English for Runaways; Englisch für Fortgeschrittene

von gustav_11  

Es ist durchaus üblich in Costa Rica, dass der Bus nicht nur als Transportmittel, sondern auch als Arbeitsstelle und Absatzmarkt benutzt wird. So ist es nichts ungewöhnliches, wenn auf einmal laut schreiende Händler in den Bus stürzen und einem mit ihrer Stimme und Ware erschlagen (psychisch und physisch!).

Die Beule am Kopf reibend wehrt man dann mit Füßen und Händen die aufdringlichen Versuche ab, die Ware an den Mann zu bringen, um wieder in seinen üblichen Dämmerschlaf auf längeren Fahrten verfallen zu können.

Vor einigen Wochen allerdings gab es einen Bushändler (ich nenne sie der Einfachheit mal so), der mich und meinen Begleiter aufs äußerte amüsierte. Statt der üblichen Leidensgeschichte eines Bettlers oder der Aufforderung eines „Sozialarbeiters“, Schlüsselanhänger für die Behandlung von Drogensüchtigen zu kaufen, bekamen wir eine interessante Alternative geboten.

Das Produkt war ein bunter Block, mit dem man, so der Verkäufer innerhalb weniger Tage fließend Englisch lernen könne. Wenn man den Ausführungen des Mannes glauben durfte, verbesserten sich die Englischkenntnisse alleine schon durch den Kauf dieses Wunderwerkes der modernen Bildungsforschung. Überzeugt von der Überlegenheit seines Produktes begann er uns einzelne Aufgaben aus dem „Wunderblock“ vorzustellen. So war zum Beispiel das Vokabular themengeordnet und bot somit einen hervorragenden Überblick über die verschiedenen Bereiche, außerdem würde man nirgendwo, so unser Verkäufer, eine vollständigere Vokabelliste finden, als auf diesem 50 Seiten starken Block.

Doch nicht nur die Vollständigkeit des Vokabulars sei so überwältigend, sondern auch noch die Tatsache, dass jedes einzelne Wort nicht nur in Reinschrift, sondern auch noch in Lautschrift aufgeführt sei.

Um uns mit seinen, Dank dieses Blockes überragenden Englischkenntnissen zu beeindrucken, gab er einige Beispiele und führte uns gratis in die einfacheren Vokabeln, samt Aussprache ein. Hierbei bugsierte er uns zielsicher an den Rand eines Lachkrampfes, als er voller Inbrunst zunächst das spanische Wort und danach das englische Wort vorsprach. So wurden aus „Frutas“ – „Fröts“, aus „Sábado“- „Setörde“ und aus „Pez“ – „Fäsch“.

Nach dem ich mich wieder einigermaßen gefangen hatte, fragte ich noch, ob denn auch die englischen Grammatikregeln in diesem Block enthalten seien, worauf mir im Brustton der tiefsten Überzeugung entgegnet wurde, dass die englische Grammatik absolut gleich mit der spanischen sei.

So amüsant das Ganze auch war, es ist eine traurige Tatsache, dass ein Großteil der Costa-Ricaner nur seine Muttersprache spricht und darüber hinaus nur sehr mäßige bis gar keine Sprachkenntnisse besitzt. Gehemmt durch diese Barriere fällt es ihnen schwer, ihren Horizont über die Grenzen Lateinamerikas hinaus zu erweitern. Lateinamerika ist in ihrer Welt der Dreh- und Angelpunkt und Europa, Asien und Australien (wenn sie überhaupt schon mal davon gehört haben) sind nur sehr ferne und für sie faszinierende wenn auch unbedeutende Erdflecken, aus denen ab und an Menschen kommen, um ihnen das Leben schwer zu machen. Eine generelle Abneigung herrscht gegenüber eines jeden Ausländers, die sich zwar schnell bewältigen lässt, aber doch dazu führt, dass fremde Sprachen als verpönt gelten.

Mehr dazu unter: El día de ingles

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