Sauberes Trinkwasser?

von manali_12  

Der Sommer neigt sich dem Ende zu, und somit wird sich in Las Vegas in den kommenden Wochen hoffentlich eines wieder erübrigen: Das Wasserschleppen.

Die nahegelegenen Quellen, die das Dorf durch notdürftige Leitungen mit Wasser versorgen, führen bei ausbleibendem Regen nicht genügend Wasser für das ganze Dorf. Das hat mehrere Ursachen. Zum einen wurden die Wasserleitungen bereits vor etlichen Jahren, scheinbar mit der Unterstützung des UNDP (United Nations Development Programme), konstruiert und das Dorf ist in der Zwischenzeit erheblich gewachsen, wird, wenn man die Kinderscharen betrachtet, die zwischen den Häusern hin- und herlaufen, in Zukunft sogar noch größer werden. Zum anderen ist das Wasser für die Dorfbewohner vollkommen kostenlos verfügbar, und wird von ihnen als eine unerschöpfliche Ressource betrachtet, und, wenn vorhanden, auch gerne verschwendet.

Morgens vor dem Kaffee- und Frühstück-Kochen werden also die Wasserleitungen aufgedreht, um zu sehen, ob es Wasser gibt. Fließt keines, bleibt der Hahn meist geöffnet, damit man merkt, wann es ankommt. Später versickert es dann manchmal minutenlang ungenutzt im Boden, fehlt aber anderswo, wo es durch fehlenden Druck in den Leitungen nicht hingelangt.

Ohne Wasser kein Kaffee, kein Frühstück. Die größeren Kinder werden also morgens vor dem Frühstück, vor dem Schulbesuch mit leeren Ölkanistern losgeschickt, um Wasser am Fluss zu holen, hier kommt welches aus einer Quelle an. Vom Haus meiner Gastfamilie sind das etwa fünf Minuten Fußmarsch, am Haus des Großvaters, an dem der Tante vorbei, ich gehe mit den Kindern mit, du trägst die großen Kanister, bitten sie mich, sie sind nicht allzu schwer, vielleicht drei Liter trage ich in jeder Hand, aber ich verstehe nun besser, warum hier auch die Schulkinder schon so muskulös und durchtrainiert sind, wie sie sind.

Zumal sie anschließend oft beim Kochen helfen, bevor sie zur Schule gehen, oder, wenn die Schule wie so häufig ausfällt, Wäsche im gleichen Fluss waschen, in dem die kleineren Geschwister nebenan baden und spielen. Seife, Waschpulver und das hier so beliebte Chlor fließen den Fluss ebenso hinab wie die leeren Verpackungen, die sich später irgendwo flussabwärts verfangen.

Endlich ist es uns in diesem Sommer gelungen, einen Besuch eines Ingenieurs des AyA, des staatlichen Wasserversorgers, zu organisieren, um die Planungsphase für ein neues Aquädukt für das Dorf voranzubringen. Nach wochenlangen Versuchen, verschiedene Leute der Institution zu erreichen, wurde die Mitte April relativ zügig ein Techniker geschickt, der die Wassermenge einer der Quellen maß, die eine meiner Vorgängerfreiwilligen gemeinsam mit den Dorfbewohnern dokumentiert und ausgewählt hatte. Innerhalb eines Vormittags war die Messung erledigt, das aufwändigste war der Fußmarsch zur Quelle und zurück. 2,5 Liter Wasser pro Sekunde fließen hier im trockenen Sommer, das sei genug um 150 Häuser zu versorgen, sagte der Techniker vom AyA. Bisher stehen etwa 40 Häuser in Las Vegas, so dass die Quelle auch bei einem sehr starken Bevölkerungswachstum in den nächsten Jahren genug Potential hätte, um alle zu versorgen.

Allerdings ist noch nicht geklärt, ob die Wasserqualität hoch genug ist, um die Quelle hier zu bauen. Der nächste Schritt wird es daher sein, eine Wasserprobe verschiedenen Laboruntersuchungen zu unterziehen, bevor dann die technische Planung des Aquädukts beginnen kann – wo wird das Wasserauffangbecken stehen, reicht die natürliche Steigung zwischen Dorf und Quelle aus, um das Wasser ins Dorf zu tragen, wo werden die Leitungen verlegt, und wer wird all diese Kosten übernehmen? Bei Laboruntersuchungen und technischer Planung kann das AyA helfen, schwierig wird es aber sein, die Finanzierung für das Projekt zu stemmen. Schwierig ist auch, dass die Menschen im Dorf manchmal nur misstrauisch mit der Institution zusammenarbeiten. Sie mögen es nicht, wenn jemand von außen in ihr Territorium eindringt, um ihnen Vorschriften zu machen, scheint es, und es scheint ihnen nicht zu gefallen, dass immer wieder darauf verwiesen wird, dass sie das Wasser kostenpflichtig an die Dorfmitglieder abgeben sollen – einerseits, um die oben erwähnte Verschwendung durch aufgedrehte Hähne zu vermeiden und so erst das Funktionieren der Wasserversorgung zu garantieren, andererseits auch, weil eine gewisse Menge finanzieller Mittel für Instandhaltungsmaßnahmen notwendig sind. Es scheint, als sei es für die Menschen in Las Vegas unvorstellbar, für Wasser zu bezahlen, dass schließlich überall ganz kostenfrei entspringt, es scheint noch unvorstellbarer, davon im eigenen Dorf Geld einzusammeln, wo ebendieses aufgrund der mangelnden Lohnarbeit ständig fehlt, und trotzdem machen die Argumente des Ingenieurs für mich Sinn. Auch ein neues Aquädukt wird schnell verfallen, wenn man die Instandhaltungskosten nicht von vornherein in die Planung mit einkalkuliert.

Ich bin gespannt, wie weit ich das Projekt gemeinsam mit den Menschen im Dorf in der mir hier verbleibenden Zeit voranbringen kann, und hoffe, dass irgendwann sauberes Trinkwasser für alle im Dorf verfügbar und für die Instandhaltungskosten der Leitungen gesorgt ist. (Das ungeklärt im Boden versickernde Abwasser ist ein anderes Problem, das in Costa Rica allgegenwärtig ist.)

Mehr zum Thema: Keine Selbstverständlichkeit: Sauberes Wasser

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