

Es geht nicht um utopische Fantasien, und hochtrabende Systemkritik. Es geht um das subtile Verstehen der eigenen Lücken und Möglichkeiten, das Finden des eigenen Platzes und der ganz eigenen Art, etwas zu bewirken.

BlogNo:18

Noch kein Feedback


Formular wird geladen...