Fuerza Publica

von fabian_11  

Wer in Costa Rica keinen Abschluss hat, nur die Grundschule besuchte, aber noch keine geistige Behinderung attestiert bekam, der wird Polizist- oder Plantagenarbeiter, falls er bei ersterem abgelehnt wird. Denn die mit diesem Metier einhergehende Machtposition sowie das Vorrecht, die schneidigen blauen Uniformen inklusive neckischer Cappies zu tragen, bleibt den raffinierteren Schulabbrechern vorbehalten. Schließlich werden sie Repräsentant einer der wichtigsten Größen im hiesigen Staatssystem, deren Einverständnis für alles Mögliche, wie dem Eröffnen einer Schule etwa, benötigt wird.

Im allgemeinen widmen sich die einfach Ausgebildeten aber weniger schillernden, zugleich jedoch ungleich schwierigeren Aufgaben. So müssen einige Beamte an den zahlreichen Kontrollpunkten im Land sicherstellen, dass die Insassen vorbeifahrender Busse ihre dreimonatigen Touristenvisa nicht überzogen haben- ohne feste Vorstellung der Reihenfolge der Monate! Oder sie üben sich in intensiver Drogenfahndung unter Ausschluss jeglicher Leibesvisitation oder Untersuchung des Gepäcks, abgesehen vom besonders verdächtigen Portemonnaie selbstverständlich. Die Tatsache, dass die Fuerza Publica sich dennoch beinahe täglich einer sichergestellten Menge an Kokain von mehreren Kilos rühmen kann, lässt mich ob der zu erwartenden Dunkelziffer erschrecken. Und wann immer ein kleineres Privatflugzeug abstürzt, hat es offenbar Koks geladen. Oder Geld zum Austausch. Oder Waffen. Ach, letzten Monat entwendeten Unbekannte zweihundert Schusswaffen aus dem Besitz der ruhmreichen Fuerza Publica, bisher unauffindbar.

Aber man soll ja nicht von solchen Fehlschlägen ableiten, dass jeder, der oder die, denn auch Frauen finden sich zuweilen im Auftrag des Emblems, das einen Polizisten zeigt, der kameradschaftlich vor grünen Hügelfeldern und untergehenden Sonne seinen Arm auf die Schulter eines Jungen legt, während ein Mädchen danebensteht, also dass alle Polizisten für sämtliche höheren Professionen untauglich seien. Ich persönlich kenne zwei. Die eine ist Teil meiner Umweltgruppe und glänzt größtenteils dadurch, dass sie sich nicht merken kann, dass wir uns immer donnerstags treffen, sodass sie auch schon mal mittwochs zutiefst verwundert auf uns gewartet hat. Es muss herrlich ausgesehen haben, wie ihre langen, falschen, rosafarbenen und mit Schmetterlingsaufklebern verzierten Fingernägel erwartungsvoll auf den Tisch klopften, sie sich mit ihrem ständigen Grundausdruck an Verblüffung umblickte und gelangweilt mit einer blondierten Haarsträhnen spielte.

Der andere arbeitet im Hochsicherheitstrakt, posiert in Freizeiten während der Arbeit mit Sturmmaske und Schwerkalibern im Hof, außerdem bescheinigte er mir, recht erquickende Gespräche mit einer unserer Stuten zu führen, wenn er zu Besuch ist. Immerhin will er nicht sein Leben lang diesen Beruf ausüben.

Aber aus solchen Kreisen bezieht die Fuerza Publica also ihre Rekruten, stattet sie mit Waffen aus und lehrt sie, damit zu töten, verleiht ihnen durch ihre Machtstellung eine nicht marginale Immunität und schickt sie auf die Straße, um Ordnung zu schaffen. Und das bei ziemlich niedrigen Löhnen. Gut, zugegebenermaßen kann man so ein Vielfaches an Personal beschäftigen, und ich persönlich führe ja eine Vielzahl der Erfolge dieses Organs auf die schiere Menge ihrer Mitglieder zurück, die durch die Straßen streifen. Andererseits fördert das natürlich das Ausmaß an Korruption in diesem Berufsstand.

An meinem Geburtstags zog ich beispielsweise nachts durch San José. Das gilt als sehr gefährlich, ich nehme an, weil so viele schießwütige Polizeibeamte unterwegs sind. Sicherheitshalber nahm ich etwas Geld extra mit, um im Zweifelsfall Erpressungsversuche schnell zum beidseitig zufriedenstellendem Ende führen zu können. Mich fiel die ganze Nacht über kein einziger missratener Geselle an.

Noch ein Nachtrag: Polizisten befinden sich hier wirklich in einer schwierigen Situation. Sie arbeiten immer 2 Wochen in einer. Der Staat will an Sozialversicherungen (oder ähnlichen Leistungen) sparen, deshalb arbeiten sie eine Woche lang im 8-Stunden-Rhythmus: 8 Stunden arbeiten, 8 Stunden schlafen, 8 Stunden arbeiten ... sehr ermüdend.

Die 2. Woche, die sie dann jeweils frei haben, verbringt ein Großteil mit Schwarzarbeiten, um das miserable Gehalt aufzubessern. Das muss aber natürlich vorm eigentlichen Arbeitgeber verheimlicht werden, sonst verlieren sie ihren Job.

Ein System, das für Korruption sehr anfällig ist und seinen Zweck oftmals verfehlt.

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