Spasstouristen aus den Staaten

von fabian_11  

Es gibt Situationen, in denen man andere Menschen sehr viel besser kennenlernt, als man ursprünglich vorhatte. Oft sind dies Situationen, in denen man seiner Fluchtmöglichkeiten beraubt wurde, mental anstrengende Situationen, die einen unüberlegten, inadäquaten Ausdruck des Seelenlebens begünstigen, vielleicht ist aber auch eine Partei künstlich enthemmt und gewichtet Begriffe wie Würde völlig neu.

Es trug sich auf unserer Busfahrt Richtung Montezuma zu, das alles aufeinandertraf, eine sechsstündige Busfahrt, unterbrochen nur von dem Übersetzen mit der Fähre nach dreieinhalb Stunden Qual mit fremden Menschen in zu engen Sitzen und in unserem Fall einer sehr penetranten wie betrunkenen wie schamlosen wie lauten wie gewaltvorstellungsinitiierenden wie aggressionsbewältigungsmassnahmenerfordernden wie mitleiderregenden Person, deren Anwesenheit unsere Aufmerksamkeit währenddessen in Anspruch nahm, ja fesselte.

Sie hiess Dina, war selbst Tica, hatte jedoch ein Semester an einer Universität in Kalifornien verbracht und sprach deshalb ziemlich gut Englisch, was die Kommunikation mit den beiden amerikanischen Begleitern bedeutend vereinfachte. Einen davon, mehr als doppelt so alt wie sie, bezeichnete sie abwechselnd als ihren Freund, der sie liebte und sie so nahm wie sie war, temporär nannte sie sich aber auch seine bitch, eine Bezeichnung, die wir widerstandslos adaptierten. Dina schien nach ihrem Studium aufgefallen zu sein, dass der Lebensweg eines Mädchens in einem äusserst gefragten Urlaubsort verhältnismässig recht glamourös und von vielen Erlebnissen geprägt sein kann, ohne gleichzeitig ein umfangreiches Arbeitspensum abzuverlangen, und so durchlebte sie ein rauschendes Fest, gekleidet in wenig Stoff, nach westlicher Art verarbeitet, auf Unterwäsche verzichtete sie hierbei pragmatischerweise, umgeben von alten Männern, denen ihre Akne und ausfällige Art gleich waren, solange sie dabei mit ihrem Hintern über deren Schoss rieb, und gefüllt mit Betäubungsmitteln, die das Leben so liebenswert erscheinen lassen.

Wir erfuhren in der Tat viel über sie, sie dominierte das Gespräch sowohl in ihrer Dreierrunde als auch im übrigen Bus. Der zweite Mann, der das Traumpärchen zufällig getroffen hatte, aber sich sofort auf einer Wellenlänge mit dem anderen Kerl verstand, bot diesem schliesslich ein bisschen Rohypnol, der Vergewaltigungsdroge, an, die in Verbindung mit Alkohol Gedächtnisverlust, Enthemmung aber auch Umgänglichkeit durch die sedierende Komponente bewirkt, um Dina ruhigzustellen, als sie einmal mehr herumbrüllte, der Bus solle sich beeilen, damit die Party starten könne. Verbunden mit seiner Antwort gegenüber Dinas, dass er schon selber wisse, wie er Pussys herbekäme, beschlich mich das leise Gefühl, dass er den Stoff nicht zur Behebung seiner Schlafprobleme mitführte. Glücklicherweise waren seine Frau und sein Sohn in Florida geblieben, so könne er endlich vergnügt surfen und feiern gehen, und sowieso: “What happens in Costa Rica stays in Costa Rica”.

So tranken die drei also vor sich hin und kamen kurioserweise darin überein, dass man Respekt vor dem Meer haben müsse, wenn man darin surfen wolle, nur wollte Dina unbedingt rauchen, was im Bus untersagt war. Nach einigen beschwichtigenden Versuchen liessen die anderen sie in die Toilettenkabine, um ihrem Wunsch nachzugehen, und beschwichtigten einander dann darin, es sei nicht ihr Problem, sie würden sie nicht kennen, falls die Badokkupation oder die beginnende Rauchentwicklung den Busangestellten auffallen sollte. Der Mann aus Florida zollte dem anderen Respekt zu der billigen Schlampe, die ihm sogar jetzt auf dem Bad einen lutschen würde. Hierbei ahmte er sie nach, wie sie das der Unebenheiten im Boden zum Trotz versuchen und darüber ganz hilflos würgen würde.

Während ich bisher alle drei für Vollidioten gehalten hatte, stellte ich mir nun die Frage, ob sie ebenso Schuld an ihrer Art trüge wie die anderen. In meinen Augen trafen sich dort Nachfrage auf Angebot, generierten Angebot, und ich fragte mich, wie Dina sich entwickelt hätte, wenn ein billiges Flittchen in Costa Rica nicht erfolgreicher sein könnte als eine studierte, weibliche Fachkraft.

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