Von Faulheit und Tonscherben

von 19 lukas  

Es ist jetzt schon einige Monate her, aber ich war am Strand (wieder ein Punkt mehr auf der Costa Rica to-do list abgehakt). Ich war mit einem befreundetem Tico Pärchen unterwegs und es war ein echt schöner Ausflug. Wir haben uns im Dezember die schönen Strände Guanacastes angeschaut, also ohne den ganzen Touri-Andrang.

Irgendwann wurde uns das aber zu langweilig und einer meiner Begleiter sagte: ,Lukas, wir bringen dich jetzt zu einem Ort, den nur die Einheimischen kennen'. Also stiegen wir ins Auto und fuhren los. Nach einigen Minuten Fahrt hielten wir ganz abrupt am Wegesrand an. Die Straße war Links und Rechts vom Urwald und Stacheldraht eingegrenzt. Das störte meine Freunde aber nicht, zielstrebig kletterten wir unter dem Stacheldraht durch und nach einer halben Stunde Wanderung über Bäche, Baumstämme und Berge befanden wir uns in einem Krater im Felsen. 'Wir sind da Lukas!' Ich war vollkommen verwirrt.


Krater mit Wasserfall

Wir hatten eine Wanderung durch die Wildnis gemacht nur um einen Krater mitten im Nirgendwo zu sehen? In der Zeit hätten wir doch auch gut ein Eis am Strand essen können! Aber dann gingen wir tiefer in den Krater hinein, dort befand sich ein kleiner Wasserfall der ein künstliches Schwimmbecken auffüllt. Das war schon schön genug, doch dann sah ich sie. Gesichter, knapp einen Meter im Durchmesser, in die Felswand hinein gehauen.,, Dieser Ort heißt X (Das wüsstet ihr wohl gerne), nur die Einheimischen kennen ihn und die gesamte Anlage wurde vor Hunderten Jahren von den Indigenen erschaffen. Der Anblick war atemberaubend und ich wollte alles wissen: 'Wer hat diese Gesichter erschaffen? Wo sind die Menschen jetzt? Und was haben diese Gesichter zu bedeuten?' Meine Bekannten konnten mir die Fragen nicht beantworten aber die Frau sagte mir, dass sich ihr Vater damit besser auskenne und sie fragte mich, ob ich nicht mal etwas mit ihm zusammen unternehmen möchte.

Ich sagte zu und zwei Wochen später traf ich ihren Vater, der mir einiges über dieses verschwundene Volk beibrachte. So weiß ich jetzt zum Beispiel, dass es überall in der Erde ,in gesamt Mittelamerika, Tonplättchen und Stücke von alter indigener Keramik gibt. Diese sind immer Hunderte von Jahren alt und sind der Müll von den Ureinwohnen (zerbrochene Tonkrüge wurden einfach weggeworfen). Außerdem gibt es in Guanacaste Steinkreise, diese waren meistens das Fundament eines Hauses oder ein Hinweis auf einen Friedhof der Indigenen. Zu guter Letzt gibt es immer noch hunderte von ungelösten Rätseln was die Chorrotega ( Name der Volksgruppe der Indigenenin Guanacaste) betrifft. Diese Rätsel können aber nicht gelöst werden, denn die Spanier und die Seuchen, die sie mitbrachten, haben ganze Arbeit geleistet.



Die wenigen Überlebenden fügten sich in das System ein und so ging ein großer Teil des uralten Wissens verloren. Ist wirklich alles weg? Nicht alles, der Atol ist noch da. Darüber hinaus ist die Kultur der Menschen hier mehr von indigenen, als von spanischen Einflüssen geprägt. Zur Veranschaulichung: Es gibt das Vorurteil, dass Ticos nicht viel arbeiten, unpünktlich und generell ziemlich faul sind. Teilweise stimmt das sogar (Grüße gehen raus an meinen Nachbarn). Diese Lebenseinstellung, von der einige sagen es sei ,,pura vida'' soll auf die Indigenen zurückgehen, die gezwungen wurden, für die Spanier zu arbeiten und deshalb nur semi-motiviert waren.

Was ist neben Tonscherben und Faulheit noch von den Ureinwohnen geblieben? Friedhöfe. Friedhofsschändung ist ein echtes Problem in Costa Rica. Das Plündern dieser Friedhöfe ist natürlich strengstens verboten, dummerweise ist es ziemlich lukrativ. Es gibt zum Beispiel indigene Mühlsteine, die einst benutzt wurden um Mais zu Pulver zu zermahlen (um daraus köstlichen Atol herzustellen). Einer dieser Steine ist in Europa oder Nordamerika um die tausend Dollar wert. Dank dieser Tatsache ist es natürlich schwierig einem Campesino (Bewohner von ruralen Zonen) der vielleicht 300 Dollar im Monat verdient, zu erklären,dass er doch bitte nicht ein paar Löcher in seiner Finca gräbt um seine Familie für die nächsten Monate zu ernähren. Und selbst wenn die gesamte Armut in der Region behoben wurde, wird es immer gierige und abenteuerlustige Menschen geben, die das haben wollen, worauf sie kein Recht haben.


Krater mit Wasserfall

Wieso erzähle ich das so ausführlich? Mein anderer Nachbar hatte einen solchen Friedhof auf seinem Grundstück und vor einigen Jahren kamen Männer aus Nicoya vorbei und haben alles geplündert. Zu dem Zeitpunkt wusste niemand im Dorf, was für Schätze hier unter dem Erdboden schlummern und so profitierten diese Grabräuber von der Unwissenheit der Dorfbewohner. Sie gruben zwei Friedhöfe vollkommen aus und verließen das Dorf kurze Zeit später ohne den Besitzern der Grundstücke auch nur einen Colon zu bezahlen.

Eine echte cochinada (grobe Übersetzung: schlechte Sache oder Ereignis, in diesem Fall Verarschung) wie sie im Buche steht. Jetzt ist es natürlich schwierig ein gutes Ende für den Beitrag zu finden, um den Leser (der inzwischen schon die Hälfte vergessen hat), irgendetwas Sinnvolles mitzuteilen oder ihn zu motivieren. Ich versuchs trotzdem.

In diesem Sinne
,,Grabt keine Indianerfriedhöfe aus!''

BlogNo:12

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