Feliz Navidad!

von gustav_11  

Von drauß von San José komme ich her;
Ich muss euch sagen es weihnachtet sehr!
Allüberall auf den Antennenspitzen
Sah ich goldene Lichtlein sitzen;
Und droben aus dem Himmelstor
Sah mit traurigen Augen das Christkind hervor;

Tja es weihnachtet tatsächlich sehr und ich sehe auch jede Menge goldene Lichtlein. Die Straßen San Josés sind überfüllt mit grellbunten Schriftzügen, die aufmerksamkeitsheischend die frohen Feiertage verkünden und nebenbei ganz zufällig das genau richtige Weihnachtsgeschenk für die liebe Frau, Mutter, Schwester, Freundin, das liebe Kind oder weiß Gott wen anbieten. Überall wird mit „Feiertagspreisen“ geworben, in den Geschäften erklingen die spanischen Versionen von „Jingle Bells“, „Stille Nacht“ und „Ihr Kinderlein kommet“ und die Lichterketten blinken von allen Seiten in einer irren Frequenz, so dass sie mit Sicherheit einen epileptischen Anfall auslösen könnten und bei mir bohrende Kopfschmerzen verursachen.

Das besinnliche Fest Weihnachten scheint hier von Coca Cola und Konsorten gepachtet und in eine Plastikblase verpackt worden zu sein und sie nehmen sich heraus, als einzige die Möglichkeit in der Hand zu haben, die Feiertage glücklich gestalten zu können. Dementsprechend ist der weihnachtliche „Schmuck“ in den Straßen vorliebend in der Form von Firmenlogos drapiert und darunter wird in blinkender Schrift daran erinnert, das Weihnachten ohne diese Firma nicht Weihnachten wäre.

Eine weitere Auffälligkeit ist, dass nirgendwo von Engeln oder dem Christkind geredet wird, wohingegen der von Cola erfundene „Weihnachtsmann“ allgegenwärtig von Plakaten und Hauswänden herunterwinkt.

Mit Tannenbäumen aus Plastik, kiloweise Lametta und weißer Farbe und Watte versuchen die Geschäfte den Winter zu imitieren, wobei sie kläglich Scheitern und mit halb zusammen gesteckten Bäumen voller Taubenkacke versuchen, den Kunden weihnachtlich zu stimmen.

Aber nicht nur die Geschäfte, sondern auch die Privathäuser werden in Festtagsstimmung gestaltet und es wird um den größten, buntesten und originellsten Schneemann (selbstverständlich aus Plastik) vor dem Haus gewetteifert. Nach Möglichkeit wird diesem auch noch etwas Leben eingehaucht, in dem Bewegungsmelder installiert werden, so dass der Schneemann einem im Vorbeigehen fröhlich mit scheppernder Stimme ein beliebiges Weihnachtslied hinterher trällert.

Auf Nachfragen wird mir erzählt, das Weihnachten hier in San José in der Regel in einem möglichst großen Freundeskreis mit Essen und vor allem Trinken verbracht wird und um Mitternacht die Geschenke aufgerissen werden, wobei am nächsten Morgen nur noch ein Bruchteil der eigentlichen Präsente vorhanden ist, weil der Rest im Laufe der Nacht entweder von Besoffenen zerstört, oder von ungebetenen Gästen entwendet wird. Dementsprechend sind die Geschenke oft unsinniger Krimskrams (wieder aus Plastik) mit dem keiner etwas anfangen kann und will.

Weihnachten ist hier (und leider auch in Deutschland) die Zeit des Konsums und des Überfluss. Selbst in den ärmsten Vierteln wird ein Haufen Geld ausgegeben, um sein Haus weihnachtlich zu gestalten. Ich warte jetzt schon gespannt auf die Müllberge nach Weihnachten, an denen sich dann die Straßenkinder und Hunde der Stadt gütlich tun können, um etwas verspätet ihr eigenes kleines und sehr viel bescheideneres Weihnachten feiern zu können.

BlogNo:

Noch kein Feedback


Formular wird geladen...