„Man darf nur das essen, was man auch aufschneiden kann!“

von gustav_11  

Das war einer der Lieblingssprüche meiner ehemaligen Biolehrerin, wenn es mal wieder etwas zu sezieren gab und ein Großteil der Klasse mit grünen Gesichtern und den Bauch umklammernd das Klassenzimmer verließ. Prinzipiell unterstütze ich diese Aussage, denn viel zu oft verdrängen wir die blutige Geschichte, die hinter dem Fleisch auf unserem Teller steckt und können somit beherzt zugreifen. Nun soll natürlich nicht jeder auf die Weiden stürmen und eine Kuh abschlachten, um weiterhin die Erlaubnis zu haben, Fleisch zu konsumieren, aber man sollte sich ernsthaft die Frage stellen, ob man im Fall der Fälle wirklich dazu in der Lage ist, einem Tier das Leben zu nehmen und wenn einem die Chance geboten wird, gerade dies auszuprobieren, sollte man die Gelegenheit beim Schopf ergreifen, um seine Einstellung zu überprüfen.

So wurde mir vor ein paar Wochen genau diese Möglichkeit geboten und ich wurde gefragt, ob ich nicht bereit wäre, beim Hühnerschlachten zu helfen. Sofort nahm ich an, allerdings mit dem vorsichtigen Rückzieher, im Notfall den Rückwärtsgang einlegen zu dürfen.

Gesagt, getan ging es also am nächsten Morgen los zum Hühnergehege, wo die auserkorenen Tierchen, getrennt von den anderen in einem großen Käfig standen. Aus diesem galt es nun erst einmal die Tiere nach und nach zu entnehmen, wobei sich diese als unfassbar flink und störrisch entpuppten und ich mir mehr als einmal schmerzhaft den Kopf an der niedrigen Decke und hervorstehenden Balken stieß. Hatte ich erst einmal ein Tier gefangen, klemmte ich es mir fluchend unter den Arm und versuchte den Käfig zu verlassen, ohne dass dabei ein weiteres entkommen konnte und brachte es zur Schlachtbank (ein schöneres Wort dafür gibt es glaube ich nicht).

Diese Schlachtbank bestand aus einem trichterförmigen Kanister, der an beiden Enden aufgeschnitten war, so dass man das Huhn kopfüber in diesen hinein befördert, bis am unteren Ende der Kopf und der Hals wieder herausschauten, während Brust und Flügel vom Trichter umschlossen wurden. Mit einer Kurzanleitung, wo ich mit wie viel Kraft schneiden sollte, wurde mir ein großes und höllisch scharfes Messer in die eine und der Kopf des Tieres in die andere Hand gedrückt. Das Huhn sträubte sich zwar etwas doch der Kanister verhinderte, dass es sich allzu hektisch bewegen konnte, so dass der zu „bearbeitende“ Teil relativ zitterfrei in meiner Hand lag.

Nach einem kurzen Zögern schnitt ich dann zielsicher zweimal zu und ging schnell zur Seite, um dem, wie ich dachte, hervorspritzenden Blut auszuweichen. Doch dank meiner sauberen Arbeit floss der rote Saft in einem dicken Rinnsal zu Boden während das Tier sofort das Bewusstsein verlor.

Das Huhn wurde für einige Minuten hängen gelassen, damit es schön ausbluten konnte und dann kam die eigentliche Schwerstarbeit. Unter der glühenden Sonne und neben einem Feuer mit einem Topf kochenden Wassers mussten die Hühner nun gerupft und gereinigt werden. Dazu wurde immer etwas heißes Wasser über sie gegossen, um die Poren zu öffnen und danach ließen sich die Federn mit relativer Leichtigkeit entfernen.

War das Huhn dann federfrei galt es noch die unerwünschten Körperteile zu entfernen, wie den Kopf und die Innereien. Dies war wohl der faszinierendste Teil, da ich hierbei wieder einmal Einblick in das Innenleben nehmen konnte und ich die Arbeit immer wieder unterbrach, um das Herz, die Leber oder die Blutgefäße genauer zu untersuchen. Meine Ticakollegin bedachte mich mit eher unverständlichen Blicken, wenn ich mal wieder einen Freudenruf ausstieß und ein besonders interessantes Exemplar emporhielt.

Alles in allem war es harte Arbeit und danach tat mir mein gesamter Oberkörper weh und das nicht nur wegen des üblen Sonnenbrandes, den ich mir währenddessen geholt hatte.

Das Schlachten bleibt für mich eine unliebsame und harte Arbeit, aber für jeden, der wie ich später etwas Naturwissenschaftliches studieren möchte, hat es auch einen gewissen Erfahrungswert, Leben auch in seiner Schlussform, nämlich den Tod kennen zu lernen.

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