Die Straßen Costa Ricas

von gustav_11  

Ach du kommst aus Deutschland? Magst du Fußball? Ich habe gehört ihr habt ganz tolle und große Straßen in Deutschland ... stimmt das? So oder so ähnlich fallen die Reaktionen meistens aus, wenn ich erzähle wo ich herkomme. Tatsächlich hat Deutschland tolle, große Straßen, die in der Regel auch in einem guten Zustand sind und bei den Straßenverhältnissen, die ich bisher hier gesehen habe, verstehe ich auch die Begeisterung, die die Ticos für Deutschlands Straßen und Autobahnen aufbringen.

Lange, breite, mit Teer zugekleisterte Schneisen gibt es hier nicht ... mit vielen Auf und Abs, Rechts und Links winden sich die Straßen über, unter und durch die Landschaft. Selten mal gibt es zweispurige Straßen und wenn ein Reisebus mal anhält, um seine Fahrgäste aufzunehmen oder aussteigen zu lassen, müssen halt die nachfolgenden Autos warten.

Um diesen „misslichen“ Zustand zu beheben, wird zur Zeit allerorts gebaut und ausgebessert, wobei die Baustellen hier selten als solche gekennzeichnet sind und gerade im Dunkeln eine nicht zu verachtende Gefahr darstellen. Es ist nichts ungewöhnliches, wenn plötzlich im Scheinwerferlicht vor dir Betonboller auftauchen, die die Fahrbahn blockieren … da bleibt nur noch die Vollbremsung oder das Ausweichen auf die Gegenfahrbahn (nicht zu empfehlen bei starkem Verkehr).

Trotzdem wünscht man sich sehnlichst diese Straßen wieder zurück, wenn man sie erst einmal verlassen hat, um auf Schotterwegen mit Schlaglöchern in der Größe eines Gartenteiches bis zu seinem Ziel zu holpern. Hierbei gilt es auch noch den unzähligen Tieren auszuweichen, die die Straße kreuzen. Gerade bei Dämmerung grenzt es schon fast an Selbstmord sich schneller als mit Schrittgeschwindigkeit fortzubewegen.

Doch trotz all dieser Makel ist eine lange Auto oder Busfahrt nichts unangenehmes … solange man nicht am Steuer sitzt. Denn statt den eintönigen Lärmschutzwällen und Büschen, die wir von Deutschland kennen, reihen sich eine Vielzahl an Naturschönheiten aneinander, die es zu bestaunen gilt. Somit vergeht eine 6stündige Busfahrt fast wie im Flug trotz der unbequemen Sitze und der viel zu kalten Klimaanlage.

In San José wiederum ist es etwas anderes. Hier ist schon die tägliche 20minütige Busfahrt zum Büro die reinste Tortur. Eingezwängt auf seinem Sitz harrt man bis zu seinem Ziel aus und sieht die unschöne (nein hässliche!) Silhouette der Stadt vorbei ziehen, nur um dann voller Erleichterung nach der „Rettungsleine“ zu greifen, die dem Fahrer signalisiert, dass man aussteigen möchte.

Hat man die Busfahrt mit Bravour bestanden, fehlt nur noch ein kurzer Fußweg, der sich scheinbar bis zur Unendlichkeit aus zu dehnen scheint. Hustend vom Smog erkämpft man sich seinen Weg, begleitet vom Hupen und Dröhnen der lärmenden Straße direkt neben einem. Es ist kein Wunder, dass so viele Ticos mit dem Auto fahren, denn absolut fußgängerunfreundlich geben sich die Straßen San Josés.

Die Gehwege sind in der Regel breit genug für eine Person und ist man mal schneller als sein Vordermann (also fast immer), bleibt einem die Wahl zwischen dem langsamen Hinterherschlurfen oder dem waghalsigen Überholen auf der Straße. Letzteres lässt sich nicht empfehlen, da mit 90% Wahrscheinlichkeit in genau diesem Moment ein Auto um die Ecke kommt, das einen laut hupend auf den Gehweg zurück drängt.

Möchte man nun eine Straße überqueren, sucht man vergeblich nach einer Ampel … die wenigen die es gibt, sind fast ausnahmslos für Autos reserviert und es bleibt einem nur die Möglichkeit sich entweder zwischen den an der Ampel wartenden Fahrzeugen hindurch zu schlängeln (was nicht ganz einfach ist, wenn sie Stoßstange an Stoßstange stehen) oder abzuwarten, bis der Verkehr sich etwas lichtet, um dann mit angehaltenem Atem und verfolgt von Rufen und Hupen über die Straße zu hechten.

Eine wahre Erholung davon sind die wenigen Fußgängerzonen San Josés, die es einem ermöglichen, sich einigermaßen frei zu bewegen. Allerdings sind diese so überfüllt und werden auch noch alle 50 Meter von einer dichtbefahrenen Straße gekreuzt, so dass das Vergnügen immer nur von kurzer Dauer ist. Außerdem erwartet einen auch hier ungeahnte Gefahren in Form von 2 Meter tiefen Löchern mitten auf dem Weg, die als Abfluss dienen aber keine vernünftige Schutzvorrichtung besitzen. Ist man also nicht konzentriert auf jeden Zentimeter vor sich, kann es schnell passieren dass man sich ein Bein bricht, wobei hierbei höchstwahrscheinlich nicht mit der Hilfe der anderen Passanten zu rechnen ist.

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