San José

von 22 anna_a  

Ich laufe durch die Stadt und bin umgeben von Autos, Häusern, Straßen. Von den lauten Rufen der StraßenhändlerInnen, die ihre Angebote unter die Menschen bringen, von Hupen und Motorenlärm, von mindesten fünf verschiedenen Liedern, die alle aus dem gleichen Laden schallen, von Menschenmassen, von einer Fülle an Gerüchen, Geräuschen, Gefühlen.

Laufe vorbei an Menschen, die grade auf dem Weg nach Hause sind, an Menschen, die grade auf dem Weg zur Arbeit sind, an Menschen, die sich einen neuen Fernseher kaufen, an Menschen, die seit zwei Monaten auf der Flucht sind und seit Wochen kein Zuhause mehr haben.

Vorbei an TouristInnen aus der ganzen Welt, die sich diese seltsame Stadt für ein, zwei Tage anschauen und dann schnell zu den berühmten Stränden und Wäldern weiter ziehen, an unzähligen Familien aus Venezuela, die ihr Nachtquartier aus Pappkartons an einer Hausecke aufgeschlagen haben, nicht wissend, wo ihr Essen heute Abend herkommen soll. An Obstständen und Metzgereien, an Supermärkten und Kiosks, an Secondhandläden und Apotheken.

Ich laufe hier lang und sehen das alles, höre alles, rieche alles. Komme nicht klar mit der Menge an Menschen und Dingen, mit der Ungerechtigkeit, mit der Absurdität und den Kontrasten. An manchen Tagen habe ich das Gefühl, in dieser Stadt zu ersticken.

An anderen Tagen laufe ich durch die Straßen und freue mich über die kleinen Parks, die aussehen wie das schönste Tropengewächshaus bei uns in Deutschland, höre Gespräche und Geschichten, sehe die bunte Vielfalt des Obst und Gemüses, statt nur das Geschrei der Verkäuferin zu hören. Ich ergreife die Chance und beginne eine Unterhaltung. Lerne, dass sie aus Nicaragua kommt, zwei kleine Kinder hat, jeden Tag von früh morgens bis spät abends an ihrem Stand sitzt und Avocados, Platano, Mangos und Yuca verkauft. Sie schenkt mir ein Banane und eine handvoll Mamones, die wir essen, während wir uns unterhalten. “Vea, ella es mi amiga de Alemania“. Ich glaube, ich habe eine neue Freundin gefunden.

An solchen Tagen rieche ich den süßen Geruch des Gebäcks, der aus einer der unzähligen kolumbianischen Bäckereinen strömt, freue mich über die Musik, die die Straße erfüllt, schaue in die Gesichter der Menschen und frage mich, wo sie hingehen, wo sie herkommen, was sie hier machen.

An solchen Tagen genieße ich das immerwährende Chaos, die Vielfalt, die Abwechslung, die diese Stadt bietet.

Auf dem Heimweg geht die Sonne geht unter, der Himmel ist bunt, das Licht orange, die Palmen dunkle Silhouetten vor den Farben der Wolken. Um mich herum die Stadt, um die Stadt herum die Berge. Ich glaube, San José bringt mir die Kunst des Über-Schöne-Ecken-Stolperns bei.

BlogNo:02

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