El día de ingles

von fabian_11  

Jetzt möchte ich einmal von dem Tag des Englischen berichten, der in der Schule in meiner Nähe festlich begangen wurde und bei dem ich als Ehrengast partizipieren durfte. Ich weiß nicht, ob dieser Feiertag außerhalb dieser Einrichtung tatsächlich existiert, mich dünkt vielmehr er sei ebenso dubiosen Ursprungs wie der ‚Freudige Tag des Lehrers’ zwei Wochen zuvor und auf eine Unwilligkeit der Lehrkräfte zurückzuführen.

Jedenfalls werde ich bereits am Tor von Schülern aufgehalten, die beginnen, wilde Wortkaskaden an mich zu richten, ich kann der Situation entgehen, indem ich mich nach der Englischlehrerin erkundige, daraufhin führt mich ein Fabian, übrigens der erste schwarze Fabian den ich kennengelernt habe, was durchaus etwas befremdlich für mich war, zu ihr. Sie befindet sich aber selbst in höchster Aufregung beim Planen und nach wildem Palavern wende ich mich lieber wieder den Schülern zu. Die haben sich unterdessen Fragen für mich ausgedacht und bestürmen mich in ihrer Wissbegier nach dem deutschen Wort für `sopa` oder `bomba`. Eine der ersten Fragen, nachdem sie mich in einem der Klassenzimmer eingekesselt haben und ich mich in mehrere Reihen beständig herandrängender Schüler eingeschlossen vorfand, war auch, ob es schöne Frauen gäbe. Ich antworte vorsichtig, es gäbe einige und initiiere eine Kettenreaktion. Sichtlich aufgescheucht von dieser Information beginnen die Jungen wild und ziellos herumzulaufen, knallen dabei zusammen und fallen rangelnd zu Boden. Ich bin sehr befremdet von der skurillen Situation und fliehe durch die sich jetzt gelichteten Reihen über die kämpfenden Knirpse.

Endlich beginnt der formelle Teil der Veranstaltung, alle Schüler versammeln sich in Stuhlreihen vor ihren Klassenzimmern. Einige patriotische Lieder werden gesungen, die Nationalhymne wird als Sprechchor aus etwa 50 scheinbar komplett autarken und nicht an Symbiosen oder Synergien interessierten Stimmen vorgetragen. Danach folgt das obligatorische Gebet, zur Feier des Tages in Englisch, wobei eine Schülerin vorspricht und die Satzteile danach repetiert werden. Was mich sehr belustigt hat, war die Aussprache der Familienmitglieder, als jene gesegnet wurden. So wurde beispielsweise aus mother Modder, erst falsch aufgesagt, und dann falsch aus dutzenden Kehlen wiederholt. Vermutlich wäre ich weniger überrascht gewesen, hätte ich bereits die Sprachkenntnisse der Englischlehrerin näher in Augenschein genommen, dieser Missstand sollte nun aber behoben werden. Die Dame gab sich die Ehre und erfreute die eher desinteressierten Schüler mit einer Darbietung ihres Englischkurses, die inbrünstig die Wochentage in Liedform aufzählten sowie ihre Körperteile benannten, alles selbstredend mit eigenwilliger Aussprache. Danach schloss sich die, sagen wir, erlesene Musikgruppe an, die sich mit schiefklingenden Plastikflöten an einigen Melodien bemühte und es wurde ‚Reise nach Jerusalem’ gespielt.

Ich widmete mich unterdessen der Inspektion der Klassenzimmer, diese waren wirklich liebevoll hergerichtet und mit vielen Postern geschmückt, die die einzelnen Schulfächer oder herkömmliche Werte anpriesen. Auch fanden sich einige Schemata des menschlichen Körpers, des Verdauungstraktes, der Atemwege sowie der Fortpflanzungsorgane. Insgesamt präsentierte die Schule sich von ihrer Ausstattung als sehr angenehm, erst jetzt bemerkte ich auch die eigens für den Tag angebrachte Dekoration aus Luftballons und bunten Bändern sowie Bildern aus den Filmen Toy Story und Cars, die die Kinder wohl mit dem englischsprachigen Raum assoziieren. Irgendwie überkam mich an dieser Stelle Mitgefühl, nachdem sie diese Fremdsprache doch voller kindlicher Hingabe ehren, Kinder wie Erwachsene, während mir niemals in den Sinn käme, mir eine fremde Kultur zum Vorbild zu erheben und für ihre Errungenschaften zu preisen. Ich meine, ich ehre zwar auch meine Kultur nicht, zumindest nicht so exaltiert, aber mir missfiel das Machtgefälle zwischen diesen Menschen und dem Desinteresse derer, denen sie an diesem Tag gedachten.

Schließlich löste ich mich von meinen Grillen und wendete mich meiner eigentlichen Aufgabe hier zu: Spiele mit den Schülern zu veranstalten. Als kurzes Fazit muss genügen, dass ich recht kläglich an der Vermittlung einfacher Spielinhalte scheiterte und wir uns an drastisch modifizierten Versionen von Jeeha oder Evolution erprobten, bevor die Kinder dankenswerterweise zu ihnen bekannten Spielen wechselten. Nichtsdestotrotz hatten wir am gegenseitigen Unverständnis ziemlich viel Spaß, die inzwischen als Clowns hergerichteten Lehrer mussten so über mich lachen, dass sie mich mitrissen.

Unsere Versuche wurden unterbrochen, als die Pinata angekündigt wurde, was die Kleinen in Aufregung erneut in Aufregung versetzte. Das Prinzip ist a auch bei uns hinlänglich bekannt: Ein mit Süßigkeiten befülltes Papp- oder Pappmachekonstrukt hängt an einer Schnur von der Decke, während ein Kind, dem die Augen verbunden wurden, mit einem Stock danach schlägt. Drumherum stehen andere Kinder, dirigierend und motivierend, unter Anspannung um in dem Moment, indem der Hohlkörper seinen kostbaren Inhalt freigibt, losstürzen zu können und sich sämtlich Taschen damit zu füllen. Trotzdem hat kann man nicht behaupten, einer beigewohnt zu haben, bis man nicht mehr als 50 Kinder brüllend, schreiend und einander übertönend erlebt hat, die Befehle kommandieren oder vor dem wild herumwirbelnden Stock zurückweichen, dessen Bewegung Selbstzweck geworden ist, während die Pinata hoch oben an der Decke und vollkommen unerreichbar hängt, dort einbehalten von einem schadenfreudigen Lehrer, der ebenfalls anfeuert. Leider habe ich den Moment des Platzens der Pinata nicht miterlebt, ich wurde regelmäßig von Kindern zum für sie äußerst beeindruckenden Hautfarbvergleich, Fußball- oder Murmelnspielen entführt, zu diesem Zweck schenkten sie mir sogar einige der ihrigen, sodass ich kurzzeitig Besitzer meines eigenen Murmelsortiments war, bis ich sie großteils an den Enkel meiner Gastfamilie an dessen Geburtstag abtreten musste. Immerhin versicherte er mir, ich bekäme sie an meinem Geburtstag wieder, ich bleibe also optimistisch.

Aber ich schweife ab. Der besagte Festtag endete mit einem weiteren Highlight: dem LSD-Teller. Damit bezeichne ich lax das Mittagsessen, das sich aufgrund der Festzwecke aus einem Kuchen und einem Eis zusammensetze, die gemeinsam eine Orgie sämtlicher Primär- und Sekundärfarben feierten. Es schien, als wären bei diesen Produkten alle Geschmacks- durch Farbstoffe ersetzt worden, und so ergab sich eine schwindelerregend bunte Mahlzeit, wenngleich ziemlich geschmacksarm, wenn man den puren Zuckeranteil außen vorlässt. Sie gereichte zumindest den Kindern zu lustvollem Schmatzen, mir immerhin zum Erstaunen, aber langsam stellte sich doch mein Hunger auf, sagen wir mal, richtige Nahrung ein, zudem schwirrte mir allmählich der Kopf von den vielen spanischsprachigen Menschen um mich herum, also verabschiedete ich mich rasch und begab mich auf den Heimweg, dieses Erlebnis in freudiger Erinnerung behaltend.

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1 Kommentar

Kommentar von: Alice eichner [Besucher]

Schoen geschrieben!
Ich Les immer gern deine Berichte. Da kann man sich wenigstens Bisserl vorstellen, was du da eigentlich so treibst … LG Mama


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