Potenciana

von arved_12  

Bei meinem zweiwöchigen Arbeitseinsatz bei Arbofilia verbrachte ich die letzten Tage in dem kleinen Bergdorf Potenciana. Auch hier kauft Arbofilia Flächen ehemaliger Fincas auf und beginnt die Wiederaufforstung. Hierzu werden dem Klimawandel angepasste Baumarten, unter anderem verschiedenste Eichenarten, gepflanzt. Die Flächen werden von 1-2 lokalen Arbeitern, die gelegentlich von Freiwilligen unterstützt werden, gepflegt und umsorgt. Die spezielle Philosophie des Organisationsleiters Miguel macht die Arbeit stets interessant und einmalig.

Am 11. Oktober haben wir unsere Zelte in der Station von Arbofilia in El Sur abgebrochen um uns mit dem Auto nach Potenciana durchzuschlagen. Auf dem Weg kauften wir die nötigen Nahrungsmittel und spezielle Pflanzbeutel ein. Die Fahrt dauerte ca. 4 Stunden und führte uns immer höher in kühlere Klimalagen. Die Strassen wurden immer steiler und gingen in graubraune Pisten über. Enorme Hanglagen und (ich unterbreche jetzt das Schreiben um das Erdbeben abzuwarten) Steilkurven lassen einen trotz Müdigkeit nicht einschlafen. Miguel hielt oftmals an und unterhielt sich mit ihm bekannten Menschen, Herzlichkeit und Freundschaft sind hier mehr als Worte.

Nach 4 Stunden Fahrt kamen wir am Haus von Don Oskar an. Hier wurden wir begrüsst und bekamen einfache Zimmer zugewiesen. Don Oskar wohnt mit seiner Familie an einem Hang mit einer wunderbaren Aussicht. Seine Familie ist für unsere Verhältnisse geradezu riesig, im Haus waren oftmals mehr als 10 Personen die ich trotz Vorstellung nicht zuordnen konnte. Das Haus selber ist sehr einfach und den Tag über stark verdunkelt. Beton und Holz formen den armen Charakter. Nach dem Einräumen unserer Habseligkeiten in das Haus machten wir einen kleinen Rundgang. Direkt am Haus befindet sich eine kleine Baumschule, wo etwa 200 Kleinstpflanzen im Saatbeet standen. Vor allem die bereits angesprochenen Eichenarten waren vertreten. In der Nachbarschaft befindet sich die aufgekaufte Finca, d.h. die Fläche wo die Wiederaufforstung bereits durchgeführt wurde. Dort sind mehrere Tausend Pflanzen in Serpentinen angepflanzt. Durch die verschiedensten Baumarten sind die Pflanzen zwischen 1-5 Metern gross.

Im Herz dieses Korridors steht eine kleine Station von Arbofilia. Allerdings ist sie erst halbfertig und wirkt noch nicht sehr wohnlich. Der Plan sieht die Fertigstellung auf jeden Fall noch vor. Nach dieser Ballung von Eindrücken ging der erste und impressivste Tag zu Ende. Allerdings hatte ich vor dem Einschlafen noch mit dem verschrobenen Lattenrost zu kämpfen, ich verlor, da es kein Lattenrost gab.

Die restlichen 4 Tage arbeiteten wir im und um den Korridor. Pflanzen und Baume wurden gesammelt und in die mitgebrachten Pflanzbeutel verfrachtet. Durch das Einbringen von Kalk haben wir versucht, den sauren Boden zu neutralisieren - bei der Menge, die hier verwendet wurde, müsste der Boden schon basisch sein. Neben der Arbeit in der Baumschule schnitten wir auch Pflanzen frei. Dazu befreit man im Umkreis von einem Meter des gepflanzten Baumes jeglichen Begleitwuchs mit der Machete. Diese Arbeit war nicht besonders abwechlungsreich, dafür aber umso wichtiger. Im Vergleich zur Mitteleuropaischen Flora wächst der Begleitwuchs hier wesentlich schneller und wirkt somit wesentlich bedrängender. Gearbeitet wird hier durch den mittag bis nachmittaglichen Regen nur bis um 13 Uhr. Die nachmittägliche Zeit musste man sich anders beschäftigen. Die Familie sass meist vor dem Fernseher und verfolgte das stets rauschende Bild.

Langsam merkte ich doch wie gross die Unterschiede sind. Am zweiten Tag sah ich das erste Mal die Küche, sie bestand aus einem offenem Holzfeuerherd und einem Boden aus festgetretener Erde. Das Haus selber war an vielen Stellen schimmlig und wirkte durch den grauen Beton regelrecht erdrückend. Ich realisierte dass die Familie nicht gerade reich war. Und als ich noch so über die Verhältnisse nachdachte, wanderte mein Blick in die Ecke mit den Nahrungsmitteln. Als ich auf dem kleinen Chilero Fläschchen Unilever lass und daneben den Nestle-Kakao war mir klar, dass ich da angekommen bin, wo die Globalisierung ihre Spuren hinterlässt. Eine Familie die organischen Kaffee produziert und zusätzlich noch auf anderen Fincas lohnarbeitet, bekommt fast keinen Erlös, und mit dem restlichen Geld kauft man sich dann die Produkte des Global Players.

Als wir schließlich abreisten war ich doch relativ froh. Das Haus und auch die Familie sind vollkommen anders. Die Einfachheit,Robustheit und Umgangsweise sind vollkommen anders als in Deutschland. Ich fand es interessant, diesen Leute kennen zu lernen .. aber man war einfach nicht auf einer Wellenlänge.

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