Rückblick: Una fiesta navidena

von fabian_11  

Die Veranstaltung von Festlichkeiten könnte man hier bereits als Kulturgut bezeichnen, so fest ist sie verankert. Wobei die Übersetzung mit ‚Festlichkeit’ so gewählt wurde, weil der gedanklich näher liegende Begriff ‚Feier’ nicht wirklich das beschreiben würde, was geschieht. Meist sind fiestas einfach Veranstaltungen sich bekannter Grüppchen, die gemeinsam viel Nahrung vertilgen und sich über allerlei austauschen, den Rahmen und Anlass bildet irgendein Erfolg oder einer der zahllosen und wie ich vermute, inoffiziellen Feiertage.

Sie entbehren den Reiz, auf Unbekannte zu treffen, ebenso die Genussmittel sowie das Ambiente, die zum Gesamtbild europäischer Feiern unerlässlich scheinen. Sie entbehren aber auch die Verpflichtungen, sich ekstatisch zu freuen, wohl zu fühlen und sich in ungesundem Maße ‚auszuleben’, wie es unsere Jugendfeierkultur nahe legt.

Eine Gelegenheit, die eigentlich recht untypisch für hiesige Verhältnisse ist, blieb mir im Gedächtnis haften, eine Vorweihnachtsfeier am 21. Dezember. Es scheint üblich, dass jede größere Comunidad solche ausrichtet, um den ins Bizarre verfremdeten weihnachtlichen Geist über dem Volk auszuschütten.

Die Veranstaltung begann gegen 18 Uhr und wir aßen bei einer der Töchter, während der Lokalsender eine live-Übertragung davon im Fernsehen übertrug. Ich verstand den Sinn dahinter nicht, die eigentliche Aktion fand nämlich nur etwa 150 Meter entfernt statt, doch wir sollten im Laufe des Abends noch einige Male zum Essen zurückkehren und uns schließlich sogar vor dem Feierwerk völlig zurückziehen. Seit Wochen war nichts besonderes mehr geschehen, zumindest nichts, von dem ich Notiz genommen hätte, aber die gereifteren Familienmitglieder legten offenbar keinen all zu großen Wert auf jene gesellschaftlichen Vergnügungen, wie sie hier angeboten wurden.

Tatsächlich schien das Konzept mehr auf Jugendliche ausgelegt zu sein, es wurde Bier ausgeschenkt (in den 5 Monaten meiner Anwesenheit wurde in meiner Familie dreimal Alkohol getrunken, zweimal in der Vorweihnachtszeit nach Festmahlen und einmal erbat sich eine der Töchter ein Gläschen Wein, um vor der am folgenden Tag drohenden Studiumszwischenprüfung schlafen zu können - entsetzt kommentiert von ihren Kindern) und auf einer Bühne moderierte eine Frau im neckischen Nikolaus-outfit die örtlichen Gruppen an, die man bei jeder Veranstaltung sieht: die rhythmische Sportgymnastikgruppe, die offenbar knochenlosen Ballettkinder, Breakdancer und weiteres. Dazu Popmusik und Weihnachtsschmuck.

Um den Salon, an dem dieses Prozedere stattfand, dehnte sich der Stadtzentrumsplatz aus. Hier waren die wörtlichen Highlights angesiedelt; ich weiß zwar nicht, welchen direkten Zusammenhang wild und farbig blinkendes, wirbelndes und fliegendes Spielzeug mit Jesus Geburt zu schaffen hat, aber da die Krippenbeleuchtung hier auch immer in epilepsieinduzierender Rasanz variiert, tippe ich auf kulturelle Eigenart, jedenfalls hatten es sich Unmengen an Verkäufern offenbar zur edlen Aufgabe gemacht, den Menschen das Licht zu bringen, und so entspann sich zur Straße hin ein Meer aus durch die Luft surrenden, nicht eindeutig zuzuordnenden Flugobjekten und zwar auf dem Boden gebliebenen, dafür in noch höherem Tempo farbig aufleuchtenden und irgendwie phallischen anderen...Dingen.

War dies überwunden, konnte man dem Umzug beiwohnen, an dem auch der Rest der Familie seine Freude hatte. Aber während sie mehr die herausgeputzten Kinder bestaunten, die da die Früchte ihrer musikalischen Schulausbildung zum Besten gaben, elektrisierten mich die hypnotischen Trommelschläge und ich fühlte mich stark an hedonistische Abendgestaltung in unseren Breitengraden erinnert, nur völlig skurril in eine costaricanische Gemeinde verlagert und dementsprechend adaptiert. Ich fand es erstaunlich. Ich denke, zu jenem Zeitpunkt war ich recht unzufrieden hier, deshalb hatte dieses Erlebnis eine solche Wirkung auf mich und sich nachhaltig als Erinnerung manifestiert, es war irgendwie schön, nüchtern betrachtet natürlich nur nett, auf jeden Fall aber auch sonderbar und ich wollte es mal berichtet haben.

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Kommentar von: Mama [Besucher]

So, so…


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